Brüssel. In letzter Zeit hat es für Wirbel gesorgt: Die EU-Länder sind sich uneins in bestimmten Punkten der Taxonomie. Was hat es damit auf sich – und warum ist das Thema so wichtig?

Die EU-Taxonomie, grundlegend geregelt in einer Verordnung aus dem Jahr 2020, verleiht wirtschaftlichen Aktivitäten und Produkten eine Art Gütesiegel, das sie als nachhaltig kennzeichnet. Bisher wurden schon Standards für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel definiert. Weitere Ziele sollen folgen: Umwelt- und Ressourcenschutz oder auch Mindestanforderungen an Menschenrechte.

Auf diese Weise will die EU öffentliche und private Investoren ermutigen, mehr Geld in sozusagen amtlich nachhaltige Technologien und Sektoren zu stecken – ob nun als Kredite, Investitionen oder auch Fördergelder. Eine Verpflichtung dazu bedeutet das freilich nicht; es gibt auch kein Verbot von Aktivitäten, die nicht als nachhaltig eingestuft sind.

Sollen Atomkraft und Gas als nachhaltig eingestuft werden?

Was den grünen Stempel bekommen soll, sehen nicht alle EU-Länder gleich. Während zum Beispiel für Frankreich die CO2-freie Atomkraft eine klimafreundliche Energieform darstellt, setzt die deutsche Ampel-Regierung auf den fossilen Brennstoff Gas als Übergangslösung während der Energiewende. Für Kernenergie und Gas sollen allerdings Auflagen gelten.

Gaskraftwerke müssen auch kohlenstoffarme Gase nutzen können. Spätestens 2035 dürfen ausschließlich kohlenstoffarme Gase genutzt werden, zum Beispiel grüner Wasserstoff. Ob bis dahin genügend davon zur Verfügung steht, ist derzeit jedoch nicht absehbar. Dem ergänzenden Vorschlag der Kommission zur Einstufung von Atomkraft und Erdgas müssen Parlament und Rat noch zustimmen. Dafür haben sie knapp vier Monate Zeit.

Und was bedeutet die Taxonomie für die Industrie? Auf die Unternehmen kommen Berichtspflichten zu und damit ein hoher Dokumentationsaufwand. Ausgewiesen werden muss jeweils der Anteil des Umsatzes, der Betriebskosten und der Investitionsausgaben, der taxonomiekonform ist. Das könnte in Deutschland auf Dauer bis zu 15.000 Unternehmen viel Arbeit machen.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

Alle Beiträge der Autorin