Stuttgart. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen in Deutschland fürchten, dass sich ihre Ausbildungschancen durch Corona verschlechtert haben: Das ergab eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. Tatsächlich hat die Pandemie die Berufsorientierung und die Kontaktaufnahme zu den Betrieben erschwert. Aber Chancen gibt es noch genug! Zum Beispiel in der Metall- und Elektro-Industrie (M+E): Dort winken interessante Berufe mit guter Bezahlung – sogar schon in der Ausbildung.
Wie findet man heraus, welcher Beruf zu einem passt? Ganz einfach: In der Praktikumswoche Baden-Württemberg, da kann man in kurzer Zeit verschiedene Berufe kennenlernen.
- Wie geht das? Interessierte können eine Woche lang an jedem Tag ein Schnupperpraktikum in einer anderen Firma machen. Also bis zu fünf Mini-Praktika in fünf verschiedenen Firmen.
- Wer darf mitmachen? Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren.
- Wann laufen die Praktika? Eine erste Runde hat bereits in den Pfingstferien stattgefunden. Weitere Termine gibt’s im Juli und in den Sommerferien.
- Wie kann man teilnehmen? Indem man sich auf praktikumswoche.de/regionen/baden-wuerttemberg registriert und ein kurzes Motivationsschreiben verfasst. Dann wählt man Zeitraum, Region und Tätigkeitsbereiche. In der M+E-Industrie sind das: Metallverarbeitung, technisches Büro (technisches Zeichnen), Optik, Elektronik & Anlagen, Maschinen & Kfz. Die Praktikumsplätze werden automatisch vermittelt: Das System sucht kostenlos passende Betriebe.
In Baden-Württemberg haben sich bislang etwa 2.600 Unternehmen aus allen Branchen und rund 2.700 Schüler registriert. aktiv hat bei Firmen nachgefragt, was den Praktikanten geboten wird.
40 verschiedene Ausbildungsberufe gibt es in der Metall- und Elektro-Branche
„Es macht Spaß, an Maschinen zu arbeiten“
Woerner, Wertheim: In den Pfingstferien erfuhr Praktikant Bastian Schulz (15) bei Woerner, einem Hersteller von Schmiersystemen, was Industriemechaniker so machen. Er durfte mit einer Maschine bohren und einen Würfel fräsen. Der Tag hat sich für ihn gelohnt: „Ich habe viel über die Metallbearbeitung gelernt.“ Betreut wurde er von Axel Hepp (17), einem Azubi im zweiten Ausbildungsjahr. Hepp liebt seinen Beruf: „Er ist äußerst abwechslungsreich, und es macht Spaß, an Maschinen zu arbeiten.“ Ausbilder Helmut Ballweg sieht im Industriemechaniker sogar das Universalgenie unter den Metallberufen: „Er hat ein sehr weites Einsatzfeld – und eine äußerst attraktive Zukunft“, sagt er.
In den kommenden Runden im Juli sowie in den Sommerferien ist Woerner wieder mit am Start. Dann werden auch die Berufe Mechatroniker und Industriekaufmann/-frau vorgestellt.
66.400 Euro betrug 2021 das durchschnittliche Jahresbruttoeinkommen der Beschäftigten in der M+E-Industrie Baden-Württembergs
„Das Programm ist perfekt für eine erste Orientierung“
Chiron, Tuttlingen: Zwei Schüler aus der neunten und zehnten Klasse waren in der Pfingstwoche zu Gast beim Maschinenbauer Chiron in Tuttlingen. Sie informierten sich über den Beruf Elektroniker für Automatisierungstechnik. Dabei wurden sie intensiv betreut. Ein Azubi begleitete sie durch den Tag und zeigte ihnen, wie sein Ausbildungsalltag abläuft. Außerdem durften die zwei Praktikanten gleich selbst Hand anlegen: Sie löteten eine Platine und bauten verschiedene kleinere Schaltungen auf ein Steckboard. Das kam bei den beiden so gut an, dass sie gern noch länger geblieben wären – der Tag sei zu kurz gewesen, lautet ihr Fazit.
Thomas Haselmeier, Ausbilder für Elektronik, meint: „Die Praktikumswoche ist perfekt für junge Leute, die noch gar nicht wissen, in welche Richtung sie beruflich gehen möchten. Sie bietet eine erste Orientierung. Wer dann die Einblicke in einen bestimmten Beruf vertiefen möchte, kann später ein richtiges, längeres Praktikum machen.“
Für die Praktikumswochen im Sommer hat Chiron auch schon Plätze ausgeschrieben – wieder für Elektroniker für Automatisierungstechnik, aber auch für weitere Berufe: Fachkraft für Lagerlogistik, Zerspanungsmechaniker, Mechatroniker und Industriemechaniker.
Metallbearbeitung, Lager und Verwaltung
Wölfle, Ochsenhausen: Bei Wölfle können Schülerinnen und Schüler im Sommer in drei Bereiche reinschnuppern: in die Metallberufe (Industriemechaniker, Konstruktionsmechaniker, Maschinen- und Anlagenführer), in die Lagerlogistik und bei den Industriekaufleuten. Wölfle ist Technologie-Ausstatter für den Fahrzeug- und Maschinenbau. Das Unternehmen baut Fahrerkabinen, Heiz- und Klimaanlagen, Elektronik- und Elektrikprodukte.
Nach einer Betriebsführung erleben die Praktikanten den Arbeitsalltag von Azubis hautnah mit. Sie sehen zum Beispiel, wie ein Lager aufgebaut und organisiert ist. Oder sie erfahren in der Lehrwerkstatt, was zur Grundausbildung in den Metallberufen gehört: Fräsen, Programmieren, Drehen, Bohren und Feilen. Jeder kann sein eigenes kleines Werkstück fertigen und mit nach Hause nehmen. Und welche Aufgaben in der Verwaltung auf die Praktikanten warten, kann jeden Tag anders sein – so vielfältig geht es dort zu.
Ein Tag als Fertigungsmechaniker
Daimler Truck, Mannheim: Nutzfahrzeugbauer Daimler Truck hatte in den Pfingstferien zwar noch keine Schnupperpraktikanten zu Gast, wird aber mit seinem Werk Mannheim an den Praktikumswochen im Juli teilnehmen.
Insgesamt haben dann 15 Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, erste Bekanntschaft mit dem Ausbildungsberuf des Fertigungsmechanikers zu machen. Dabei werden sie lernen, wie Biegetechnik funktioniert, und ein spannendes kleines Projekt durchführen: Unter Anleitung werden sie eigenhändig ein Anschauungs-Modell des Benz-Motorwagens herstellen. Dieses Erinnerungsstück dürfen sie nach Feierabend mitnehmen.
Schau mal rein auf Tiktok!
Du möchtest ein Schnupperpraktikum machen? Warum sich die Praktikumswoche lohnt und wie du teilnehmen kannst, erklärt dir dieses Video: ao5.de/beroobipraktikumswoche
Du suchst einen Beruf, willst eine Ausbildung starten oder bist schon dabei?Praktische Infos rund um Berufsfelder in verschiedenen Branchen, Tipps für die Bewerbung, den Einstieg in Ausbildung oder Beruf und vieles mehr geben Azubis in einem besonderen Tiktok-Kanal: tiktok.com/@beroobi
Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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