Berlin. Bei vergleichsweise jungen Eltern ist die Sache ganz einfach. Für jedes ab dem Jahr 1992 geborene Kind bekommen die Mutter und/oder der Vater zusätzliche Rentenpunkte: Insgesamt drei Jahre Erziehungszeit werden pro Kind angerechnet. Das bringt später immerhin so viel Rente wie drei Jahre Arbeit mit durchschnittlichem Verdienst. Wie die Erziehungszeiten für die Rente genau funktionieren, lesen Sie auch auf aktiv-online.de.

Von allein passiert da allerdings gar nichts, man muss diese Erziehungszeit(en) beantragen. Oft geschieht das erst im Rahmen der sogenannten Kontenklärung. Junge Väter, die in Elternzeit gehen wollen, sollten allerdings sofort aktiv werden.

Die Mütterrente ist eine milliardenschwere Belastung der Sozialkassen

Bei den schon älteren Eltern wiederum hat sich mehrmals etwas geändert. Für jedes vor 1992 geborene Kind gab es früher nur ein Jahr Erziehungszeit, seit 2014 sind es zwei Jahre pro Kind. Diese Verdoppelung wurde damals politisch als „Mütterrente“ bekannt. Sie wurde wegen der dauerhaft milliardenschweren Lasten für den Sozialstaat zwar von vielen Experten bekämpft – aber am Ende doch beschlossen. 2018 wurde die Mütterrente dann sogar noch aufgestockt: Seit Anfang 2019 gibt es für die bis 1991 geborenen Kinder jeweils zweieinhalb Jahre Erziehungszeit. aktiv erklärt, was das für wen bedeutet.

Die Mütterrente: Tipp für Rentnerinnen

Frauen, die schon eine Rente beziehen, bei der die Erziehungszeiten berücksichtigt sind, müssen nichts tun. Sie bekommen einfach automatisch mehr Rente. Rückwirkend zum 1. Januar 2019 erhielten alle Renten einen Zuschlag von einem halben persönlichen Entgeltpunkt für jedes vor 1992 geborene Kind.

Die Mütterrente: Tipp für Seniorinnen ohne eigene Rente

Für einen eigenen Rentenanspruch benötigt man mindestens fünf Beitragsjahre. Diese Voraussetzung erfüllen seit 2019 auch Frauen, die nie gearbeitet, aber früher zwei Kinder großgezogen haben – und damit nun auf genau fünf Beitragsjahre kommen. Sie sollten also schleunigst einen Rentenantrag stellen.

Einer altgedienten Hausfrau und Mutter eines Einzelkindes wiederum fehlen noch zweieinhalb Beitragsjahre. Die kann sie sich aber kaufen – durch Nachzahlung von Beiträgen! Mit einer Überweisung von etwas mehr als 2.900 Euro kann unsere Beispielmutter Anspruch auf eine Rente von fast 108 Euro im Monat erwerben! „Die Einmalzahlung rentiert sich so bereits nach weniger als drei Jahren“, bestätigt die Deutsche Rentenversicherung Bund.

Die Mütterrente: Tipp für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Mütter oder Väter, die im Beruf stehen und ihre Kindererziehungszeiten schon geltend gemacht haben, müssen aktuell nichts tun. Alle anderen Beschäftigten mit Kindern sollten sich bei Gelegenheit mal um die erwähnte Kontenklärung kümmern. Kostenlose Auskunft darüber gibt die Rentenversicherung unter der Rufnummer 0800 – 1000 4800.

Fallen die Erziehungszeiten mit Beitragszeiten aus einer Beschäftigung zusammen, kann das rechnerisch die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen: In einem solchen Fall bringt die Mütterrente den Erziehenden, die jetzt noch arbeiten, weniger Geld als den Müttern, die heute schon in Rente sind.

Die Mütterrente: Tipp für geschiedene Männer

Auch Väter können direkt von der Mütterrente profitieren. Sind sie bis Sommer 2009 von der Mutter ihrer Kinder geschieden worden, lohnt es sich eventuell, den Versorgungsausgleich neu berechnen zu lassen. Aber Achtung, so eine Abänderung kann im Gesamtergebnis auch zu Lasten den Antragsstellers wirken! Das sollte daher in jedem Einzelfall vorab von einem Experten geprüft werden.

Die Mütterrente: Tipp für Witwer

Dank der Mütterrente können sogar Witwer Extra-Geld aus der Rentenkasse bekommen, wenn ihre Gattin schon lange tot ist und selbst gar keine Rente bezogen hatte. Denn die Wartezeit für eine Witwerrente aus der Versicherung einer verstorbenen zweifachen Mutter kann nun erfüllt werden, auch wenn die Frau zu Lebzeiten nie berufstätig war. Hiervon kann ihr Mann profitieren – aber auch hier gilt: nur auf Antrag. Voraussetzungen, so die Deutsche Rentenversicherung Bund: Die Frau ist nach 1985 gestorben und der Witwer hat nicht wieder geheiratet. Außerdem wird, wie bei Hinterbliebenenrenten ja allgemein üblich, das eigene (Gesamt-) Einkommen des Rentners angerechnet.

Leserfrage: Gibt es die Mütterrente auch im Ausland?

Caviye K. per Online-Kontaktformular: Ich habe ab 1968 in Deutschland gearbeitet und dort dann drei Kinder geboren. 1983 bin ich in die Türkei zurückgekehrt. Habe ich Anspruch auf eine deutsche Mütterrente?

Antwort vom Experten: Zunächst ist interessant zu wissen: Die folgende Antwort gilt allgemein, also unabhängig vom aktuellen  Wohnsitz und der Staatsangehörigkeit! Das erklärt Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Und die Antwort lautet: Ja – vermutlich haben Sie Anspruch auf eine eigene Regelaltersrente. „Grundsätzliche Voraussetzung dafür ist eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren“, so Manthey, „dabei werden in Deutschland zurückgelegte Zeiten der Kindererziehung angerechnet.“ Allein durch die drei Kinder könnte die  Mindestversicherungszeit also erfüllt sein, dafür müssen aber noch andere Aspekte des Einzelfalls überprüft werden. „Eine Rentenantragstellung ist jedenfalls zu empfehlen“, sagt der Experte.

Thomas Hofinger
Chef vom Dienst aktiv

Thomas Hofinger schreibt über Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik – und betreut die Ratgeber rund ums Geld. Nach einer Banklehre sowie dem Studium der VWL und der Geschichte machte er sein Volontariat bei einer großen Tageszeitung. Es folgten einige Berufsjahre als Redakteur und eine lange Elternzeit. 2006 heuerte Hofinger bei Deutschlands größter Wirtschaftszeitung aktiv an. In seiner Freizeit spielt er Schach und liest, gerne auch Comics.

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