Rohstoffe: So viele braucht und besitzt Deutschland

Bei Energierohstoffen ist die Republik stark von Importen abhängig

Richtig viele Rohstoffe hat Deutschland nicht. Kaum ein Ereignis hat das so klar gezeigt wie der Ukraine-Krieg. Plötzlich kam das Erdgas aus Russland nicht mehr. Der Mangel trieb die Energiepreise hoch. Andere Lieferländer mussten einspringen, neue Lieferanten gewonnen, Infrastruktur aufgebaut werden. Auch bei Materialien für Elektromobilität, Energiewende und Zukunftstechnologien ist Deutschland stark auf einzelne Lieferländer angewiesen.

Dabei haben wir durchaus eigene Rohstoffe zu bieten: Braun- und Steinkohle, Sand und Kies, Natursteine, Salz und Kali. Es gibt große und kleine Rohstoff-Unternehmen, Tagebaue, Gruben, Steinbrüche, mehr als 30 Bergwerke und Förderanlagen für Erdöl und Erdgas!

Aber bei Energierohstoffen ist Deutschland massiv abhängig: „Ein großer Teil der fossilen Energie wird importiert – bis Ende 2021 kam sie überwiegend aus Russland“, schreibt die Bundesregierung. „Seit September 2022 wird kein russisches Erdgas mehr über Pipelines direkt nach Deutschland geliefert. Wir bekommen stattdessen erhöhte Erdgaslieferungen aus Norwegen und den Niederlanden sowie zusätzliche Flüssiggas-Importe.“

Terminals sollen Import von verflüssigtem Erdgas ermöglichen

Das verflüssigte Erdgas, sogenanntes LNG, wird etwa aus den USA per Tanker übers Meer hertransportiert. Für den Import wurden in Windeseile schwimmende Terminals herbeigeschafft, die das Flüssigerdgas wieder verdampfen und ins Gasnetz einspeisen. Solche Terminals gibt es in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin an der Ostsee. Drei weitere sollen noch hinzukommen, einer davon in Stade.

LNG-Gas ist allerdings teurer als per Pipeline geliefertes Gas. Deshalb wird auch wieder über eine Erhöhung der eigenen Förderung diskutiert. Etwa fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas holen Unternehmen wie ExxonMobile oder Wintershall Dea hierzulande jedes Jahr aus dem Boden, Tendenz abnehmend.

Durch Fracking könnte Deutschland viel mehr Erdgas fördern

Tatsächlich ließe sich bei uns viel mehr Erdgas gewinnen. Dazu müssten die Firmen jedoch die umstrittene und verbotene Methode des Fracking einsetzen. Dabei werden mit Druck Risse in gashaltigen Gesteinsschichten erzeugt, damit das Gas abströmen kann. Gewaltige Reserven (geschätzte 1.000 Milliarden Kubikmeter) liegen in Niedersachsen, am Oberrhein und unter Rügen. Mit wenigen Jahren Vorlaufzeit ließen sich daraus zusätzlich 15 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr fördern. So könnte Deutschland ein Fünftel seines Jahresbedarfs selbst gewinnen.

Auch Erdöl gibt es in Deutschland, vor allem in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Das größte Erdölfeld liegt unter dem Wattenmeer der Nordsee. Die Bohrinsel Mittelplate von Wintershall Dea liefert fast 60 Prozent der hierzulande geförderten 1,8 Millionen Tonnen Öl. Die decken aber nur 2 Prozent des heimischen Bedarfs. Rund 90 Millionen Tonnen importiert Deutschland aus Norwegen, Großbritannien, Kasachstan und den USA.

Mit dem Verstromen von Braunkohle soll 2038 Schluss sein

Der nächste wichtige Energierohstoff ist die Braunkohle. Hier ist Deutschland nach China global der zweitgrößte Erzeuger. Insgesamt 126 Millionen Tonnen bauten die Unternehmen RWE Power, Lausitz Energie (Leag) und Mibrag 2021 ab. Mit Braunkohle wird Strom erzeugt. Das ist allerdings sehr klimaschädlich. Weil Deutschland klimaneutral werden will, ist der Ausstieg aus dem Energieträger beschlossene Sache. Bis spätestens 2038 sollen die letzten Kraftwerke vom Netz gehen. Der RWE-Konzern will seine Braunkohleblöcke in Nordrhein-Westfalen bereits im Jahr 2030 ausschalten.

Mit Steinkohle wird ebenfalls Strom produziert. Auch damit soll bis 2038 Schluss sein. Zudem dient Kohle zur Koksproduktion für die Stahlerzeugung. Zwar gibt es hierzulande noch gewaltige Steinkohle-Reserven im Boden, aber der Abbau ist nicht wettbewerbsfähig. Deshalb importiert Deutschland rund 40 Millionen Tonnen Steinkohle- und Kohleprodukte im Jahr, vor allem aus den USA, Kolumbien und Australien.

Bei Rohstoffen für die Energiewende ist Deutschland oft abhängig

Die Energiewende wird die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen verringern. Dafür wächst die von den Rohstoffen, die für Elektromotoren, Akkus, Windanlagen oder Mikrochips nötig sind. Laut einer Studie der Beratungsfirma Ernst & Young ist Deutschland bei 39 von 44 strategischen Rohstoffen für Zukunftstechniken auf Importe angewiesen, auch bei den wichtigen seltenen Erden. Kobalt für Elektroden von Akkus (Minuspol) liefern Länder wie Kongo und China, Lithium Australien, Chile und China.

Aber auch Deutschland verfügt über Lithium! Zum Beispiel tief unter dem Oberrheingraben. Von dort will das Unternehmen Vulcan Energie das Leichtmetall mithilfe von Thermalwasser fördern. Und im Erzgebirge will es die Deutsche Lithium im Bergwerk abbauen.

Eisenerz für die Stahlerzeugung wird importiert, überwiegend aus Südafrika, Brasilien und Kanada. Zudem verwendet die Branche viel recycelten Stahlschrott. Thyssenkrupp, ArcelorMittal, Salzgitter und Co. erzeugen insgesamt 40 Millionen Tonnen Stahl im Jahr, die vor allem in Bau- und Auto-Industrie und in den Maschinenbau gehen. Aluminium für den Leichtbau von Autos oder Verpackungen (Alufolie) erzeugen Hersteller wie Trimet, Hydro Aluminium oder Alunorf. Den Rohstoff Bauxit liefern Australien, China und Guinea.

Nachwachsende Rohstoffe in Deutschland großenteils für Biogas und Biosprit genutzt

Aus heimischem Abbau kommen dagegen jährlich 18 Millionen Tonnen Salz, Kali und Sole. Gewonnen werden sie in 14 Bergwerken und sechs Salinen. Große Hersteller sind die K+S und die Südwestdeutschen Salzwerke. Hauptabnehmer ist die Chemie-Industrie, die es für 10.000 Produkte verwendet, von Chemikalien über Kunst- und Arzneistoffe bis zu Dünger.

Schließlich werden auf 2,6 Millionen Hektar Ackerland nachwachsende Rohstoffe angebaut. Auf über der Hälfte der Flächen wachsen Mais, Getreide, Zuckerrüben für die Erzeugung von Biogas. Zudem bauen Landwirte Raps für Biodiesel sowie Getreide für Bioethanol an. Zu den nachwachsenden Rohstoffen zählt auch Zellulose für die Papier- und Textil-Industrie. Pflanzenöle werden als Rohstoff für Kosmetik, Schmierstoffe, Seifen oder Lacke genutzt.

Übrigens: Die größte Menge Rohstoff erzeugt die Bau-Steine-Erden-Industrie, fast 600 Millionen Tonnen Sand, Kies und Steine im Jahr.

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