Köln. Wegen Corona muss in den Betrieben vieles neu geplant und umorganisiert werden. Und es stellen sich viele neue Fragen, insbesondere nach den Regeln, die nun in der Firma gelten. aktiv gibt Antworten – nicht zuletzt auch auf ganz konkrete Fragen aus der Leserschaft.
Naturgemäß kann es da bei einigen Punkten juristisch noch keine letzte Klarheit geben, dafür verändert sich die Corona-Lage zu oft und zu schnell. Aber die folgenden Experten für Arbeitsrecht können doch wichtige und hilfreiche Hinweise geben. Sie erklären, was für Beschäftigte etwa in Sachen Coronatests, Homeoffice, Maskenpflicht und Corona-Warn-App gilt:
- Kristina Harrer-Kouliev, Arbeitsrechtsexpertin bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
- Nathalie Oberthür, RPO Rechtsanwälte Köln
- Philipp Merkel, Leiter Referat Arbeitsrecht bei Südwestmetall
- Dr. Uwe Schlegel, ETL Rechtsanwälte Köln
- Christian Solmecke, WBS Rechtsanwälte Köln
Da sich die Situation rund um das Virus ständig verändert, aktualisieren wir diesen Text in regelmäßigen Abständen.
Test-Pflicht für Arbeitgeber. Was heißt das?
Harrer-Kouliev: Nach der Dritten Verordnung zur Änderung der Arbeitsschutzverordnung müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten mindestens zweimal pro Woche ein Testangebot unterbreiten. Den Arbeitgebern steht es frei, ob sie Testmöglichkeiten vor Ort im Unternehmen organisieren oder den Mitarbeitern Selbsttests für zu Hause zur Verfügung stellen.
Muss der Beschäftigte sich testen lassen?
Harrer-Kouliev: Ob Beschäftigte von diesem Angebot Gebrauch machen, bleibt diesen überlassen. Besteht für die Beschäftigten keine Pflicht, das Testangebot anzunehmen, kann der Arbeitgeber keine Maßnahmen, wie zum Beispiel Zutrittsverweigerung zum Betrieb oder Freistellung, ergreifen. Etwas anders ist es aber, wenn der Arbeitgeber (im Einzelfall) zulässig die Vornahme von Tests anordnet oder wenn eine Landesverordnung die Regelungen zur Testung verschärft und eine Testangebots-Annahmepflicht vorschreibt (wie etwa in Bremen).
Kann es Konsequenzen für den Mitarbeiter geben, wenn ein verpflichtender Test nicht angenommen wird?
Harrer-Kouliev: Hat der Arbeitgeber rechtmäßig verpflichtende Tests angeordnet, kann er Arbeitnehmern, die den Test verweigern, den Zugang zum Betrieb verwehren. Denn ohne ein negatives Testergebnis bietet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. Vorrangig ist zunächst zu prüfen, ob Versetzungsmöglichkeiten bestehen. Ist das nicht der Fall, muss der Arbeitgeber das nicht ordnungsgemäße Angebot nicht annehmen und er gerät nicht in Annahmeverzug. Die Vergütungspflicht entfällt.
Corona-Schutzimpfung im Betrieb: Das sind die Regeln
- Ehrliche Auskunft. Der Betrieb muss für die Gesundheit aller Mitarbeiter sorgen: Die Frage nach dem persönlichen Corona-Impfstatus sollte darum wahrheitsgemäß beantwortet werden.
- Keine Impfpflicht. Jeder Mitarbeiter entscheidet selber, ob er sich gegen Corona impfen lässt. Ein Betrieb kann dies nur im Einzelfall verlangen.
- Mögliche Konsequenzen. Für nicht geimpfte Beschäftigte kann aus arbeitsrechtlicher Sicht im Einzelfall durchaus der Zugang etwa zur Kantine beschränkt werden.
Schnelltests und Selbsttests: Wann sollte ich mich im Betrieb testen lassen?
Der Chef stellt keine Corona-Tests zur Verfügung. An wen kann man sich dann wenden?
Harrer-Kouliev: Wenn der Arbeitgeber keine Tests zur Verfügung stellt, sollte man zuerst das Gespräch suchen und sich an eine geeignete Stelle im Betrieb, wie z. B. die Personalabteilung oder den Betriebsrat wenden. In den meisten Fällen kann eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Denn auch den Arbeitgebern ist daran gelegen, dass sich die Beschäftigten testen lassen.
Kann der Chef einen Corona-Test anordnen?
Harrer-Kouliev: Ja, wenn es die betriebliche Situation erfordert. Gab es etwa schon viele Infektionen im Unternehmen, dann kann der Test angeordnet werden. Ebenso, wenn sich ein Mitarbeiter unvorsichtig verhält oder sogar Symptome zeigt. Mit einer entsprechenden Betriebsvereinbarung kann eine Testung verpflichtend angeordnet werden. Wenn der Arbeitgeber einen Corona-Test anbietet, sollten Beschäftigte dankbar annehmen! So kann man zumindest für den Augenblick im Kollegenkreis einen besseren Schutz vor dem potenziell tödlichen Virus ermöglichen. Und jedes Unternehmen hat die Verantwortung, für alle Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz bereitzustellen.
Wer darf denn dann die Tests im Betrieb durchführen?
Harrer-Kouliev: Das kommt ganz auf den Test an. PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests sollten nur von geschultem Personal durchgeführt werden. Bei Schnelltests sind das beispielsweise betriebliche Ersthelfer, die eine entsprechende Schulung gemacht haben. Mit den neuen Selbsttests aus Drogerien oder Apotheken kann sich jeder Mitarbeiter selbst auf das Virus testen. Vorsicht: Ein positives Schnelltestergebnis sollte mit einem Labor-PCR-Test überprüft werden.
Zählt die Zeit, die der Test in Anspruch nimmt, immer zur Arbeitszeit? Bekomme ich das also vergütet?
Harrer-Kouliev: Wenn der Test vom Arbeitgeber zulässigerweise angeordnet worden und der Mitarbeiter damit zum Test verpflichtet ist, dann zählt das ganze Prozedere zur Arbeitszeit und wird entsprechend auch vergütet. Der Betrieb trägt dann auch die Materialkosten. Bei einem freiwilligen Test dagegen ist die Durchführung und das Warten aufs Ergebnis nicht als Arbeitszeit zu werten. In der Corona-Pandemie wäre es auf jeden Fall klug, wenn sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer solidarisch und loyal verhalten.
Ich möchte mich aber nicht Testen lassen. Habe ich davon im Betrieb dann Nachteile?
Harrer-Kouliev: Ja, unter bestimmten Umständen. In der Regel ist ein Corona-Test im Betrieb für den Arbeitnehmer eine freiwillige Leistung. Doch gerade in Gesundheitsberufen, bei denen mit vulnerablen Personen gearbeitet wird, kann der Test natürlich Pflicht sein. Wer da den Test vor Dienstbeginn nicht durchführen möchte, muss im Zweifel wieder nach Hause gehen.
Mein Betrieb verlangt von allen Arbeitnehmern, dass sie einen Corona-Test machen. Darf der Arbeitgeber das verlangen?
Merkel: Ein Corona-Test ist in Fällen ohne zwingenden Grund – beispielsweise einer Infektion von Kollegen et cetera – eine freiwillige Leistung. Das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter ist hier sehr hoch einzuschätzen. Aber jeder Beschäftigte sollte im Hinblick auf Infektionsschutz und Solidarität mit seinen Mitmenschen für sich entscheiden, ob er der Bitte des Arbeitgebers nachkommt.
Mein Arbeitgeber möchte, dass ich mich in regelmäßigen Abständen auf Corona testen lassen. Kann ich das verweigern?
Harrer-Kouliev: Eine Testpflicht ist unter bestimmten Umständen im Einzelfall möglich, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Insbesondere ist relevant, ob es sich um eine besonders anfällige Tätigkeit handelt – ob es sich beispielsweise um Beschäftigte handelt, die mit gefährdeten Personengruppen zu tun haben. In den meisten Fällen setzen die Arbeitgeber aber auf Freiwilligkeit. Gerade für Mitarbeiter, die mit gefährdeten Personengruppen arbeiten, ist die Bereitschaft zum Test nicht nur ein Zeichen von Pflichtgefühl und Arbeitsbereitschaft, sondern vor allem Ausdruck von Rücksichtnahme auf ihre Mitmenschen.
Zwei meiner Arbeitskollegen waren innerhalb von zwei Wochen zweimal für jeweils vier Tage in Wien auf Montage. Können diese Mitarbeiter grundsätzlich ohne Test an ihren Arbeitsplatz in der Firma zurückkehren und weiterarbeiten?
Harrer-Kouliev: Bezüglich der Rückreisenden kommt es auf die jeweiligen Regelungen in den Landesverordnungen an. In der Muster-Verordnung des Bundes, die in den meisten Ländern umgesetzt wurde, ist eine Ausnahme von der Quarantäne für beruflich veranlasste, zwingend notwendige Tätigkeiten vorgesehen. Grundsätzlich ist der Test mit den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers abzuwägen. Bei einem erhöhten Risiko ist eine Anordnung aber möglich. Regeln zu möglichen Tests können zudem auch in einer Betriebsvereinbarung festgehalten werden.
Ich arbeite in einem Pflegeheim, in dem mehrere Bewohner und Mitarbeiter positiv getestet wurden. Mein Test fiel negativ aus. Der Chef meines Mannes möchte nun aber nicht, dass er arbeiten kommt. Mein Mann wird nun auf Kurzarbeit eingetragen, obwohl er laut Dienstplan normale Schichten hätte. Darf der Chef das?
Harrer-Kouliev: Werden Beschäftigte negativ auf das Corona-Virus getestet, gibt es keine Veranlassung, dass Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit ihnen leben, Maßnahmen ergreifen oder dulden müssen. Eine Quarantäneverpflichtung besteht nur für direkte Kontaktpersonen. Nach der Definition des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist dafür ein enger Kontakt (weniger als 1,5 Meter Abstand und mehr als 15 Minuten Kontakt) erforderlich. Eine Freistellung des Ehepartners einer negativ getesteten Person kommt daher nicht in Betracht.
Wenn man positiv auf Corona getestet worden ist und daher Quarantäne verordnet wurde – ist man dann verpflichtet, von zu Hause zu arbeiten, falls die Voraussetzung für mobiles Arbeiten gegeben sind? Oder gilt die Quarantäne bei positivem Testergebnis automatisch als Krankschreibung?
Harrer-Kouliev: Nein, ein positives Testergebnis alleine ist nicht automatisch zugleich eine Krankschreibung. Arbeitsunfähigkeit setzt voraus, dass ein Arbeitnehmer wegen Krankheit seine Aufgaben nicht mehr oder nur unter der Gefahr einer Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei einem positiven Testergebnis liegt nicht immer auch eine Erkrankung vor, eine Corona-Infektion kann symptomlos ablaufen. Der Arbeitnehmer ist dann in Quarantäne, jedoch nicht arbeitsunfähig erkrankt. Logische Folge: Die Firma kann die Erbringung der Arbeitsleistung aus dem Homeoffice anordnen, soweit dies denn betrieblich möglich ist.
Corona-Regeln im Betrieb: Infektionsschutz, Quarantäne und Homeoffice
Bei uns im Betrieb gibt es einen Corona-Fall. Muss ich jetzt noch dorthin gehen?
Oberthür: Ja, allein die Angst vor einer Ansteckung reicht nicht aus, um einfach zu Hause zu bleiben. Das gilt auch für die Sorge, sich etwa im Zug auf dem Weg zur Arbeit anzustecken. Die Entscheidung, ob oder wann ein Mitarbeiter nicht mehr in die Firma kommen muss, trifft der Arbeitgeber. Bleibt jemand einfach so von der Arbeit fern, verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Ihm droht eine Abmahnung und im schlimmsten Fall riskiert er sogar eine Kündigung.
Ich arbeite in der Produktion mit anderen Kollegen zusammen. Abstand halten ist hier nicht immer möglich. Muss ich jetzt die ganze Zeit eine Maske tragen?
Harrer-Kouliev: Der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, erforderliche Maßnahmen für die Gesundheit und Sicherheit seiner Mitarbeiter zu treffen. Dazu gehört in der Corona-Pandemie etwa regelmäßiges desinfizieren und eben auch eine Maskenpflicht, wenn man beispielsweise nicht genügend Abstand einhalten kann.
Ich trage auf der Arbeit eine FFP2-Maske. Muss ich die Maskenpausenzeit an meine Arbeitsstunden dranhängen? Also länger arbeiten?
Harrer-Kouliev: Die Frage, ob die Maskenpausenzeiten als bezahlte Arbeitspausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zu werten sind, ist noch offen. Es bietet sich daher eventuell an, für die Maskenpausenzeit Arbeiten zu verrichten, für die das Tragen der FFP2-Maske nicht erforderlich ist. Grundsätzlich sollte aber mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.
Info: Wie FFP2-Masken sicher mehrmals verwendet werden können, erklärt ein Flyer der FH Münster. Diesen kann man direkt auf folgender Seite herunterladen: fh-muenster.de
Mein Kollege trägt aber seine Maske manchmal nicht … An wen kann ich mich wenden?
Harrer-Kouliev: Besteht eine Maskenpflicht im Betrieb, muss dieser Anweisung grundsätzlich Folge geleistet werden. Hält sich ein Kollege nicht an diese oder andere Hygiene-Vorgaben, sollte man sich an den Vorgesetzten wenden, der dann entsprechende Maßnahmen ergreift. Man kann sich aber auch an die Personalabteilung oder eine andere vertrauenswürdige Stelle im Betrieb wenden.
Ich würde derzeit lieber zu Hause arbeiten als am Schreibtisch im Büro. Kann ich das einfordern?
Oberthür: Nein, denn die Entscheidung darüber trifft grundsätzlich der Arbeitgeber. Einen Anspruch auf Homeoffice hat man also nicht. Auf der anderen Seite hat der Arbeitgeber gegenüber seinen Beschäftigten Fürsorgepflichten, muss Gesundheitsgefahren also möglichst vermeiden. Im Extremfall kann dies dazu führen, auch den ganzen Standort zeitweise zu schließen und die Arbeitnehmer nach Hause zu schicken.
Der Chef möchte, dass ich ab sofort im Homeoffice arbeite. Kann er das einfach so anordnen?
Oberthür: Nein. In den meisten Arbeitsverträgen ist ja eine konkrete Betriebsstätte definiert. Dort muss die Arbeitsleistung erbracht werden. Zudem ist der Arbeitgeber für die notwendige technische Ausstattung der Beschäftigten zuständig. Aber in der Corona-Krise sollte man natürlich eine möglichst einvernehmliche Lösung finden – wer problemlos im Homeoffice arbeiten kann, sollte sich dem nicht verweigern.
Unser Büro ist nicht groß genug für alle Kollegen. Darf der Arbeitgeber jetzt einigen Mitarbeitern Minusstunden aufdrücken oder muss er dafür sorgen, dass genügend Einzelbüros zu Verfügung gestellt werden?
Harrer-Kouliev: Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber im Rahmen einer Verhältnismäßigkeit prüfen sollte, ob ein anderer Arbeitsplatz für betroffene Mitarbeiter zur Verfügung steht. Ist das nicht der Fall, kann die Anwesenheit im Büro aber auch durch Minusstunden für einige Arbeitnehmer geregelt werden.
Der Betrieb meines Arbeitgebers ist infolge des Lockdowns geschlossen, bekomme ich als Minijobber trotzdem weiter mein Gehalt?
Merkel: Sollte der Arbeitgeber wegen des Lockdowns im Betrieb Kurzarbeit eingeführt haben, ist zu beachten, dass Minijobber mangels Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Und ob ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht, obwohl keine Arbeitsleistung erfolgt, ist für die Umstände einer pandemiebedingten Betriebsschließung derzeit höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Darf mein Arbeitgeber verlangen, dass ich während des Lockdowns regelmäßig in einem geschlossenen Ladengeschäft (nicht systemrelevant) arbeite? Zum Beispiel, um die dort vorhandene Ware zu verpacken und zu versenden?
Harrer-Kouliev: Ein Arbeitnehmer kann seine Arbeit auch während der Corona-Pandemie nicht einseitig niederlegen. Ein Zurückbehaltungsrecht seiner Arbeitsleistung kann sich allenfalls in Einzelfällen ergeben, wenn der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht in ausreichendem Maß nachkommt. Bei erkennbaren Risiken – wie dem Corona-Virus – ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, mögliche Ansteckungen durch Aufklärungs- und Vorsichtsmaßnahmen zu verhindern. Bestehen solche Maßnahmen, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Tätigkeiten zum Beispiel im geschlossenen Ladengeschäft zuweisen.
Eine Niederlassung des Unternehmens, für das ich arbeite, liegt in einem Risikogebiet in Deutschland. Dort arbeite ich aber normalerweise nicht. Kann mein Chef mich jetzt trotzdem für ein paar Tage in diese Niederlassung schicken?
Oberthür: Grundsätzlich muss ein Arbeitnehmer auch in einem Risikogebiet arbeiten, wenn der Arbeitgeber dies anordnet. Das heißt: Der Angestellte ist in der Regel an die Weisung des Arbeitgebers gebunden und kann sich seine Arbeits- oder Betriebsstätte nicht nach eigenem Ermessen aussuchen. Der Arbeitgeber muss aber in angemessener Weise die Interessen der Beschäftigten berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei etwaigen Gesundheitsrisiken. Hier sollten Betriebsinteressen und der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter immer sorgfältig miteinander abgewogen werden.
Kann mein Chef mir verbieten, dass ich meine Mittagspause zusammen mit den Kollegen verbringe?
Harrer-Kouliev: In der Regel kann der Arbeitgeber gemeinsame Mittagspausen unter Kollegen nicht verbieten. In der Pause müssen aber die bestehenden Hygieneregeln im Betrieb eingehalten werden. Wenn von Mitarbeitern gegen bestehende Regelungen nachweislich verstoßen wird, kann zu guter Letzt auch das Verbot von gemeinsamen Pausen in Betracht kommen.
Darf ich eine interne Firmenfeier mit 13 Personen machen? Es handelt sich hierbei um Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich täglich zusammenarbeite.
Oberthür: Nach der zum Zeitpunkt der Frage geltenden Schutzverordnung, in der ein generelles Verbot von Veranstaltungen mit Unterhaltungscharakter und Zusammenkünften geregelt wurde, sind auch interne Firmenfeiern nicht gestattet.
Kann mein Arbeitgeber mich drängen, weniger Stunden zu arbeiten, weil Kunden und Aufträge ausbleiben?
Oberthür: Nein. Man hat Anspruch auf die vertraglich festgelegte Wochenarbeitszeit. Das Unternehmen muss also entweder von den Kurzarbeitsregeln Gebrauch machen – oder mit den Beschäftigten individuelle Vereinbarungen treffen.
Wir haben einige angesteckte Kollegen mit dem Corona-Virus, unsere Firma macht erst mal dicht. Gilt das als Betriebsferien, als angeordneter Urlaub?
Oberthür: Hier muss man unterscheiden: Rein rechtlich steht es dem Betrieb zu, einen großen Teil des Jahresurlaubs als Betriebsferien für seine Mitarbeiter zu verplanen. Dies muss aber mit Vorlauf passieren, auch damit die Arbeitnehmer noch genügend Urlaub zur Verfügung haben. Im Fall des Corona-Virus geht es aber in der Regel um kurzfristige Entscheidungen. Bei Betriebsschließungen zum Schutz vor einer Pandemie trägt allein der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko: Mitarbeiter bekommen weiterhin ihr Gehalt, die ausgefallenen Arbeitszeiten müssen in der Regel nicht nachgearbeitet werden.
Mein Kollege hustet und niest – nur eine Erkältung?! Ich fühle mich unsicher. Muss ich trotzdem noch mit ihm zusammenarbeiten?
Harrer-Kouliev: Ja. Ein Mitarbeiter kann seine Arbeit auch während der Corona-Pandemie nicht einseitig niederlegen oder sich weigern, mit einem anderen Kollegen zusammenzuarbeiten. Aber natürlich hat der Betrieb eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Angestellten, muss also mögliche Ansteckungen durch Vorsichtsmaßnahmen verhindern – und im Zweifel kann man den hustenden Kollegen erst mal zum Arzt und nach Hause schicken.
Muss ich während einer Betriebsschließung für die Firma erreichbar sein – oder genügt es, wenn ich mich nach den 14 Tagen wieder melde?
Merkel: Das kommt auf die betriebliche Regelung oder Situation an. Im Regelfall wird der Arbeitgeber die Beschäftigten im Rahmen der Betriebsschließung auch darüber informieren, wo sich die Beschäftigten über die Dauer der Betriebsschließung informieren können. Ist das nicht der Fall, sollten sich die Beschäftigten an den Vorgesetzen wenden und nach diesen Informationen fragen.
Habe ich einen Anspruch, über Corona-erkrankte Kollegen informiert zu werden?
Harrer-Kouliev: Da der Arbeitgeber eine Schutzpflicht gegenüber seinen Beschäftigten hat, kann er diese natürlich auch über Infektions- oder Verdachtsfälle informieren. Es müssen aber nur diejenigen Kollegen Bescheid wissen, die tatsächlich mit der betroffenen Person zusammenarbeiten.
Darf ich Kunden oder Lieferanten von Corona-Fällen in unserer Firma berichten? Muss ich das vielleicht sogar? Oder gilt das als Betriebsgeheimnis?
Merkel: Die persönlichen Kontakte, auch mit Kunden und Lieferanten, sollten so weit wie möglich reduziert werden. Kommen dennoch Kunden oder Lieferanten in den Betrieb, so ist abzuwägen, ob die Information über einen Corona-Infektionsfall erforderlich ist und welche Maßnahmen daran geknüpft werden, um auch Kunden und Lieferanten zu schützen. Hier empfiehlt sich eine Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt. Eine namentliche Nennung der Infizierten gegenüber jedem, der den Betrieb betritt, ist nicht gestattet.
Die Grundschule unserer Kinder ist geschlossen. Habe ich daher jetzt einen Anspruch darauf, zu Hause zu bleiben und auch auf Lohnfortzahlung?
Oberthür: Nein. Die fehlende Betreuung der Kinder allein ist grundsätzlich kein Grund, zu Hause zu bleiben. Der Arbeitnehmer muss alles versuchen, um eine Versorgung für die Kinder zu organisieren. Wenn dies nicht gelingt, hat der Arbeitnehmer zwar ein Leistungsverweigerungsrecht, bekommt aber für diese Zeit kein Gehalt. Viele Betriebe bieten in der aktuellen Lage unkomplizierte Lösungen an, etwa Homeoffice oder Urlaub. Vielleicht können auch Überstunden abgebaut werden, oder die Beschäftigten häufen ein negatives Stundenkonto an, also Unterstunden, die sie später abarbeiten.
Die Bundesregierung hat allerdings mittlerweile eine Gesetzesänderung beschlossen, nach der Arbeitnehmer, die wegen pandemiebedingter Schul- oder Kitaschließungen nicht arbeiten können, für den Verdienstausfall eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz erhalten können. Eltern können im Jahr 2021 insgesamt 30 statt 10 Tage Kinderkrankengeld pro Elternteil beantragen. Für Alleinerziehende ist der Anspruch in diesem Jahr auf 60 Tage pro Kind erhöht worden. Bei mehreren Kindern hat jeder Elternteil insgesamt einen Anspruch auf maximal 65 Arbeitstage. Für Alleinerziehende erhöht sich der Anspruch auf maximal 130 Arbeitstage. Voraussetzung ist, dass Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (eine Beeinträchtigung haben oder auf Hilfe angewiesen sind), nur durch die Eltern betreut werden können. Die Höhe des Kinderkrankengeldes beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.
Mein Partner ist an Corona erkrankt, ich muss jetzt in Quarantäne. Ich arbeite aber in Wechselschicht in der Produktion. Wer bezahlt meinen Lohn?
Oberthür: Der Staat. Die Quarantäne ist schließlich nicht freiwillig. Die Arbeitszeit muss auch nicht nachgeholt werden. Das Infektionsschutzgesetz sagt: Derjenige, der durch Quarantänemaßnahmen einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung. Diese wird zunächst vom Betrieb ausgezahlt, die Firma kann sich das Geld dann vom Staat zurückholen. Für den Beschäftigten ändert sich in den ersten sechs Wochen also nichts. Aber Achtung: Wer einen Homeoffice-Platz hat, muss auch in Quarantäne arbeiten, solange er nicht infiziert und offiziell krankgeschrieben ist.
Ich habe eine fiese Erkältung, glaube aber nicht, dass ich mich mit Corona infiziert habe. Sollte ich mich jetzt trotzdem krankschreiben lassen?
Oberthür: Auf jeden Fall! Auch mit einer Erkältung oder einem grippalen Infekt sollte man im Bett bleiben.
aktiv-Ratschlag: Wenn der Arzt keine Arbeitsunfähigkeit feststellt und auch kein Corona-Virustest durchgeführt wird, sollte man als Mitarbeiter seinen Arbeitgeber dennoch über die Symptome vor Arbeitsantritt informieren. Damit kann der Arbeitgeber dann entscheiden, wie er mit der Situation umgeht. Und auch wenn der Arzt einen Coronavirus-Test durchführt, ist es sinnvoll seinen Arbeitgeber zu informieren. Vor allem dann, wenn man vor Kurzem Kontakt mit anderen Kollegen hatte oder in nächster Zeit haben wird. Dies ist notwendig, damit der Arbeitgeber gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen einleiten kann.
Mein Betrieb befindet sich in einem deutschen Risikogebiet. Ich wohne allerdings außerhalb des Gebiets. Kann ich noch problemlos zwischen Wohnung und Arbeit pendeln?
Harrer-Kouliev: Arbeitspendler sind in der Regel von den etwaigen Corona-Reisebeschränkungen ausgeschlossen. Es gibt in einigen Bundesländern lediglich ein Beherbergungsverbot für touristische Übernachtungen. Und auch beispielsweise ein Wechsel zwischen Erst- und Zweitwohnsitz, um zur Arbeit zu fahren, ist weiterhin möglich.
Corona-Regeln rund um Freizeit, Urlaub und Reiserückkehrer
Ich war auf einer Familienfeier. Sollte ich meinem Chef davon erzählen? Und wie ist das, wenn die Warn-App Alarm schlägt?
Harrer-Kouliev: Auch auf einer Familienveranstaltung sollten grundsätzlich die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Eine Mitteilungspflicht gegenüber seinem Arbeitgeber hat man dann nur, wenn ein enger Kontakt zu einer infizierten Person bestand. Und wenn die Warn-App ein erhöhtes Infektionsrisiko anzeigt, dann geht man auf keinen Fall zur Arbeit! Man bleibt zu Hause, in Quarantäne, und informiert sowohl den Betrieb als auch das Gesundheitsamt.
Ich habe Urlaub geplant. Der wurde bereits genehmigt. Ich würde den Urlaub aber gerne streichen und arbeiten gehen. Kann ich das einfach?
Oberthür: Nein. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind an die getroffene Vereinbarung gebunden. Das gewährt beiden Planungssicherheit. Möchten der Chef oder der Beschäftigte die bereits genehmigten Ferientage streichen oder verlegen, müssen sie eine gemeinsame Vereinbarung treffen. (Hier auf aktiv-online.de lesen Sie mehr zum Thema: Urlaubsantrag richtig stellen.)
Muss ich eine Einverständniserklärung unterschreiben, in der mein Chef verlangt, dass wir in kein Risikogebiet reisen und uns immer an die Coronaregeln halten?
Oberthür: Nein, eine solche Erklärung muss man nicht unterschreiben. Allerdings muss man den Arbeitgeber über einen Urlaub in einem Risikogebiet informieren! Zudem kann sich aus der Treuepflicht eine Verpflichtung von Arbeitnehmern ergeben, dafür zu sorgen, dass nicht durch eine vermeidbare Quarantäne die betrieblichen Abläufe beeinträchtigt werden.
Darf mein Chef mich fragen, wo ich meinen Urlaub verbracht habe?
Harrer-Kouliev: Jein. Der Arbeitgeber ist berechtigt, seinen Mitarbeiter zu fragen, ob dieser in einem Risikogebiet war. Der Anspruch geht aber nicht über eine Negativauskunft hinaus. Das heißt: Der Arbeitnehmer muss die Frage beantworten, aber nicht den genauen Urlaubsort nennen.
Ich war nicht in einem Risikogebiet unterwegs und habe mich immer gut vor einer Ansteckung geschützt. Darf der Arbeitgeber einen Test verlangen?
Schlegel: Wenn der Arbeitnehmer an seinem Urlaubsziel keinem gesteigerten Infektionsrisiko ausgesetzt war und er den Urlaub nur dort verbracht hat, wo laut RKI kein gesteigertes Infektionsrisiko zu verzeichnen ist, dann kann der Beschäftigte nicht verpflichtet werden, einen negativen Corona-Test vorzuweisen. Außerdem hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung. Weigert sich der Arbeitgeber in einem solchen Fall, den Arbeitnehmer zu beschäftigen und an seinen Arbeitsplatz zu lassen, muss er ihn dennoch vertragsgemäß vergüten.
Ich möchte mit meiner Familie eine Auslandsreise machen. Die Zielregion gilt als Risikogebiet. Darf ich trotzdem hin?
Harrer-Kouliev: Arbeitgeber können eine Urlaubsreise in ein bestimmtes Gebiet nicht verbieten. Allerdings gelten bei der Rückkehr aus einem Risikogebiet die jeweiligen Quarantänevorschriften der Bundesländer. Beschäftigte müssen also damit rechnen, dass sie für ihre Ausfallzeit nach dem Urlaub kein Entgelt bekommen.
Ich komme gerade aus einem Risikogebiet wieder. Was muss ich jetzt machen?
Schlegel: Rückkehrer aus einem Risikogebiet können nicht ohne weiteres an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Für sie wird grundsätzlich ein negativer Corona-Test benötigt. Ohne negatives Testergebnis muss der Arbeitnehmer nach meiner Einschätzung nicht beschäftigt werden – und hat daher auch keinen Anspruch auf Vergütung.
Muss ich meinen Test dafür selbst bezahlen?
Schlegel: Nein. Einreisende aus Risikogebieten und aus Nicht-Risikogebieten können sich kostenlos testen lassen“, erklärt das Gesundheitsministerium. Die Kosten dafür werden seit dem 1. August 2020 übernommen, wenn der Test innerhalb von 72 Stunden nach der Einreise erfolgt. Es werden auch die Kosten für einen Wiederholungstest pro Person übernommen.
Kann mein Arbeitgeber jedes Mal einen Corona-Test verlangen, wenn ich am Wochenende in einem Risikogebiet war, um beispielsweise Verwandte zu besuchen?
Oberthür: Der Arbeitgeber kann nicht grundsätzlich verlangen, nach jedem Besuch in einem innerdeutschen Risikogebiet einen negativen Corona-Test vorzuweisen. Auch kann ein Beschäftigter in seiner Freizeitgestaltung nicht eingeschränkt werden – und dazu gehören im Zweifel auch Fahrten in Risikogebiete. Gleichzeitig hat der Angestellte natürlich die Pflicht, sich jederzeit an gängige Hygienevorschriften zu halten. Aus Rücksichtnahme auf die Kollegen kann sich im Augenblick aber eine Reduzierung von Reisen in Risikogebiete anbieten.
Wichtige Fragen und Antworten zur Corona-Warn-App
Darf der Arbeitgeber mich dazu verpflichten, die App auf meinem Diensthandy zu installieren?
Solmecke: Die Nutzung der App ist zunächst einmal freiwillig. Der Arbeitgeber hat jedoch gegenüber seinem Arbeitnehmer ein Weisungsrecht. Das bedeutet: Der Chef kann seinen Beschäftigten dazu verpflichten, die App auf seinem Diensthandy zu installieren. Und darf auch verlangen, dass der Arbeitnehmer das Diensthandy während der Arbeitszeit ständig bei sich führt und die App nutzt. Das gilt jedoch nur dann, wenn man direkt im Betrieb, im Homeoffice oder bei einem Termin ist. Zwar hat der Arbeitgeber ein großes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer das Diensthandy auch außerhalb der Arbeitszeit bei sich führt, um möglichst umfassende und verlässliche Daten zu erhalten – aber Weisungen, die das Privatleben der Arbeitnehmer betreffen, sind grundsätzlich unzulässig. Ausnahmeregelungen kann es etwa bei Ärzten und Pflegern geben.
Kann mein Arbeitgeber mich auffordern, die Warn-App auf meinem privaten Handy zu nutzen?
Solmecke: Nein. Der Arbeitnehmer kann nicht vom Arbeitgeber verpflichtet werden, die App auf seinem privaten Mobiltelefon zu benutzen. Die Inhalte auf dem privaten Handy gehen den Arbeitgeber nichts an.
Dürfte mein Chef mir denn beispielsweise den Zugang zum Betriebsgelände untersagen, wenn ich die App nicht installiert habe?
Solmecke: Sämtliche Maßnahmen, die einen direkten Nutzungszwang erzeugen, sind problematisch. So auch die Anordnung, das Betriebsgelände nur unter Verwendung der Corona-App zu betreten. Aus meiner Sicht spricht vieles dafür, dass eine solche Anweisung rechtswidrig ist und der Arbeitnehmer sie nicht befolgen muss.
Weitere ausgewählte Leserfragen
Was dürfen die Kollegen verraten?
Marvin S. per Online-Kontaktformular: Ich habe Corona. Eine Arbeitskollegin hat das vielen Kunden erzählt, ohne meine Einverständnis. Da ich so etwas nicht will, frage ich, welche Folgen dieses Verhalten haben müsste.
aktiv: „Privatrechtlich gibt es hier keinen verfolgbaren Sachverhalt“, sagt Uwe Schlegel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln, „das Ausplaudern von persönlichen Details der Arbeitskollegen ist zwar ärgerlich, aber nicht justiziabel.“ Arbeitsrechtlich ist das allerdings etwas anders zu sehen: „Hier kann es für tratschende Kollegen durchaus Konsequenzen geben“, warnt der Jurist. Dabei sei der Einzelfall entscheidend. Wenn das Plaudern mit Kunden zum Beispiel gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoße, könne eine Abmahnung die Folge sein. Ansprechpartner für Betroffene sind in solch ärgerlichen Fällen der direkte Vorgesetzte oder die Personalabteilung.
Kontaktverbot: Dürfen wir weiterhin zu den Kunden fahren?
Peter S. per Online-Kontaktformular: Neun Kollegen und ich arbeiten als Kundenservicetechniker für einen großen Fensterhersteller. Unser Arbeitsort ist bei den Endkunden zu Hause. Angesichts der Einschränkungen seitens der Regierung stellt sich die Frage, ob wir unsere Arbeit weiterhin ausführen dürfen?
aktiv: Bezüglich der amtlichen Vorgaben muss man unterscheiden zwischen der beruflichen Tätigkeit und einem freizeitlichen privaten Aufenthalt in der Öffentlichkeit. Das betont Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht in der Kölner Kanzlei RPO. „Das Kontaktverbot gilt nicht für die berufliche Tätigkeit“, erklärt sie. Natürlich sollte man stets auf die speziellen Hygiene-, Schutzmasken- und Abstandsregeln achten – also zum Beispiel einen Kunden nicht per Handschlag begrüßen.
Mal so eben neue Arbeitszeiten?
Martina S. per Online-Kontaktformular: Mein Chef verlangt, dass wir jetzt im Büro in zwei Schichten arbeiten. Meine Schicht soll von 13 Uhr bis 21 Uhr gehen. Home-office will er nicht anbieten. Ist das erlaubt?
aktiv: Das lässt sich pauschal nicht beantworten. „Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeit nach billigem Ermessen festlegt, sofern arbeitsvertraglich nichts anderes vereinbart ist“, erklärt Arbeitsrechtsexpertin Nathalie Oberthür. „Dabei müssen betriebliche Interessen – etwa das Ziel, zu Schutzzwecken die Anzahl der jeweils anwesenden Mitarbeiter zu verringern – mit privaten Interessen des Arbeitnehmers, zum Beispiel nötiger Kinderbetreuung, abgewogen werden.“ Gibt es einen Betriebsrat, müsste dieser den neuen Arbeitszeiten zustimmen.
Einen Anspruch auf Homeoffice hat man als Beschäftigter im Allgemeinen nicht. Die Entscheidung darüber trifft grundsätzlich die Firma. Natürlich ist es gerade auch in Krisenzeiten sinnvoll, wenn möglichst einvernehmliche Lösungen gefunden werden: Vielleicht lassen sich ja Schichtzeiten tauschen?
Arbeitsrecht: Desinfektionsmittel-Dieb fliegt fristlos raus
März 2020: Der erste Corona-Lockdown legt Deutschland weitgehend lahm. Klopapier ist gerne mal ausverkauft, Desinfektionsmittel sind kaum zu bekommen. In dieser Lage nimmt ein Mann einen Liter Desinfektionsmittel und eine Rolle Handtuchpapier aus dem Betrieb mit und legt die gestohlenen Dinge in den Kofferraum seines Autos.
Dies fällt später dem Werkschutz des Paketzustellunternehmens auf, der die ausfahrenden Fahrzeuge stichprobenartig kontrolliert. Zwei Tage später bekommt der Mitarbeiter die fristlose Kündigung, der der Personalausschuss des Betriebsrats schon zugestimmt hat.
Das juristische Nachspiel zieht sich noch etwas hin. In zweiter Instanz bestätigt dann aber auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf den Rauswurf (14. 1. 21, 5 Sa 483/20). Laut Urteil geht die außerordentliche Kündigung nach 16-jähriger Betriebszugehörigkeit in Ordnung: Denn der Mann „hat in Kauf genommen, dass andere Mitarbeiter, die ebenso um ihre Gesundheit fürchteten wie er, leer ausgingen, während circa 300 Einheiten Handdesinfektion nur für ihn zugänglich im Kofferraum seines Pkw lagen“.
Nadine Bettray schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Sie studierte Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Anschließend zog es sie zum Arbeitgeberverband METALL NRW in Düsseldorf. Am Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen absolvierte sie ein Volontariat. Wenn Nadine nicht am Schreibtisch sitzt, jubelt sie Rot-Weiss Essen zu oder rennt mit ihrem Hund durch den Wald.
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