München. Ja! Unbedingt! Auf jeden Fall! So positiv würden wohl die Antworten bei einer Straßenumfrage ausfallen, wenn es darum geht, ob man in Zukunft eine intakte Umwelt wünscht, relativen Wohlstand möchte sowie soziale Sicherheit bevorzugt. Und warum auch nicht: So gut, wie es uns heute geht, sollen es doch auch die zukünftigen Generationen haben!

Nachhaltigkeit ist das Stichwort, das uns dies garantiert. Doch wenn es darum geht zu entscheiden, was wir für diese Zukunft tun müssen, sind die Antworten schon weniger klar.

Nachhaltiges Wirtschaften ist Teil von Bayerns DNA

Die bayerische Wirtschaft hat diesen Weg für sich schon klar definiert: Sie setzt mit Innovationen auf Nachhaltigkeit. Wie das gelingt, zeigt die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) nun in einer breit angelegten Kampagne.

Warum aber ist das ein Thema für die Wirtschaft? „Nachhaltigkeit ist von jeher ein Markenzeichen der bayerischen Wirtschaft“, erklärt vbw-Präsident Wolfram Hatz. Der Begriff stammt sogar ursprünglich aus einem Zweig der Wirtschaft. Vor gut 300 Jahren hat ihn Hans Carl von Carlowitz eingeführt: Es ging darum, in der Forstwirtschaft nur so viel Holz aus dem Wald zu schlagen, wie auch durch planmäßige Aufforstung nachwächst.

Heute fasst man den Begriff weiter: Nachhaltigkeit besteht aus den drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Sie sind miteinander verwoben: Natürliche Rohstoffe werden verarbeitet und verkauft – Wirtschaftswachstum entsteht. Damit dies so bleibt, müssen die Rohstoffe auch in Zukunft verfügbar sein. Ökologische Nachhaltigkeit sichert also ökonomische Prozesse. Soziale Nachhaltigkeit und Stabilität sind zudem Bedingungen für Innovationen, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Wachstum.

Wo Wirtschaft floriert, ist auch Geld für Soziales und Umweltschutz da

Umgekehrt ist klar: Wo Wirtschaft floriert, ist Geld da. Das braucht man dringend, um soziale Sicherungssysteme zu stabilisieren sowie kostspielige Maßnahmen zu finanzieren, die wir im Kampf etwa gegen den Klimawandel benötigen.

Aus Sicht der Wirtschaft ist Bayern gut aufgestellt und hat das Potenzial, mit Kraft die Herausforderungen der Nachhaltigkeit anzugehen. Die Lebensbedingungen sind hier sehr gut. Im Freistaat herrscht ein hohes Beschäftigungsniveau, die Entgelte liegen über dem deutschen Durchschnitt.

Grund dafür ist eine leistungsstarke Wirtschaft, die sich in der Vergangenheit sehr gut im internationalen Wettbewerb behauptet hat und gute Jobs bietet. Für die Herausforderung des Klimaschutzes und der ökologischen Transformation sind die Betriebe gut gerüstet. Ihre Innovationskraft ist hoch, hier entstehen Produkte, die Umwelt und Klima helfen. Das Motto der Kampagne lautet daher auch „Zukunft. Made in Bavaria“.

Für die Kampagne haben sich 28 Mitgliedsverbände zusammengetan: von Hotellerie über Bau und Chemie bis hin zur Metall- und Elektro-Industrie. Denn Nachhaltigkeit betrifft alle.

Mehr Bewegung bei der Umsetzung der Vorhaben

Doch das gibt es nicht zum Nulltarif. Um nachhaltige Maßnahmen noch besser voranzutreiben, brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen: Das gilt für Förderung für Forschung und Innovationen etwa für Umwelt- und Klimaschutz-Technologien. Dann für den Ausbau regenerativer Energien inklusive erforderlicher Netze, um fossile Brennstoffe zu ersetzen. Und mehr Freiheit für unternehmerisches Denken und Handeln.

„Mit der Kampagne wollen wir für Innovationen ‚Made in Bavaria‘ begeistern und den Nutzen für jeden und jede deutlich machen“, sagt vbw-Präsident Hatz. So geben in der Kampagne viele Firmen Einblick in alles, was sie heute schon tun, damit die Zukunft im Land für uns alle lebenswert bleibt: zukunft-made-in-bavaria.de

Nachhaltigkeit in der Metall- und Elektro-Industrie

Wirtschaftsmotor: Die bayerische Metall- und Elektro-Industrie ist eine wissensorientierte Hochtechnologie- Branche und Motor am und für den Standort. Hier entstehen viele innovative Umwelt- und Klimatechnologien, die Voraussetzung dafür sind, dass Umwelt- und Klimaziele überhaupt erreicht werden können.

Internationalität: Die Branche ist stark exportorientiert. Der Wettbewerb ist sehr hart. Standortfaktoren müssen stimmen, damit Produktion konkurrenzfähig bleibt.

Beispiel Mekra Lang: Der Hersteller von Sichtsystemen für Nutzfahrzeuge aus Ergersheim sorgt mit Innovationen für ökonomische wie ökologische Nachhaltigkeit: Lkws verbrauchen etwa durch bestimmte Produkte weniger Sprit. Soziale Nachhaltigkeit wird großgeschrieben, für Mitarbeiter gibt es eine Betriebskita und Grundschule sowie eigenen Busverkehr.

Beispiel Siteco: Der Lichttechnologie-Experte aus Traunreut setzt bei Produkten auf Modularität. Das schont Ressourcen und ist für Kunden wirtschaftlich: Diese können die Alugehäuse ihrer Leuchten weiterverwerten und nur die Elektronik gegen innovativere Lösungen austauschen. Mit den mo- dernen LEDs lassen sich so etwa 80 Prozent Energie sparen.

Nachhaltigkeit im Verkehrssektor

Nachhaltiger Transport: Busse und Bahnen befördern viele Fahrgäste auf einmal – das ist extrem wirtschaftlich, spart enorme Ressourcen gegenüber dem Individualverkehr und ist klimafreundlich.

Herausforderung: Fahrzeugflotten müssen klimaneutral fahren, mit Ökostrom. Das bedeutet Elektrifizierung einerseits, aber auch Digitalisierung und Automatisierung, um etwa auf dem Land Busse bedarfsgerecht fahren zu lassen und „Leerfahrten“ zu vermeiden.

Beispiel: Die Nürnberger Verkehrsbetriebe (VAG) sind deutschlandweit einer der Vorreiter bei Elektro-Bussen. Schon im September hat die VAG die Busflotte knapp zur Hälfte auf Elektro-Busse umgestellt (92 von 200). Sie fahren mit Ökostrom. Auch bei Digitalisierung und Automatisierung ist die VAG vorn, seit Jahren gibt es die vollautomatische fahrerlose U-Bahn.

Nachhaltigkeit in der Glas-Industrie

Lange Tradition: Bayern ist eines der Glas-Ballungszentren in Deutschland. Viele Betriebe produzieren seit mehreren Hundert Jahren, haben sich stetig gewandelt.

Nachhaltigkeitsaspekt: Glas lässt sich gut recyceln, ist eine ressourcenschonende Alternative zu Plastikverpackungen. Isolierglas hilft, Räume zu heizen oder zu kühlen, Solarzellen produzieren Ökostrom. Glasherstellung ist aber energieintensiv, Glaswannen laufen mit Erdgas. Die Dekarbonisierung ist ein riesiges Thema.

Beispiel: Das Unternehmen Schott aus Mitterteich stellt etwa Glastuben für Impfstoff her. Es will bis 2030 klimaneutral produzieren, nutzt Ökostrom, experimentiert mit Wasserstoffbefeuerung, optimiert Prozesse mit künstlicher Intelligenz und Digitalisierung.

Nachhaltigkeit bei der Rohstoffgewinnung und in der Bau-Industrie

Überall drin: Mineralische Rohstoffe stecken in Straßen, Häusern, Kanalisation, Gärten, Laptops, Keramik, Glas, Zahnpasta … Allein in Bayern summiert sich das auf 150 Millionen Tonnen, davon verbraucht die Bauwirtschaft 120 Millionen Tonnen Kies, Schotter, Sand.

Recycling: Zwar lassen sich mineralische Rohstoffe gut recyceln, aber recyceltes Material kann bisher nur 5 Prozent des Rohstoffbedarfs decken.

Beispiel Zement: Der Rohstoff ist eines der wichtigsten Bindemittel der Bau-Industrie. Bei der Produktion entstehen große Mengen CO2. Das Zementwerk im bayerischen Rohrdorf betreibt seit September 2022 die erste CO2-Rückgewinnungsanlage, stellt aus dem Schadstoff Ameisensäure her, die die chemische Industrie verwertet. Bis 2038 soll Zement CO2-frei produziert werden.

Nachhaltigkeit in der Chemie-Industrie

Liefert Grundstoff: 95 Prozent aller Industrieerzeugnisse benötigen Produkte und Technologien aus der Chemie, auch etwa Mikrochips, Photovoltaik-Module.

Setzt CO2 ein: Als einzige Industrie verwertet die Chemie CO2 als Rohstoff: Sie macht aus dem Klimagas also einen Wertstoff, zum Beispiel in Form klimaneutraler Petrochemikalien oder als Treib- oder Kunststoff.

Beispiel: Alzchem aus Trostberg fertigt Spezialprodukte für die Landwirtschaft. Innovativ ist etwa ein Zusatz für die Güllelagerung, der Treibhausgasemissionen unterdrückt. Nachhaltigkeit ist integraler Bestandteil der Firma: Sämtliche Abfallstoffe, die deponiepflichtig sind, wurden beispielsweise fast bis auf null heruntergefahren. Das schont die Umwelt und ist ökonomisch, weil alles genutzt wird.

Nachhaltigkeit bei Tourismus und Gastronomie

Lebt von intakter Natur: Bayern ist Tourismusland Nummer eins – vor allem wegen der herrlichen Natur, aber auch aufgrund der intakten Verflechtung von Gastronomie und Hotellerie innerhalb der Gemeinden.

Standorttreue: Investitionen der Hotelbetriebe fließen direkt in heimisches Handwerk. Sie sind Beschäftigungsmotor und starke Arbeitgeber in den Regionen.

Beispiel: Das Landhotel Weißes Ross in Illschwang setzt auf Regionalität und kurze Lieferwege: Lebensmittel stammen von Höfen nebenan, lokale Handwerker gestalten die Räume. Seit 50 Jahren heizt das Hotel ökologisch mit Rest- und Schadholz-Hackschnitzeln aus heimischen Wäldern. Neuerdings versorgt es auch 60 umliegende Haushalte mit Nahwärme.

Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Formt die Natur: Land- und Forstwirte bewirtschaften in Bayern 80 Prozent der Fläche. Sie sind die größten Gestalter unserer heutigen Kulturlandschaft, entscheidend für Luft-, Wasser-, Boden- und Klimaschutz.

Lebt mit der Natur: Nur intakte Natur bringt langfristig wertvolle Nahrungsmittel aus der Region hervor. Davon lebt der Landwirt – und davon profitieren wir alle. Landwirte liefern auch große Teile des Ökostroms.

Modernste Technik: Auf dem Acker kommt digitale Technik nachhaltig zum Einsatz. Sie hilft etwa, Felder optimal zu nutzen, den Düngemitteleinsatz auf das Nötigste zu beschränken, Tiere optimal zu versorgen.

Beispiel: Der Huabahof in Königsdorf wirtschaftet mit Solarstrom CO2-frei und fast energieautark, speichert sogar überschüssige Energie. Die soll später in Wasserstoff verwandelt werden: So tankt der Traktor CO2-frei!

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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