Holzminden. Es duftet nach Wald, frisch geschnittenem Holz, Natur: Wer bei Stiebel Eltron den Energy Campus betritt, kommt sehr schnell mit dem Thema Nachhaltigkeit in Kontakt. Nicholas Matten, einer der beiden Geschäftsführer, empfängt Gäste gern in diesem beeindruckenden Schulungsgebäude. Umweltbewusstsein gehöre zur DNA des Familienunternehmens, so Matten. Er hat allen Grund zur Freude. Denn bei Stiebel Eltron läuft es derzeit ziemlich gut – vor allem das Geschäft mit Wärmepumpen. Stiebel Eltron konnte den Umsatz damit in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifachen.
Deshalb hat man in dem Familienunternehmen große Pläne: „Bis 2026 wollen wir die Produktionskapazitäten bei uns am Hauptsitz in Holzminden verdoppeln.“ Dafür planen die Südniedersachsen, 120 Millionen Euro in die Wärmepumpenfertigung zu investieren. 400 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.
Energy Campus veranschaulicht die Funktion einer Wärmepumpe
Wärmepumpen helfen, die Klimaziele zu erreichen. Auch wegen stark steigender Gaspreise sind sie sehr gefragt. Stiebel Eltron gehörte schon sehr früh zu den Entwicklern des umweltfreundlichen Heizsystems. Es nutzt anstatt fossiler Rohstoffe wie Kohle, Öl und Gas Wärme aus der Umgebungsluft, der Erde oder dem Grundwasser.
Wer in dem modernen Energy Campus in Holzminden zu Gast ist, lernt, dass die Funktionsweise einer Wärmepumpe auch gern mit einem Kühlschrank verglichen wird: Bei beiden Systemen wird Wärmeenergie auf ein Kältemittel übertragen - beim Kühlschrank aus der Luft im Innenraum, bei der Wärmepumpe aus der Außenluft, dem Erdreich oder dem Grundwasser. Das nun dampfförmige Kältemittel wird dann komprimiert, sodass die Temperatur steigt. Während beim Kühlschrank die Wärme dann über die Kühlrippen auf der Rückseite an die Umgebungsluft abgegeben wird, nutzt man die Energie bei Wärmepumpen für Heizung und Warmwasserbereitung. Anschließend wird das Kältemittel entspannt, dadurch wieder flüssig - und der Kreislauf beginnt von Neuem.
Angetrieben wird die Wärmepumpe von Strom. Durch den hohen Umweltenergieanteil spart jede Wärmepumpe schon beim Betrieb mit dem normalen deutschen Strommix einige Tonnen CO2 pro Jahr gegenüber einer Öl- oder Gasheizung ein. Unter Experten gelten die Wärmetauscher deswegen als unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende. Sie sind ressourcenschonend, einfach zu installieren und gerade in Neubauten mittlerweile sehr beliebt. Die Wärmepumpen bezeichnet Matten als wichtigsten Umsatztreiber. Der Gesamtumsatz ist 2020 um 18 Prozent auf gut 700 Millionen Euro gestiegen. 2021 wird er voraussichtlich über 800 Millionen Euro betragen.
Als die Ölkrise in den 70er Jahren ausbrach, stieg Stiebel Eltron in die Produktion von Wärmepumpen ein und gehört damit zu den Pionieren der Technik. Die Bundesbürger waren von den hohen Ölpreisen geschockt, die Wärmepumpe galt als Lösung aller Energieprobleme. Doch der Durchbruch blieb aus, die Euphorie ebbte schnell ab, weil Handwerker nicht auf die neue Technik vorbereitet waren und die Ölpreise bald wieder auf ein erträgliches Maß zurückfielen.
500.000 alternative Heizsysteme müssen in Deutschland jährlich installiert werden
Im Gegensatz zu anderen Anbietern behielt Stiebel Eltron die Wärmepumpen trotz magerer Marktaussichten im Programm, baute die Fähigkeiten bei alternativen Systemen aus und exportierte verstärkt ins Ausland. Um die Klimaziele zu erreichen, brauche es laut Matten jährlich statt aktuell 140.000 etwa 500.000 neue Wärmepumpen. „Das geht nicht ohne den Sanierungsmarkt. Hier gibt es zwar gute Fördergelder vom Staat, wenn man den Öl- oder Gaskessel durch die umweltfreundliche Heizung ersetzt - doch auch der Betrieb muss attraktiv sein. Dafür müssen die Strompreise weiter gesenkt werden. Der im Koalitionsvertrag beschlossene Schritt, die EEG-Umlage, also die Ökostrom-Subventionierung, ab Januar 2023 abzuschaffen, ist der richtige Ansatz.“
So lasse sich das volle Potenzial von Green Tech in Deutschland entfesseln. Es gehe darum, der gesamten deutschen Heizungs-Industrie den Zugang zum starken Heimatmarkt zu erleichtern. Das sei eine wichtige Basis für das Geschäft.
Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.
Alle Beiträge des Autors