Leica Microsystems in Wetzlar ermöglicht mit seinen Mikroskopen und Systemen Einblicke, die sonst verborgen bleiben – und hilft so zum Beispiel beim Kampf gegen Krebs oder bei der Qualitätskontrolle in der Industrie. aktiv sprach mit Dr. Annette Rinck, der Präsidentin des Unternehmens, über ihre Leidenschaft für die Kunden in der Wissenschaft, zu denen auch Nobelpreisträger zählen.

Frau Dr. Rinck, was ist für Sie das Besondere an Leica Microsystems?

Unser Name steht für 175 Jahre Innovation, und zwar wegweisende Innovation. Dabei geht es immer darum, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Denn wir entwickeln Mikroskope und Systeme für die Bildgebung und Analyse von Makro-, Mikro- und Nanostrukturen. So haben wir die ersten in Serie gebauten Mikroskope mit superauflösender STED-Mikroskopie auf den Markt gebracht. Diese Technologie erhielt den Nobelpreis und wird von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt genutzt, darunter auch Nobelpreisträger. Solche Systeme stehen im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, im Institut Pasteur in Paris, einem der führenden Grundlagenforschungszentren für Biologie und Medizin, und in vielen weiteren Forschungseinrichtungen in der ganzen Welt.

Was fasziniert Sie dabei besonders?

Ich suche die Nähe zu unseren Kunden, um sie und ihre Arbeit kennenzulernen, damit wir die für sie passenden Lösungen entwickeln. Es berührt mich, zu erleben, in welche Welten Wissenschaftler heute vordringen. Sie wollen verstehen, warum sich bei bestimmten Zellstrukturen eine Demenz bei dem einen Menschen schneller ausbreitet als bei einem anderen. Oder warum Bauchspeicheldrüsenkrebs so rasant voranschreitet. Und das geht, weil man mit unseren Mikroskopen sogar lebende Zellen untersuchen kann. An der amerikanischen Stanford-Universität wird so zum Beispiel erforscht, welchen Einfluss der Blutdruck auf die Lunge hat. Vom puren Hardware-Anbieter, der High-End-Mikroskope entwickelt, werden wir immer mehr zum Lösungsanbieter im High-End-Bereich. Insbesondere, wenn es um die Analyse der Bilder geht, die unsere Systeme offenbaren.

„Wir befähigen unsere Kunden, eine bessere und gesündere Welt zu schaffen“

Dr. Annette Rinck, Leica Microsystems

Gehören zu solchen Lösungen auch neue Technologien wie künstliche Intelligenz?

Die Technologie zur Bildgebung ist das eine, aber die dann notwendige Bildanalyse wird immer komplexer, und es müssen dafür gigantische Datenmengen gesichtet werden. Deshalb werden KI-Tools in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Lösung der Herausforderungen der Bildanalyse spielen – und wir sind dabei. Wir sehen die Vorteile der Machine- und Deep-Learning-Tools, die wir in unseren Innovationen berücksichtigt haben. Sie sind zuverlässig, reproduzierbar, intuitiv und effizient. Man muss kein Bildanalyseexperte mehr sein, um Proben zu analysieren. So ein System stellt sich automatisch auch auf verschiedene Nutzer ein. Und KI-Tools können Daten schneller analysieren als herkömmliche Werkzeuge – das spart der Wissenschaft jede Menge Zeit bei der Suche nach Lösungen im Kampf gegen Krebs, Alzheimer oder auch andere Krankheiten.

Welche Schwerpunkte setzen Sie bei Forschung und Entwicklung im Unternehmen?

Forschung und Entwicklung spielen zusammen mit unserer Kultur, unseren Kunden zuzuhören, um Bedürfnisse zielgerecht in Lösungen und Produktangebote umzusetzen, eine wichtige Rolle für unseren Erfolg – jetzt und in der Zukunft. Wir investieren deshalb unter anderem in Innovationszentren in Kundennähe, akademische Spitzen-Institutionen sowie Forschungseinrichtungen und Labore. Zugleich investieren wir in strategische Partnerschaften zum Beispiel mit dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg oder in der Mikrochirurgie mit führenden Neurochirurgen und Universitäten – und nicht zuletzt auch bei der Qualitätskontrolle in der Industrie.

Was sind aktuell Ihre größten Herausforderungen?

Leica ist ein globales Unternehmen, das die gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen mit einer klaren Strategie und Zielen sowie kontinuierlichen Verbesserungen angeht. Dabei haben wir unsere Fokussierung auf Innovationen, basierend auf den Bedürfnissen unserer Kunden, immer vor Augen. Zudem können wir als Teil der amerikanischen Unternehmensgruppe Danaher die Erkenntnisse und Erfahrungen anderer Unternehmen des Konzerns sehr gut nutzen, um Herausforderungen in Vorteile für das Unternehmen, die Mitarbeiter und unsere Kunden umzuwandeln.

Wie wichtig sind Ihnen Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion, im Englischen Diversity, Equity and Inclusion – kurz DEI?

Wir sehen DEI bei unseren gut 3.000 Beschäftigten als Treiber für Wachstum und Innovationen an. Vielfalt und Zugehörigkeit bereichern uns und sind für unsere Kultur von entscheidender Bedeutung. Als Unternehmen stehen wir an der Spitze der Wissenschaft und befähigen unsere Kunden, eine bessere und gesündere Welt zu schaffen. Unsere Teams mit ihren unterschiedlichen Hintergründen, differenzierten und agilen Denkweisen und Fähigkeiten sind in ihrer Vielfalt Rückgrat und Treiber unserer Kultur und unseres Erfolgs. Deshalb engagieren wir uns auch aktiv für DEI. Nicht zuletzt mit Partnerschaften wie etwa Mentoring Hessen oder der Unterstützung von FemTec zur Förderung von Studentinnen in MINT-Fächern.

Wie sehr belastet Sie der Fachkräftemangel?

Die Suche nach Fachkräften ist natürlich auch bei uns ein Thema. Ich glaube aber, dass wir mit dem, was wir tun, nämlich das Leben und die Gesundheit von Menschen positiv beeinflussen, ein attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt sind. Menschen suchen nach sinnstiftender Arbeit, in die sie sich selbst und ihre Ideen einbringen und auch weiterentwickeln können. Das können wir bieten – als globales Unternehmen und nicht zuletzt als Teil der transnationalen Danaher Corporation.

Zur Person

  • Dr. Annette Rinck ist in Landau in der Pfalz geboren
  • Promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin – Bereich angewandte Wirtschaft und Kommunikation
  • Leitende Managementpositionen bei verschiedenen Unternehmen, zuletzt bei Honeywell
  • Präsidentin von Leica Microsystems seit April 2022
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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