Jeden Monat zahlen Beschäftigte Steuern. Bei Minijobbern führt der Arbeitgeber die Steuer pauschal ab, bei Festangestellten die Lohnsteuer quasi als Vorauszahlung auf die jährliche Einkommensteuer. Im Grunde genommen ist die jährliche Einkommensteuer also durch diese Vorauszahlungen schon bezahlt und eine Steuererklärung deshalb nicht verpflichtend. Sie kann sich aber lohnen! Denn in vielen Fällen erhalten Beschäftigte Geld zurück, im Durchschnitt sogar um die 1.000 Euro! Es gibt aber auch Fälle, in denen es Pflicht ist, eine Steuererklärung abzugeben. Wann das so ist und welche Fristen zu beachten sind, erklärt Erich Nöll, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine.
Vorweg: Eine Erklärung macht besonders für Menschen mit hohen Ausgaben Sinn, zum Beispiel Werbungskosten, die über dem Pauschbetrag von 1.230 Euro liegen, haushaltsnahe Dienstleistungen, Handwerkerkosten oder außergewöhnliche Belastungen. Auch Sonderausgaben wie Spenden und Beiträge zur (zusätzlichen) Altersvorsorge können sich bei der Steuererstattung auszahlen.
Wer alles zu einer Steuererklärung verpflichtet ist
„Ganz grob lässt sich sagen, dass der Staat nur in den Fällen auf eine Steuererklärung verzichtet, in denen er nicht erwartet, dass der Steuerbürger noch etwas nachzahlen muss. Anders gesagt: Er verzichtet regelmäßig nur, wenn zu erwarten ist, dass die Steuerschuld bezahlt ist. Zur Abgabe der Steuererklärung ist der Arbeitnehmer aber bei bestimmten Sachverhalten verpflichtet, aufgrund derer im Laufe des Jahres zu wenig Steuern gezahlt worden sein könnten“, fasst Nöll zusammen.
Eine Abgabepflicht besteht aus verschiedenen Gründen bei den Steuerklassen III, V, VI und IV mit Faktor. Auch Rentnerinnen und Rentner müssen regelmäßig eine Steuererklärung abgeben. Ledige Angestellte mit Steuerklasse I und Verheiratete mit den Klassen IV und IV, wenn sie keine weiteren Einkünfte haben, machen die Erklärung dagegen freiwillig.
Wer aufgrund seines geringen Gehalts mit dem zu versteuernden Einkommen unter einer bestimmten Grenze bleibt, ist ebenfalls von der Abgabepflicht ausgenommen. Für Singles liegt der Grundfreibetrag 2023 bei 10.908 Euro, für Verheiratete verdoppelt er sich auf 21.816 Euro.
Die Steuerklassen im Detail
Ehepaare, die zusammen veranlagt werden, müssen eine Steuererklärung abgeben, wenn einer von beiden seinen Lohn in der Steuerklasse V oder VI versteuert oder falls sich das Paar in der Steuerklasse IV den sogenannten „Faktor“ hat eintragen lassen. Für Ehepartner, die beide die Steuerklasse IV haben, bleibt die Erklärung freiwillig. Nöll: „Gerade in diesen Fällen lohnt sich aber häufig eine Steuererklärung, denn in aller Regel erhält man eine Erstattung vom Finanzamt.“ Wer einen Zweitjob und dadurch die Klasse VI hat, ist ebenso zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.
Steuererklärung auch bei Lohnersatzleistungen über 410 Euro
Außerdem muss jeder eine Steuererklärung machen, der durch Lohnersatzleistungen wie etwa Kurzarbeiter-, Arbeitslosen-, Kranken- oder Elterngeld mehr als 410 Euro im Jahr erhalten hat. Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II zählen nicht dazu. Auch für Menschen, die aus einer selbstständigen Tätigkeit oder gelegentlichen Mieteinnahmen in einem Jahr mehr als 410 Euro dazuverdient haben, ist eine Steuererklärung Pflicht. „Entscheidend sind die Einkünfte, also die Einnahmen abzüglich der Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben“, präzisiert Experte Nöll.
Fristen beachten
Die Steuererklärung für das Jahr 2023 muss spätestens am 2. September 2024 abgegeben werden. Hilft ein Lohnsteuerhilfeverein oder ein Steuerberater, ist noch bis zum 2. Juni 2025 Zeit. Im kommenden Jahr ist der Stichtag der 31. Juli 2025, dann laufen die gewährten Verlängerungen wegen der Corona-Auswirkungen aus. Wer freiwillig eine Steuererklärung abgeben möchte, hat dazu übrigens bis zu vier Jahre Zeit.
Was passiert, wenn ich die Erklärung nicht abgebe?
„Wenn Sie zu einer Steuererklärung verpflichtet sind, diese aber nicht abgeben, erhalten Sie vom Finanzamt zunächst eine Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung. Wird diese missachtet, erfolgt eine Mahnung“, beschreibt Nöll. Erfolgt weiterhin keine Abgabe der angeforderten Steuererklärung, werden die Angaben regelmäßig geschätzt und ein Verspätungszuschlag festgesetzt. Trotz eines Schätzungsbescheids wird man jedoch nicht von der Einreichung einer Steuererklärung befreit.
Hilfe in Anspruch nehmen
Wer unsicher ist, was bei der Steuer alles zu berücksichtigen ist, sollte sich Hilfe bei einem Fachmann (Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein (bvl-verband.de)) holen. Hilfreich können auch Steuerprogramme sein, die beim Ausfüllen der Formulare helfen. Wem die Steuererklärung aufgrund vieler Ausnahmeregelungen zu komplex erscheint, ist vermutlich beim Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein besser aufgehoben.
Tanja Wessendorf berichtet für aktiv aus der Industrie und schreibt über Verbraucherthemen. Sie studierte in Berlin Politikwissenschaft und volontierte in Hamburg bei der Tageszeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“. Seit 2008 arbeitet sie als Redakteurin, viele Jahre in der Ratgeber-Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, aber auch beim TV-Sender Phoenix. Privat liebt sie alles, was schnell ist: Kickboxen, Eishockey und laufen mit ihrem Hund.
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