Berlin. Gelähmte gehen, Blinde sehen, Krebskranke leben länger: Pharmahersteller und Medizintechnik-Unternehmen erringen beeindruckende Erfolge, Start-ups und Mediziner treiben verblüffende Entwicklungen voran. Mehr als 12 Milliarden Euro fließen allein hierzulande jedes Jahr in die Forschung – damit wir besser, gesünder und länger leben. aktiv präsentiert die Top-Innovationen der Medizin.

Alzheimer-Medikamente

  • Erstmals seit Langem gibt es ein neues Arzneimittel für Alzheimer-Kranke. Das Medikament „Leqembi“ bremst die Krankheit aus. In Kliniktests verlangsamte es den Verlauf der Erkrankung um ein Viertel.
  • Per Infusion gegeben verringert das Medikament die Ablagerungen im Gehirn der Kranken.
  • Entwickelt von den Konzernen Biogen (USA) und Eisai (Japan) ist es in den USA schon zugelassen. In Europa wird das fürs zweite Halbjahr erwartet.
  • Aber: Die Arznei ist leider nur für milde und frühe Fälle geeignet. Heilen kann sie Alzheimer nicht.
  • 23 weitere Wirkstoffe gegen Alzheimer sind aktuell weltweit in der finalen klinischen Prüfung.

Prostatakrebs-Arznei

  • Mit Strahlen attackiert die Novartis-Arznei „Pluvicto“ den Tumor – und zwar von innen! Das Medikament wird per Infusion gegeben und dockt gezielt am Tumor an, die Krebszellen nehmen den strahlenden Wirkstoff dann auf. Die Strahlen reichen nur millimeterweit: Umgebendes Gewebe bleibt heil.
  • Ein bestimmtes Oberflächeneiweiß des Tumors ist dafür allerdings nötig. Bei 80 Prozent der betroffenen Männer gibt es das.

Handprothese

  • Diese Prothese der Firma Otto Bock dirigieren Amputierte über Gedanken. Die Steuerung „Myo Plus“ erkennt Muster in den Nervensignalen und übersetzt sie in eine Handbewegung.
  • Acht Elektroden erfassen dafür die Signale im Armstumpf.
  • Mit einer App lassen sich Bewegungsmuster eintrainieren, verfeinern – und dann speichern.

Hilfe für Gelähmte

  • Gelähmte gehen wieder! Professoren aus Lausanne (Schweiz) haben drei Patienten ein Implantat ins Rückenmark gepflanzt.
  • 16 Elektroden am Implantat stimulieren über Nervenfasern die Muskeln.
  • Via Fernbedienung steuern die Patienten Laufen, Stehen und Schwimmen.
  • Eine Lösung für alle Querschnittsgelähmten ist das allerdings nicht: Restfunktionen des Rückenmarks müssen noch da sein.

Gedruckte Organe

  • Blutgefäße für Bypässe drucken: Dafür haben Ärzte an der Uniklinik in Kiel einen 3-D-Bioprinter entwickelt.
  • Aus Zuckern, Kollagen und Zellen druckt er feine Blutgefäße. Die gehen jetzt erst mal in einen Langzeittest bei Tieren.
  • Ein Miniatur-Herz (hier im Bild gezeigt) haben Forscher in Israel gedruckt. Weltweit tüfteln Teams am Organdruck. Niere, Herz, Leber sind noch eine Herausforderung.

Schutz vor RS-Viren

  • Das RS-Virus (RSV) ist gefährlich für Säuglinge und Kleinkinder sowie für vorerkrankte Senioren.
  • Nach Jahrzehnten Forschung gibt es nun endlich Schutz dagegen: Ein Präparat von Sanofi und AstraZeneca liefert Säuglingen und Kindern Abwehrstoffe, ein Impfstoff von GSK schützt Menschen ab 60. Noch sind die neuen Arzneien nicht auf dem Markt.

Dreidimensionale Kopie vom Organ

  • Eine Operation in 3-D vorbereiten – das können Chirurgen mit einer digitalen, dreidimensionalen Kopie des kranken Organs. Durch eine Datenbrille („Mixed Reality Viewer“) können sie sehen, wo Blutgefäße liegen, wie ein Tumor eingebettet ist – also: wie sie im Einzelfall am besten operieren.
  • Software der Firma Brainlab erstellt die 3-D-Animation des Organs aus Daten der Patientenuntersuchung. Die Datenbrille ist seit 2019 auf dem Markt.
  • In Entwicklung ist eine Mixed-Reality-Applikation speziell für die Wirbelsäulenchirurgie. Sie wird für den Operateur ein über den Patienten gelegtes 3-D-Modell einblenden sowie zweidimensionale Navigationsdaten.

Supergenaues CT

  • Extrem feine Bilder aus dem Körper liefert ein neuer Computertomograf von Siemens Healthineers. Er arbeitet mit zwei rotierenden Röntgenröhren und analysiert erstmals direkt jedes einzelne durch den Körper gedrungene Lichtteilchen (Röntgenphoton).
  • Superscharfe Aufnahmen sind damit sogar von bewegten Organen wie Herz oder Lunge möglich. Selbst kleinste Strukturen werden sichtbar.
  • Die neue Technik verringert außerdem die Strahlenbelastung der Patienten um 45 Prozent.

Lungen-Monitor

  • Beatmung und Lungenfunktion von Intensivpatienten haben Ärzte mit dem Gerät „PulmoVista 500“ von Hersteller Dräger immer im Blick.
  • 16 Elektroden auf einem Brustgurt messen mit Wechselströmen die Leitfähigkeit des Lungengewebes.
  • Ein Computer errechnet aus den Daten 50 Schnittbilder je Sekunde. Sie zeigen recht genau, wie sich die Atemluft in der Lunge verteilt. Das hilft, vor einer Operation die Narkose richtig zu dosieren.

Adaptive Gläser

  • Alles scharf sehen ohne Gleitsichtgläser: Die Brille dafür entwickelt das Start-up Deep Optics in Israel.
  • Winzige Flüssigkristall-Linsen im Glas stellen per Touch-Steuerung am Bügel auf nah, mittel oder fern um. Der Prozessor steckt im Bügel.
  • Der Vorteil ist ein größeres Sichtfeld. Eine Sonnenbrille mit Fern- und Nahsicht soll im Juli kommen.

Brille für Sehbehinderte

  • Eine Hightech-Brille liest Texte vor wie etwa Briefe, Rezepte oder Speisekarten – und sogar Handgeschriebenes. Die Brille erkennt Objekte und Farben, beschreibt die Umgebung, identifiziert anhand zuvor gespeicherter Fotos Freunde und Bekannte.
  • Eine Kamera dient als Ersatzauge, künstliche Intelligenz wertet die Daten aus, Software wandelt die Infos in Sprache um.
  • 60 Sprachen kann die Brille des niederländischen Start-ups Envision Glasses lesen. Und mit einer Zusatz-App erkennt sie Geldscheine.
Hans Joachim Wolter
aktiv-Redakteur

Hans Joachim Wolter schreibt bei aktiv vor allem über Klimaschutz, Energiewende, Umwelt, Produktinnovationen sowie die Pharma- und Chemie-Industrie. Der studierte Apotheker und Journalist begann bei der Tageszeitung „Rheinpfalz“ in Ludwigshafen und wechselte dann zu einem Chemie-Fachmagazin in Frankfurt. Wenn er nicht im Internet nach Fakten gräbt, entspannt er bei Jazz-Musik, Fußballübertragungen oder in Kunstausstellungen.

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