Berlin. Wenn der Ehepartner, der Vater, die Mutter stirbt, ist das für die Angehörigen immer tragisch. Oft kommen zur Trauer noch finanzielle Sorgen, wenn durch den Todesfall ein wichtiges Einkommen wegfällt. Um zumindest diese Nöte etwas zu mildern, zahlt die gesetzliche Rentenversicherung an die Witwe oder den Witwer eine Hinterbliebenenrente. Falls der Verstorbene junge Kinder hinterlässt, können auch sie eine Rente bekommen.

Wer eine Witwen- oder Witwerrente beantragt, muss einige Voraussetzungen erfüllen: Zum einen müssen der Angehörige und der Verstorbene bis zum Tod miteinander verheiratet gewesen sein. Zum anderen muss der verstorbene Ehepartner mindestens fünf Jahre Rentenbeiträge gezahlt oder bereits eine Rente bezogen haben. Außerdem muss die Ehe im Regelfall wenigstens ein Jahr bestanden haben.

Im „Sterbevierteljahr“ ist das eigene Einkommen egal

Zunächst gibt es dann eine spezielle Sozialleistung, die bei uns selbst Millionäre bekommen können: das sogenannte Sterbevierteljahr. Für die auf den Sterbemonat des Ehepartners folgenden drei Monate bekommt man als Witwenrente stets eine Rente in der gleichen Höhe, in der sie auch der verstorbene Versicherte bekommen hätte. Das eigene Einkommen wird dabei überhaupt nicht angerechnet.

Große oder kleine Witwenrente, je nach Alter

Unterschieden wird ansonsten zwischen kleiner und großer Witwenrente. Welche Variante der Hinterbliebene bekommt, hängt von dessen Alter ab.

„Eine kleine Witwenrente erhält, wer noch keine 47 Jahre alt ist, nicht selbst erwerbsgemindert ist und kein Kind erzieht“, erklärt dazu die Deutsche Rentenversicherung Bund. Nach dem sogenannten neuen Recht, das seit 2002 gilt, beträgt die kleine Witwenrente 25 Prozent des Rentenanspruchs des Verstorbenen, die Bezugsdauer ist auf zwei Jahre beschränkt.

Eine große Witwenrente dagegen kann beanspruchen, wer schon mindestens 47 ist oder ein minderjähriges Kind erzieht oder erwerbsgemindert ist. Dann gibt es 55 Prozent des Rentenanspruchs des Verstorbenen. Wer Kinder unter drei Jahren zu versorgen hat oder in der Vergangenheit zu versorgen hatte, bekommt einen Zuschlag. Ein Abschlag wird hingegen angesetzt, wenn der Verstorbene noch keine 65 Jahre alt war.

Achtung: Eigene Einkünfte werden auf eine Witwenrente anteilig angerechnet, können sie also reduzieren! „Zu diesen Einkünften zählen außer dem eigenen Gehalt zum Beispiel Vermögenseinkünfte, eigene Rentenzahlungen oder Elterngeld.“ Es gibt jedoch auch eine gute Nachricht: Hier gilt ein Freibetrag, bis zu dem eigene Einkünfte nicht angerechnet werden. Dieser wurde zum 1. Juli 2023 erhöht und gilt nun für Gesamtdeutschland: Sofern die Einkünfte 992,64 Euro monatlich nicht übersteigen, wirken sie sich nicht auf die Höhe der Hinterbliebenenrente aus. Doch aufgepasst: Dies ist ein Netto-Freibetrag. Um den zu ermitteln, zieht die Rentenversicherung vom Brutto-Verdienst pauschal 40 Prozent ab, er entspricht damit also nicht dem steuerlichen Nettoverdienst. So würde sich beispielsweise ein Brutto-Einkommen von 1.600 Euro nicht auf die Höhe der Rentenzahlung auswirken, weil das anzurechnende Netto-Einkommen in dem Fall bei 960 Euro liegt und damit unter dem Freibetrag bleibt.

Das alte Recht war noch großzügiger

In vielen Fällen gilt allerdings auch weiterhin noch das frühere, alte Recht für die Witwenrenten – nämlich dann, wenn die Ehe vor 2002 geschlossen wurde und mindestens ein Ehepartner vor dem 2.Januar 1962 geboren ist. Und nach altem Recht half die Rentenkasse noch großzügiger: So wird in den betreffenden Fällen die kleine Witwenrente ohne zeitliche Begrenzung gezahlt, die große Witwenrente beträgt 60 Prozent des Rentenanspruchs des Verstorbenen. Auch in weitere Details gibt es Unterschiede, etwa bei der Anrechenbarkeit der eigenen Einkünfte.

Bei neuer Heirat läuft der Anspruch aus

Der Anspruch auf Witwenrente kann auch wieder verloren gehen, etwa bei einer erneuten Heirat. Als Finanzspritze fürs neue Eheglück kann die Witwe oder der Witwer jedoch eine Rentenabfindung beantragen: Diese beträgt das 24-Fache der durchschnittlichen Rentenzahlung der vergangenen zwölf Monate. Bei einer kleinen Witwenrente fällt diese Abfindung niedriger aus.

Die Waisenrente gibt es bis zum Ende der Ausbildung

Hinterlässt ein Verstorbener Kinder, so haben sie einen Anspruch auf Waisenrente. Die wird in der Regel bis zum 18. Geburtstag gezahlt. Befindet sich das Kind dann noch in der Schul- beziehungsweise Berufsausbildung oder macht einen Freiwilligendienst, kann die Zahlung bis zum 27. Geburtstag verlängert werden.

Bei Halbwaisen beträgt die Rente 10 Prozent des Rentenanspruchs des Verstorbenen. Sind sogar schon Vater und Mutter verstorben, gibt es 20 Prozent. Dazu kommt noch ein Zuschlag, der sich nach den Rentenversicherungszeiten der verstorbenen Elternteile richtet.

Den Antrag auf Hinterbliebenenrente kann man auch rückwirkend stellen

Für alle Hinterbliebenenrenten gilt: „Man muss sie beim jeweiligen Rentenversicherungsträger beantragen“, betont Experte von der Heide. Dies geht immerhin bis zu zwölf Monate rückwirkend. War der Verstorbene noch berufstätig, besteht der Rentenanspruch ab dem Todestag, ansonsten frühestens ab dem darauffolgenden Monat.

Leider sind die gesetzlichen Regeln, die aktiv hier im Grundsatz erklärt hat, im Detail sehr, sehr viel kniffliger! So können zum Beispiel auch Geschiedene eine Rente bekommen, wenn sie ein Kind erziehen und ihr Ex-Ehepartner stirbt (das ist die sogenannte Erziehungsrente). Für tatsächlich von einem Todesfall Betroffene empfiehlt sich daher stets die kostenlose Broschüre der Rentenversicherung (deutsche-rentenversicherung.de/hinterbliebenenrente) zu dem traurigen Thema.

Leserfragen

Wie lange muss man verheiratet sein, um Witwenrente zu bekommen?

Karl-Heinz K. aus Bremen:  Wie lange muss man eigentlich verheiratet sein, um Anspruch auf die große Witwenrente zu bekommen?

aktiv: Für alle seit 2002 geschlossenen Ehen gilt: Der hinterbliebene Ehepartner hat im Prinzip nur dann Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, wenn die Ehe mindestens ein Jahr Bestand hatte. Es kann aber Ausnahmen geben: zum Beispiel, wenn ein Unfall zum Tod des Partners geführt hat. Oder auch, wenn der Hinterbliebene ein minderjähriges Kind des Verstorbenen erzieht. Im Einzelfall geht es jeweils darum, dass eine reine „Versorgungsehe“ ausgeschlossen werden soll – was im Zweifel gerichtlich überprüft wird.

Ob es am Ende aber eine große oder nur eine kleine Witwenrente gibt, hängt nicht von der Dauer der Ehe ab, sondern von ganz anderen Faktoren.

Wann wird die Witwenrente gekürzt?

Jürgen Sch. per Online-Kontaktformular: Beim Anrechnen auf eine Witwenrente bleiben rund 1.400 Euro außen vor, haben Sie 2019 berichtet. Ist das nun das Netto- oder das Bruttogehalt?

aktiv: Der Bruttobetrag. Seit Juli 2022 darf ein Witwer oder eine Witwe in den alten Bundesländern sogar bis zu 1.585 Euro im Monat verdienen, ohne dass es zu einer Kürzung der Hinterbliebenenrente kommt – vorausgesetzt, es gibt nicht noch andere Einkünfte. Das erklärt die Deutsche Rentenversicherung Bund. Aus dem Bruttogehalt wird jeweils durch pauschalen Abzug von 40 Prozent ein rechnerisches Netto ermittelt. Eine Kürzung der Witwenrente erfolgt immer dann, wenn dieses pauschalierte Nettoeinkommen den Freibetrag übersteigt: Dieser liegt aktuell in Westdeutschland bei 950,93 Euro, in Ostdeutschland bei 937,73 Euro. Für jedes waisenrentenberechtigte Kind wird der Freibetrag noch um ein gutes Fünftel erhöht.

Hinterbliebenenrente: Wie wird denn da bitte gerechnet?

Wilfrid H. aus Weiterstadt: Meine Ehefrau ist verstorben, ihre Rente lag bei rund 630 Euro Auszahlung. Als Hinterbliebenenrente bleiben mir davon aber jetzt nur noch rund 9 Euro: Da kann doch etwas nicht stimmen!

aktiv: Solche Fälle sind gut möglich – immer dann, wenn der Witwer oder die Witwe selbst hohe Einkünfte hat. Als große Witwenrente gibt es 60 (oder 55) Prozent der Rente des Verstorbenen. Aber: Eigene Einkünfte des Hinterbliebenen werden teilweise angerechnet! Und wenn die Höhe des anzurechnenden Einkommens den Hinterbliebenenrentenanspruch übersteigt, kommt es eben zu gar keiner Zahlung mehr. Die Witwer- oder Witwenrente ruht dann in voller Höhe.

Die Berechnung ist knifflig. Es wird erst mal nur der über einem gesetzlichen Freibetrag liegende Teil des  Einkommens berücksichtigt – und dieser Teil dann nur zu 40 Prozent. Der Freibetrag, der übrigens regelmäßig steigt, liegt derzeit in den alten Bundesländern bei rund 951 Euro.

Nehmen wir als fiktives Beispiel die Altersrente einer Frau in Höhe von 800 Euro: Als 60-prozentige Witwerrente würden davon 480 Euro bleiben. Hat nun aber der Witwer selbst 2.200 Euro Netto-Einkommen (etwa durch Rente, Betriebsrente und Mieteinnahmen), bleiben nach Abzug des Freibetrags knapp 1.250 Euro, die zu 40 Prozent anzurechnen sind. Ergebnis: Er bekommt keine Witwerrente.

Waisenrente: Welchen Anspruch hat ein Kind? 

Janet F. aus dem Landkreis Rottal-Inn: Ein 63-Jähriger verstirbt unerwartet. Er hinterlässt ein 8-jähriges leibliches Kind mit seiner Lebenspartnerin, mit der er nicht verheiratet war. Hat das Kind außer dem Anspruch auf Halbwaisenrente auch Anrecht auf Hinterbliebenenrente?

aktiv: Nein. Der Begriff „Hinterbliebenenrente“ fasst einfach die Witwen-, Witwer- und Waisenrenten sprachlich zusammen. Die Zahlung einer Hinterbliebenenrente neben einer Waisenrente ist also nicht möglich. Das hat uns die Deutsche Rentenversicherung Bund erklärt.

Generell gilt: Nach dem Tod eines Elternteils haben Kinder Anspruch auf eine Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Voraussetzung dafür ist aber, dass der oder die Verstorbene vor dem Tod die sogenannte allgemeine Wartezeit erfüllt hat, heißt: dass für mindestens fünf Jahre Beiträge an die Rentenkasse entrichtet worden sind. Die Zahlung der monatlichen Halbwaisenrente erfolgt dann bis zum 18. Geburtstag des Kindes. Waisen, die sich in einer Schul- oder Berufsausbildung, im Studium oder in einem Freiwilligendienst befinden, können diese Rente sogar bis zu ihrem 27. Geburtstag bekommen.

Wie bei allen Renten gilt auch hier: Damit es Geld gibt, muss ein Antrag gestellt werden. Und zwar am besten bei dem Rentenversicherungsträger, bei dem der oder die Verstorbene zuletzt versichert war. Übrigens: Ende 2021 lagen die gesetzlichen Halbwaisenrenten im Schnitt bei gut 200 Euro im Monat.

Welche Rechte haben eingetragene Lebenspartner?

Gabi Sch. aus Ober-Ramstadt: Wie ist das mit der Witwen- oder Witwerrente bei einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebensgemeinschaft? Hat da der Partner dann Anspruch auf Rente? Oder müssen beide noch mal heiraten, um sich gegenseitig abzusichern?

aktiv: Wir haben das Thema mit Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung Bund besprochen. Er sagt: „Seit Oktober 2017 können gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland die Ehe schließen und damit im Todesfall auch eine Witwen- oder Witwerrente erhalten.“ Diese Hinterbliebenenrente wird generell nur auf Antrag gezahlt, wenn der Verstorbene bereits eine Rente bezogen hat oder vor seinem Tod eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt hat. Zudem muss die Ehe in der Regel mindestens ein Jahr bestanden haben.

Speziell zu Ihrer Frage erklärt der Experte: „Alle diese Regelungen gelten auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartner einer vor dem 1. Oktober 2017 eingetragenen Lebenspartnerschaft. In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es also eine vollständige Gleichbehandlung dieser Lebenspartnerschaften mit der klassischen Ehe.“

Keine Witwenrente  – oder doch?!

Melanie F. per Online-Kontaktformular: Ich habe meinen Mann an Krebs verloren. Wir haben ein gemeinsames kleines Kind und waren noch kein ganzes Jahr verheiratet. Gestern habe ich den Ablehnungsbescheid erhalten: keine Witwenrente. Nun lese ich aber bei Ihnen, dass bei einem minderjährigen Kind des Verstorbenen auch bei kurzer Ehe ein Anspruch bestehen kann. Habe ich das so richtig verstanden?

aktiv: Ja, das ist korrekt. Grundsätzlich wird eine Witwenrente aus der Rentenkasse nur dann gezahlt, wenn eine nach 2001 geschlossene Ehe schon mindestens ein Jahr bestanden hat. „Dadurch sollen sogenannte Versorgungsehen ausgeschlossen werden“, heißt es bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Aber es gibt da eben Ausnahmen. Zum Beispiel, wenn ein Ehepartner bei einem Unfall verstirbt. Oder wenn die Heirat im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder mit der Erziehung gemeinsamer Kinder erfolgt. Sie können also versuchen, unter Hinweis auf die besonderen Umstände zu zeigen, dass in Ihrem Fall keine Versorgungsehe vorliegt. „Die Entscheidung, ob dieser Argumentation gefolgt wird, trifft der zuständige Rentenversicherungsträger.“

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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