Der Weg eines Akkus zur Zulassung führt über die Buckelpiste: Insgesamt 40 Stunden permanentes Durchrütteln muss eine Batterie unbeschadet überstehen, bevor sie serienmäßig in ein E-Auto verbaut werden darf. „Shaker“ (zu Deutsch: Schüttler) heißen die Anlagen, in denen diese Ruckelpartie simuliert wird. Eine davon steht bei cetecom advanced in Saarbrücken.

Die Firma war 2009 eines der ersten Unternehmen an der Saar, das Batterien als Geschäftsfeld für sich entdeckt hat. Heute ist das Unternehmen eines der größten im Prüfmarkt für Akkus – und ein Pionier, über den gerade viele reden. Denn das Thema Akku boomt an der Saar! Wichtige Beispiele:

  1. Der chinesische Batteriehersteller SVOLT plant im Saarland zwei Standorte mit bis zu 2.000 Beschäftigten (siehe Interview unten).
  2. Die Montan-Stiftung Saar und der Recyclingspezialist Roth International möchten eine Wiederverwertungsanlage für Autobatterien bauen.
  3. Das Projekt ABAKOS hat gerade die Zusage für eine millionenschwere Förderung des Bundes erhalten. ABAKOS ist ein Konsortium aus dem Festo Lernzentrum, mehreren Forschungseinrichtungen, dem Autohersteller Ford und Batterieproduzenten, das Kürzel steht für „Aufbau Batteriekompetenz Saarland“. Man will herausfinden, welche speziellen Kompetenzen Mitarbeiter für die Batterieproduktion und das Recycling brauchen. Mehr über ABAKOS lesen Sie hier auf aktiv-online.

Für Daniela Neisius und Pascal Strobel aus dem Bundesprojekt TraWeBa (Transformations-Hub Wertschöpfungskette Batterie) der Wirtschaftsförderungsagentur Saaris ist das Interesse des Landes an der Batterie nur logisch: „Im Saarland arbeiten 40.000 Menschen in 265 Unternehmen im Automobilbereich.“ Der Umstieg auf die Elektromobilität sei deswegen hier eine besondere Herausforderung – und eine große Chance. „Wir begleiten kleine und mittlere Unternehmen, damit sie im Batteriebereich ihre Kompetenzen aufbauen und erweitern können“, sagt Neisius.

Jede neue Batterie muss erst mal in die Folterkammer

Für das Testen neuer Batterien hat der Saarbrücker Spezialist cetecom advanced wahre Folterkammern aufgebaut. Hier werden Akkus aus vier Meter Höhe auf den Boden gepfeffert. Sie werden Staubstürmen ausgesetzt. Sie werden langsam zerquetscht – oder mit Nägeln beschossen. „Die Prüflinge müssen Kurzschlüsse, Temperaturschocks und einen Luftdruck wie in 10.000 Meter Höhe aushalten“, erklärt Martin Kirchner, Leiter des Batteriebereichs.

Wie gefährlich es werden kann, wenn Akkus zu wenig aushalten, sieht man in einem Testraum: Hier zieren Schmauchspuren die Wände. „Einen Lithium-Brand kann man nicht löschen, sondern nur kontrolliert ausbrennen lassen“, erklärt Kirchner.

Serienreife bedeutet hohe Sicherheit

Batterien mit stärkeren Ladungen testet cetecom advanced in einem Test-Bunker im nahen Zweibrücken. „Darin treiben wir Batteriesysteme zum Äußersten, was manchmal zu heftigen Explosionen führt“, so Kirchner. Genau wegen dieser Gefahren seien solche Prüfverfahren so wichtig: „Bei serienreifen Produkten kann man sicher sein, dass auch bei Missbrauch und hoher Belastung nichts passiert.“

„Wir treiben Batterien bis zum Äußersten, was manchmal zu Explosionen führt.“

Martin Kirchner, cetecom advanced

Aktuell stammen die meisten Batteriezellen und -module, die cetecom advanced prüft, aus Asien. Wie würde den saarländischen Pionieren eine Gigafactory oder Recyclingstelle direkt in der Nachbarschaft gefallen? „Wir wären natürlich froh über jede Ansiedlung von Firmen aus dem Bereich“, sagt Kirchner.

Und auch vor direkter Konkurrenz wäre ihm nicht bange: „Alle Shaker in Deutschland sind für lange Zeit ausgebucht.“ Dass sich daran schnell etwas ändert – darum macht sich in den Prüflaboren von cetecom advanced niemand Sorgen.

Interview: „Das Saarland bietet zahlreiche Vorteile“

Der chinesische Batterie-Hersteller SVOLT plant zwei Fabriken in Überherrn und Heusweiler. Thomas Hoffmann, HR Director Operations Europe, erklärt, warum.

Herr Hoffmann, SVOLT will in Heusweiler Batteriemodule und Batteriepacks montieren und später auch in Überherrn Zellen vor Ort fertigen. Wann soll es denn in Überherrn losgehen?

Stand heute liegt noch keine rechtskräftige Fassung des Bebauungsplans in Überherrn vor. Deshalb können wir leider noch keinen Zeitplan aufstellen.

Trotzdem sind die Planungen schon weit fortgeschritten. Was macht das Saarland für Sie attraktiv?

Das Saarland bietet als Standort für die Batteriezellfertigung zahlreiche Vorteile. Aufgrund seiner traditionsreichen Industriegeschichte gibt es einen großen Pool an Fachkräften. Diese Geschichte hat zu einer Arbeitskultur geführt, die auf Präzision, Qualität und Effizienz ausgerichtet ist – alles wichtige Eigenschaften auch für die Batteriezellfertigung! Darüber hinaus hat sich das Saarland in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Innovationsstandort entwickelt. Und es gibt eine starke Zulieferindustrie, von der wir profitieren können.

Was sind die Besonderheiten bei der Akkuproduktion?

Planung, Bau und Betrieb von Gigafabriken sind mit vielen Herausforderungen verknüpft. Das fängt bei der Beschaffung von Rohstoffen wie Lithium, Kobalt oder Nickel an. Und es geht weiter bei Recycling-Technologien, über die wir unseren Bedarf an neuen Rohstoffen stetig reduzieren wollen. Auch die Beschaffung und Wartung der hochspezialisierten Produktionsanlagen ist herausfordernd.

Wichtigstes Gut in einer hochkomplexen Fabrik sind aber die Arbeitskräfte: Wir sind davon überzeugt, dass sorgfältig geschulte Fachkräfte und regelmäßige Fortbildungen von entscheidender Bedeutung für den wachsenden Markt der Elektromobilität sind.

In welchen Branchen werden Ihre Batterien denn gebraucht?

Bei Elektroauto-Herstellern in Europa und darüber hinaus ist SVOLT bereits bestens bekannt für seine Lithium-Ionen-Batteriezellen und die Modul- und Pack-Lösungen. Darüber hinaus entwickeln wir Speicherlösungen für unterschiedliche Einsatzgebiete: etwa für die Zwischenspeicherung von Energie überall dort, wo es zu Lastspitzen kommen kann, wie bei Solar- oder Windkraftanlagen.

Solche Lösungen kommen auch da zum Einsatz, wo dynamische Kapazitätserweiterung gefragt ist – zum Beispiel bei Ladestationen für Elektroautos oder für die Energieversorgung in entlegenen Gebieten. Damit richten wir uns sowohl an Energieversorger als auch an Industrie- und Gewerbekunden oder Privathaushalte und beliefern zudem Drittanbieter.

Die Batterieforschung entwickelt sich ja rasant. Wie baut man eine Fabrik, die sich ständig auf neue Produkte einstellen muss?

Wir setzen auf Spitzentechnologie und investieren in Forschung und Entwicklung. So ist sichergestellt, dass wir unsere Produktionsabläufe stetig optimieren und frühzeitig Innovationen in unsere Prozesse implementieren können. Ein Beispiel: Erst kürzlich haben unsere Ingenieure dafür gesorgt, dass in der Fertigung dank des sogenannten High-Speed-Stackings 30 Prozent der Produktionsfläche eingespart werden können – und sie haben dabei gleichzeitig den Prozess im Vergleich zur bisherigen Vorgehensweise um das Achtfache beschleunigt! Das ist nur ein Beispiel von vielen. Ein hoher Automatisierungsgrad und schnelle Umrüstzeiten werden beim Anlagenbau bereits in der frühen Konzeptphase berücksichtigt.

Michael Aust
aktiv-Redakteur

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Piano in einer Jazz-Band. 

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