Sie erscheint bedrohlich. Sie ist gefühlt zu groß. Und sie betrifft fast jeden: die Rentenlücke – also der Unterschied zwischen dem Einkommen im Alter und dem Gehalt kurz vor der Rente. aktiv hat mit einer Expertin über das wichtige Thema gesprochen.
Zunächst muss man wissen: Nicht jede Rentenlücke ist wirklich problematisch. „Im Rentenalter braucht man normalerweise weniger Geld als vorher“, sagt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Klar, die Kinder sind dann aus dem Haus, der teure Weg zur Arbeit fällt weg, die Immobilie ist oft abbezahlt – und das Extra-Sparen für die Altersvorsorge ist dann natürlich auch vorbei.
Faustregel für die Altersversorgung: 80 Prozent des letzten Nettogehalts reichen aus
Daher kalkulieren Fachleute für eine ausreichende Altersversorgung normalerweise mit 80 Prozent des letzten Nettogehalts. Achtung: „Bei Geringverdienern reicht das oft nicht – bei Gutverdienern kann es zu viel sein“, sagt Braubach. Man muss also individuell abschätzen, wie viel Geld man im Alter wirklich benötigen wird. Und genau das ist der Haken an der Sache – gerade für jüngere Versicherte.
Schließlich weiß niemand, wie sich das Einkommen und die Preise entwickeln werden und wie viel Geld man in 35 oder 40 Jahren wirklich braucht. „Eine sichere Kalkulation des Bedarfs ist in jungen Jahren gar nicht möglich“, so Braubach.
Die Werte in der offiziellen Renteninformation sind anfangs deutlich zu niedrig
Auf der Einnahmenseite sieht die Sache kaum anders aus. Die Rentenversicherung verschickt zwar regelmäßig die offizielle Renteninformation. Dabei wird allerdings unterstellt, dass sich das Gehalt bis zur Rente nicht mehr verändert. Also fallen die Werte der Rente bei Berufseinsteigern erst mal viel zu niedrig aus! „Je älter die oder der Versicherte wird, desto aussagekräftiger sind die Vorhersagen“, erklärt die Rentenexpertin.
„Wer gar nicht privat vorsorgt, muss im Alter mit Einschränkungen rechnen.“
Katja Braubach, Deutsche Rentenversicherung Bund
Ab wann die Rentenprognose dann halbwegs zutreffend ist, hängt aber auch davon ab, wie gefestigt die persönliche Lebenssituation schon ist. „Je mehr sich beruflich und privat noch verändert, desto unsicherer ist naturgemäß die Prognose der Rente.“
Online-Rechner gaukeln bei der Rentenlücke oft eine Präzision vor, die es gar nicht geben kann
Ähnliches gilt für die private Vorsorge: Niemand weiß heute schon, wie viel im Lauf des Berufslebens tatsächlich fürs Alter gespart werden kann. Und selbst die solideste Finanzplanung kann ja durch Krankheit, Scheidung, Arbeitslosigkeit oder andere Schicksalsschläge ins Wanken geraten. Also bloß keine Panik, wenn etwa Finanzberater oder Internet-Rechner gigantische Rentenlücken ermitteln, die kein Normalverdiener jemals ausgleichen könnte. „Man sollte sich davon nicht verrückt machen lassen: Solche Berechnungen gaukeln eine Präzision vor, die überhaupt nicht vorhanden ist“, sagt Braubach.
Letztlich kann man ohnehin nicht mehr tun, als konsequent und regelmäßig so viel wie möglich fürs Alter zurückzulegen – in guten Zeiten gerne mehr, in schlechten Zeiten eben mal weniger. Ohne zusätzliche Vorsorge geht es jedenfalls nicht: „Wer überhaupt nicht privat vorsorgt, muss im Alter mit Einschränkungen rechnen.“
Bei der zusätzlichen Vorsorge gilt: Je früher, desto besser – aber auch mit 50 Jahren lässt sich noch etwas tun!
Ungefähr mit Anfang 50 ist dann bei den allermeisten realistisch abzuschätzen, mit wie viel Geld sie im Alter ungefähr rechnen können: Wie wird sich das Gehalt entwickeln? Was bringt die Betriebsrente? Der Riester-Vertrag? Wie viel liegt auf dem Konto? Was ist die Immobilie wert? Ist mit einer Erbschaft zu rechnen – meistens ja ohne Abzug von Erbschaftsteuer? „Oft zeigt sich, dass im Lauf der Jahre doch einiges zusammengekommen ist und die finanzielle Situation im Alter gar nicht so schlecht ist wie befürchtet“, so Braubach.
Weil man in den letzten Abschnitten des Berufslebens oft relativ gut verdient, kann man auch mit Anfang 50 noch einiges tun, um die Rente aufzubessern. Wer dann beispielsweise 15 Jahre lang konsequent 200 Euro pro Monat zurücklegt, hat beim Renteneintritt – noch ganz ohne Zinsen gerechnet – 36.000 Euro extra auf der hohen Kante, bei einer Sparrate von 500 Euro pro Monat sogar 90.000 Euro.
Das bedeutet nun aber gerade nicht, dass man in jungen Jahren überhaupt nichts tun sollte!
„Je früher man mit der privaten Altersvorsorge beginnt, desto besser“, betont Braubach. Auch kleine Beträge summieren sich nämlich im Lauf der Jahre. Und wer beschwert sich schon, wenn bei Rentenbeginn deutlich mehr Geld zur Verfügung steht, als man in jungen Jahren jemals erwartet hätte?
Rentenversicherung bietet kostenlose Intensiv-Beratung an
„Drei Viertel der 17- bis 27-Jährigen treibt die Sorge um, im Alter nur eine niedrige Rente zu bekommen“ – das stellt die Jugendstudie des Versorgungswerks MetallRente fest. (Lesen Sie auf aktiv-online mehr über die Rentensorge der Jugendlichen.) Den meisten jungen Erwachsenen ist also längst klar, dass sie zusätzlich fürs Alter vorsorgen müssen. Auch ältere Erwachsene haben das meistens verstanden, viele handeln ja auch längst entsprechend. Was aber kaum einer weiß: Man kann kostenlos abklären, ob man da auf dem richtigen Weg ist! Die Deutsche Rentenversicherung bietet ein „Intensivgespräch zur Altersvorsorge“ an. Es dauert etwa eine Stunde, in der die persönliche Vorsorgesituation detailliert analysiert wird.
In so einem Gespräch informieren speziell geschulte Beraterinnen und Berater über die gesetzliche Rente und die private oder betriebliche Altersvorsorge, sie erklären anbieter- und produktneutral die unterschiedlichen Vorsorgeformen. Solche Gespräche werden nur in den größeren Beratungsstellen angeboten, eine Terminvereinbarung per Telefon unter 0800-10004800 ist daher nötig. Zur Vorbereitung bietet die Rentenversicherung einen Flyer mit einem Fragebogen an, den man ausgefüllt zu dem Intensivgespräch mitbringen sollte. Zum Einlesen empfiehlt sich außerdem auf aktiv-online.de der Ratgeber zur Rentenlücke.
Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.
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