Berlin. Die Regel ist an sich ja nicht neu: Wer in einem Kalenderjahr mehr als 410 Euro an Lohnersatzleistungen bekommt, muss im Folgejahr stets eine Steuererklärung machen. Neu ist aber, dass das dieses Mal viele Millionen Menschen betrifft!

Die Pflicht gilt jetzt praktisch für alle, die 2020 Kurzarbeitergeld erhalten haben. Sie gilt aber auch bei Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz, etwa wegen der coronabedingten Kita-Schließungen. Und sie gilt wie gewohnt für die Bezieher von Arbeitslosengeld, Elterngeld und/oder (Kinder-) Krankengeld.

Der Progressionsvorbehalt erhöht den persönlichen Steuersatz: Das kann zu Nachzahlungen führen!

Aber warum muss man nach Lohnersatzleistungen eigentlich eine Steuererklärung machen, wieso diese gesetzliche Vorgabe? „Das liegt daran, dass all diese formal ‚steuerfreien‘ Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterliegen“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. „Dies führt dazu, dass das restliche Einkommen im Nachhinein mit einem etwas höheren Steuersatz belastet wird.“

410 Euro pro Jahr sind der strenge Grenzwert: Wer mehr Kurzarbeitergeld bekommt, muss eine Steuererklärung abgeben

Dabei geht es letztlich um soziale Gerechtigkeit: Wer mehr verdient, zahlt in unserem Sozialstaat dafür auch mehr Steuern – und das nicht etwa nur in Euro und Cent, sondern als steigende Quote der Einkünfte. Dafür sorgt der „progressive“ Einkommensteuertarif, der zu mehr Verteilungsgerechtigkeit führen soll. Nun mal angenommen, jemand verdient 50.000 Euro im Jahr: Sollte er mehr Einkommensteuer bezahlen als der von Kurzarbeit betroffene Kollege, der 30.000 Euro Lohn und dazu 20.000 Euro Kurzarbeitergeld bekommen hat? Das wäre wohl irgendwie ungerecht. Deshalb also der Progressionsvorbehalt, der im Nachhinein für einen gewissen Ausgleich sorgt.

Von Kurzarbeit betroffene Ehepaare sollten prüfen, ob die Einzelveranlagung Steuern spart

Und deswegen gibt es für 2020 eben oft weniger Geld zurück als erwartet. In vielen Fällen müssen sogar Steuern nachgezahlt werden! „Das gilt zum Beispiel für viele Singles in Teil-Kurzarbeit, die also in mindestens einem Monat sowohl Lohn als auch Kurzarbeitergeld bekommen haben“, sagt Klocke.

Bei Ehepaaren wiederum kann ein erlaubter Trick helfen: „Hat mindestens ein Partner nennenswerte Lohnersatzleistungen erhalten, kann eine Einzelveranlagung günstigere Ergebnisse bringen als die gewohnte Zusammenveranlagung“, so die Expertin. Den direkten Vergleich der beiden Varianten leisten gute Steuerprogramme für den PC und natürlich steuerberatende Experten.

Die neue Homeoffice-Pauschale bringt in vielen Fällen gar nichts

Nicht vom Progressionsvorbehalt betroffen ist allerdings der Corona-Bonus von bis zu 1.500 Euro, den Betriebe extra zahlen konnten. „Diese Prämie ist tatsächlich komplett steuerfrei, wenn sie zusätzlich zum Lohn fließt“, so Klocke. „So eine Sonderzahlung muss nicht in der Steuererklärung angegeben werden.“ Die neue Anlage „Corona-Hilfen“ richtet sich denn auch nur an Gewerbetreibende und Selbstständige.

Es gibt aber noch einen zweiten wichtigen Grund dafür, dass die Steuererstattung 2020 geringer ausfällt als gewohnt. Und auch dieser Punkt hat direkt mit der Pandemie zu tun: Wenn man im Vorjahr häufig im Homeoffice statt im Betrieb gearbeitet hat, bleiben unter dem Strich in vielen Fällen weniger Werbungskosten, die man absetzen kann. Denn die neue Homeoffice-Pauschale – 5 Euro pro Tag, maximal 600 Euro pro Jahr – wird auf die allgemeine Werbungskostenpauschale in Höhe von 1.000 Euro angerechnet, sie kommt also nicht etwa obendrauf. Ein ausführlicher aktiv-Bericht erklärt die Regeln zur Homeoffice-Pauschale genauer.

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Dauerhafter Steuervorteil: Ab 2020 gibt es deutlich mehr Entlastung für Alleinerziehende

Es gibt aber eine weitere Neuerung, die allen Betroffenen hilft: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist wegen der Corona-Krise mehr als verdoppelt worden. Ab 2020 beträgt er bei einem Kind 4.008 Euro (für jedes weitere Kind kommen wie bisher 240 Euro dazu).

Bei den Steuerformularen hat sich für Arbeitnehmer im Vergleich zum Vorjahr nicht viel verändert. Es gibt eine neue Anlage „Energetische Maßnahmen“ für alle Immobilienbesitzer: Wer das Haus oder die Wohnung energieeffizient saniert, kann seit 2020 sehr viel Steuern sparen – bis zu 40.000 Euro! Ausführlich erklären wir das in einem separaten aktiv-Bericht über den neuen Steuerbonus für die energetische Sanierung.

Und dann gibt es noch eine Änderung: Für die Abgabe der Steuererklärung des Corona-Jahres 2020 hat man ausnahmsweise mehr Zeit. „Bis zum 1. November 2021 muss die Steuererklärung beim Finanzamt eingegangen sein“, erklärt der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine. Dies gelte für alle Steuerpflichtigen, die zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind und die Steuererklärung auf eigene Faust machen. Helfen der Steuerberater oder ein Lohnsteuerhilfeverein, ist der Stichtag für die Abgabe der Steuererklärung 2020 sogar erst der 31. Mai 2022.

Software: Programme und Apps für die Steuererklärung

Die Steuererklärung für 2020 ist aus mehreren Gründen ganz anders als gewohnt. Beim Ausfüllen helfen zahlreiche Programme und inzwischen auch Apps, von denen aber längst nicht alle etwas taugen. Die Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ hat sich kürzlich durch das breite Angebot getestet: Demnach sind bei den Programmen für den PC die Klassiker „Wiso-Steuer-Sparbuch“, „Steuer-Spar-Erklärung“ sowie „Tax“ besonders zu empfehlen. Bei den Apps genügt der „Steuerbot“ für einfache Steuerfälle. Bei den Browser-Angeboten, die man ohne Installation bedienen kann, überzeugten „Smartsteuer“ sowie der „Steuerfuchs“.

Die hier erwähnten Software-Lösungen kann man für jeweils etwa 20 bis 30 Euro nutzen. Noch günstiger geht es etwa per Ebay, wo gebrauchte Programm-CDs fürs Steuerjahr 2020 schon munter gehandelt werden.

Kinderbetreuungskosten: Zuschüsse der Firma kann man nicht absetzen

Berufstätige Eltern können ihre Ausgaben zum Beispiel für den Kindergarten, eine Tagesmutter oder auch die Nachmittagsbetreuung in der Grundschule von der Steuer absetzen. Solche Kinderbetreuungskosten zählen nicht zu den diversen Werbungskosten, sondern zu den Sonderausgaben. Aber nur zwei Drittel der Aufwendungen werden anerkannt, bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 Euro im Jahr für jedes Kind unter 14 Jahren.

So weit, so bekannt. Aber was gilt eigentlich, wenn man von der Firma steuerfreie Zuschüsse etwa zu den Kita-Kosten bekommt? Diese Frage hat der Bundesfinanzhof beantwortet: Solche Zuschüsse muss man von den absetzbaren Kinderbetreuungskosten abziehen. Denn: „Der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.“  Urteil vom 14. 4. 21, III  R  30/20.

Thomas Hofinger
Chef vom Dienst aktiv

Thomas Hofinger schreibt über Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik – und betreut die Ratgeber rund ums Geld. Nach einer Banklehre sowie dem Studium der VWL und der Geschichte machte er sein Volontariat bei einer großen Tageszeitung. Es folgten einige Berufsjahre als Redakteur und eine lange Elternzeit. 2006 heuerte Hofinger bei Deutschlands größter Wirtschaftszeitung aktiv an. In seiner Freizeit spielt er Schach und liest, gerne auch Comics.

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