Berlin/Köln. Unterstützung für Kurzarbeiter, Familien, Großunternehmen, Handel und Gastronomie, für die Anschaffung von Masken, Tests und Impfstoffen: „Am Geld wird nichts scheitern“, hatte Finanzminister Olaf Scholz versprochen. Die Staatsausgaben sind im Kampf gegen Corona entsprechend in die Höhe geschossen. Auf den Rekord von 548 Milliarden Euro ist der Bundeshaushalt 2021 angewachsen, die Neuverschuldung auf 240 Milliarden. Das sind jeweils 60 Milliarden mehr als ursprünglich geplant, rund 750 Euro mehr je Bundesbürger.
Allein durch einen Aufschwung nach Corona und entsprechend steigende Einnahmen, denkt Scholz, ist diese Mehrbelastung nicht auszugleichen. Zumal auch sein Rahmenplan für die kommende Legislaturperiode nach der Bundestagswahl deutlich höhere Ausgaben vorsieht als in den Jahren vor der Pandemie.
Symbolpolitik, die womöglich Firmen vertreibt
Richten sollen es für Scholz die Steuerzahler. Konkret: die Bezieher höherer Einkommen und zum Beispiel Unternehmenserben. Auch die Einführung einer allgemeinen Vermögensteuer ist Teil seines Plans.
Doch das alles helfe nicht wirklich weiter, sagt Tobias Hentze: „Die geplanten Anhebungen bei der Einkommensteuer würden gerade mal 4 bis 5 Milliarden Euro im Jahr bringen“, stellt der Finanzexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln fest. „Das ist also eine Symbolpolitik und sogar kontraproduktiv, weil damit Investitionen verhindert werden.“
Hintergrund: 90 Prozent der Unternehmen sind sogenannte Personengesellschaften, auch sie unterliegen der Einkommensteuer. Käme es wirklich zu einer Vermögensteuer, warnt Hentze, dürfte die Verlegung von Firmen eine bittere Konsequenz sein.
Denn: „Für ein Unternehmen würde sich eine Vermögensteuer in Höhe von 1 Prozent auswirken wie eine zusätzliche Besteuerung des Gewinns mit 10 Prozent. Da käme dann auf die ohnehin hohe Steuerbelastung noch mal was drauf“, sagt Hentze, „dabei sind wir schon ein Hochsteuerland, mit einer durchschnittlichen Belastung von mehr als 30 Prozent für Kapitalgesellschaften.“ Und das ist ein gravierender Standortnachteil, etwa gegenüber den USA, Großbritannien oder Frankreich.
Der Experte favorisiert stattdessen einen anderen Ausweg aus der zu hohen Staatsverschuldung: „Wie nach der Finanzkrise 2008/2009 kann Deutschland aus den Schulden herauswachsen!“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Wenn nämlich der Prozentsatz des Wirtschaftswachstums höher ist als das Defizit des Staatshaushalts, sinkt die Schuldenquote.
Um sich erst mal Zeit zu verschaffen, könnte die Bundesregierung die nationale Schuldenbremse etwas lockern. Der europäische Fiskalpakt, der ja im Prinzip die Neuverschuldung eindämmen soll, würde das durchaus erlauben. Und in Zeiten historisch niedriger Zinsen seien die Kosten dafür gut verkraftbar.
Zusätzlichen Spielraum könnte der Staat sich verschaffen, indem er den Zeitraum für die Tilgung der Corona-Schulden auf 40 Jahre verdoppelt.
Und: Statt die Steuern zu erhöhen, sollte der Bund Wachstum schaffen. „Um Deutschland fit für die Zukunft zu machen, sollte der Staat innerhalb von zehn Jahren zusätzlich 450 Milliarden Euro in unsere Infrastruktur investieren“, sagt Hentze.
Investitionen sind der Schlüssel zu mehr Wachstum, zum Beispiel in die Digitalisierung – und wichtig nicht zuletzt, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
Jetzt kommt der Kinderbonus 2021 – aber nicht für alle
Mit immens viel Steuergeld stemmt sich Deutschland gegen die Folgen der Pandemie. Zu den zahlreichen einzelnen Maßnahmen gehört ein erneuter Kinderbonus: 150 Euro pro Kind werden im Mai zusammen mit dem Kindergeld ausgezahlt, das läuft automatisch. Den Bonus gibt es auch für alle die Kinder, die im Lauf des Jahres erst noch geboren werden. Mit dieser Sonderzahlung greift der Sozialstaat aber ganz bewusst nicht allen Familien unter die Arme – sondern nur denen, die es besonders nötig haben. So wird erstens der Bonus (anders als das Kindergeld selbst) nicht auf Sozialleistungen wie Hartz IV angerechnet. Und zweitens bringt der Zuschlag Besserverdienern am Ende oft nichts: Für sie spielt das Kindergeld – ob mit oder ohne Bonus – keine Rolle, da sich die steuerliche Entlastung durch den Kinderfreibetrag stärker auswirkt.
Nach einer Berechnung des Steuerzahlerbunds profitiert eine Familie mit zwei Kindern ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von etwa 90.000 Euro nicht vom Kinderbonus. Kindern aus hilfebedürftigen Familien wird inzwischen auch beim Kauf „digitaler Endgeräte zur Teilnahme am Distanzunterricht“ geholfen, wie das Sozialministerium erklärt: Das Jobcenter kann dafür einen Zuschuss von bis zu 350 Euro gewähren.
Thomas Goldau schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Politikthemen. Nach dem Politikstudium an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und einem Zeitungsvolontariat beim „Offenburger Tageblatt“ hat er bei Tageszeitungen und einem Wirtschaftsmagazin über den Politikbetrieb in Bonn, Berlin und Brüssel berichtet. Privat zieht es den Familienvater regelmäßig mit dem Wohnmobil in die Ferne.
Alle Beiträge des Autors