Frankfurt. Zwar gibt es zwischen den einzelnen Branchen naturgemäß große Unterschiede – aber insgesamt lässt sich sagen: Die Unternehmen der hessischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) verspüren wieder vorsichtigen Optimismus. Das ist das Ergebnis einer Konjunkturumfrage, die der Arbeitgeberverband Hessenmetall bei seinen Mitgliedsunternehmen Ende 2021 durchgeführt hat.
Zur Einordnung: Schon seit Jahren befindet sich Hessens größter Industriezweig in einem Strukturwandel, der durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografiewandel geprägt ist. 2019 kam eine Rezession hinzu, die dann 2020 enorm vertieft wurde durch die wirtschaftlichen Folgen der – nach wie vor unberechenbaren – Corona-Pandemie. Eine erste wirtschaftliche Erholung 2021 wurde durch mächtig gestörte Lieferketten wieder ausgebremst, aktiv hat darüber mehrfach berichtet.
Immerhin: Nicht nur die Lage, auch die Stimmung der M+E-Industrie in Hessen hat sich gegenüber 2020 deutlich verbessert – und die Erwartungen für die kommenden sechs Monate sind vorsichtig positiv. Diese Kombination – bessere Stimmung und vorsichtiger Optimismus – zeigt sich bei den Indikatoren Auftragseingänge, Umsätze und Erträge. Lediglich bei den Exporten wird die Lage von den befragten Unternehmen nach wie vor kritisch gesehen, eben wegen der anhaltenden Probleme in den Lieferketten und der schwierigen Situation im internationalen Warenverkehr.
Basis dieser Aussagen sind die Antworten von 159 der über 650 Mitgliedsunternehmen, die sich an der jüngsten Umfrage beteiligt haben. Die Antworten kommen von Firmen, die insgesamt rund 51.300 Menschen beschäftigen. Die Befragung fand von Mitte Oktober bis Mitte November 2021 statt, also bevor die Dimension des erneuten Anstiegs der Corona-Fallzahlen für jedermann offensichtlich wurde.
„Es geht mittelfristig aufwärts, aber mit gedrosseltem Tempo“, kommentiert Wolf Matthias Mang, Vorstandsvorsitzender von Hessenmetall, die Ergebnisse. Wie er betont, hat die Branche ihre Widerstandsfähigkeit für konjunkturelle Herausforderungen gestärkt und treibt ihre Zukunftsgestaltung weiter energisch voran.
Die Stimmung der Betriebe hat sich verbessert
Im Einzelnen: Die Stimmung der Betriebe hat sich verbessert. Die allgemeine Geschäftslage beurteilen rund 48 Prozent der Unternehmen als „gut“, nur noch 18 Prozent als „schlecht“. Für die nächsten sechs Monate erwarten nur 9 Prozent eine erneute Verschlechterung.
Das Niveau der eigenen Investitionen beurteilt ein Viertel der Unternehmen inzwischen als „verhältnismäßig hoch“, über die Hälfte zumindest als „ausreichend“. Mang: „Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 2020. Und das zeigt, dass die Unternehmen wieder in die Spur finden.“ Zudem wird wieder stärker in die Zukunft investiert: Der Anteil der Investitionen in neue Produkte, in Mitarbeiterqualifizierung und in Umweltschutz ist im Vergleich zu den Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen klar gestiegen.
Die Umsätze haben sich weitgehend erholt, vor allem bei den Metallerzeugern und den Herstellern elektrischer Ausrüstungen. In der Automobil-Industrie liegen die Umsätze allerdings immer noch 11 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau!
Nach einem starken zweiten Quartal 2021 sind die Auftragseingänge im dritten Quartal 2021 zurückgegangen. Auch hier haben den größten Zuwachs die Hersteller elektrischer Ausrüstungen, während der Material- und Teilemangel die Auto-Industrie weiterhin ausbremst. Was sich auch auf die Zulieferer auswirkt, wie Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer von Hessenmetall, betont: „Es ist wie ein Dominoeffekt, der dann Unternehmen betrifft, die eigentlich produzieren und liefern könnten.“
Die Politik sollte den Unternehmen helfen
Positiv ist auch, dass drei Viertel der Unternehmen inzwischen wieder verstärkt auf der Suche nach Fachkräften sind und dabei auch auf die duale Ausbildung setzen. Vor allem in der Produktion, aber auch für Aufgaben in Engineering, Service und IT sind qualifizierte Mitarbeiter gefragt.
Um die Erholung positiv zu unterstützen, richtet Mang einen Appell an die Politik: „Sie kann den Unternehmen bei den Herausforderungen helfen.“ Nach vielen Jahren überzogener Umverteilung und Reglementierung müsse die Ampel-Koalition Deutschland als Investitions- und Innovationsstandort für private Unternehmen stärken: durch generelle Senkung der Unternehmensteuern, Steuererleichterungen bei gezielter anwendungsbezogener Forschungsförderung und durch mehr Technologieoffenheit.
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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