Köln. Die MINT-Lücke hat ein Rekordniveau erreicht: Fachkräfte aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik werden dringender gebraucht denn je – aber es gibt zu wenige. Warum eigentlich? aktiv fragte das Christina Anger, Bildungsforscherin am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), das zweimal jährlich den „MINT-Report“ herausbringt.

Die MINT-Lücke war seit Beginn der IW-Auswertungen 2011 noch nie so groß wie jetzt. Woran liegt das?

Während Corona hat sich die Lücke zunächst verkleinert, weil Unternehmen mit Neueinstellungen zurückhaltender waren. Dafür ist die Lücke jetzt noch größer als vor der Pandemie. Denn die Unternehmen brauchen immer mehr MINT-Kräfte, um Themen wie Digitalisierung und Dekarbonisierung zu bewältigen. Dazu kommt das Demografie-Problem: Immer mehr Beschäftigte gehen in Ruhestand, Nachwuchs wird dringend gesucht. Auf 100 arbeitslose MINT-Fachkräfte kamen in Baden-Württemberg im April 275 offene Stellen.

Sind diese MINT-Berufe vielleicht nicht attraktiv genug?

Im Gegenteil: Sie sind sogar sehr attraktiv! Die Perspektiven und die Verdienstmöglichkeiten sind im Vergleich zu anderen Berufsfeldern sehr gut. Zum Beispiel in der Metall- und Elektro-Industrie, in der übrigens jeder zweite MINT-Beschäftigte Baden-Württembergs arbeitet.

Diese Branche spürt globale Krisen und den Transformationsdruck besonders stark. Macht das die Betriebe vielleicht als Arbeitgeber weniger interessant?

Nein. Denn im Transformationsdruck liegen auch viele Chancen und Perspektiven für die Beschäftigten: Gerade M+E-Unternehmen sind jetzt gefragt, neue Produkte und Prozesse zu entwickeln, die die Welt braucht, etwa für den Kampf gegen den Klimawandel.

Was muss passieren, damit mehr Jugendliche MINT-Berufe ergreifen?

An den Schulen ist die Berufsorientierung während Corona großteils ausgefallen: Da muss jetzt einiges nachgeholt und ausgebaut werden. Es muss auch noch mehr getan werden, um Mädchen für MINT zu begeistern: Der Frauenanteil ist mit durchschnittlich 11 Prozent noch immer sehr niedrig, im Maschinenbau sind es sogar nur 5 Prozent. Dabei sorgen sich gerade junge Frauen besonders um den Klimaschutz. Zeit, ihnen zu sagen: Wenn ihr hier was verändern wollt – geht in die MINT-Berufe!

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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