Stuttgart. Warum ist es wichtig für Unternehmen, jetzt in die digitale Transformation zu investieren? aktiv sprach darüber mit Oliver Schöllhammer. Er leitet beim Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart den Bereich Unternehmensstrategie und -entwicklung und berät Industrieunternehmen.

Hat die Corona-Krise den digitalen Wandel befeuert?

Na ja, die Unternehmen müssen sich dem Thema Transformation stellen – unabhängig von Corona! Das ist zum Teil eine große Herausforderung. Erfreulicherweise stecken viele Unternehmen, etwa im Maschinenbau, jetzt nicht den Kopf in den Sand, sondern bereiten sich auf die Zukunft vor und nutzen die Chancen der Transformation. Sie beteiligen sich etwa an Forschungsprojekten und richten ihre digitalen Angebote konsequent auf die sich verändernden Kundenbedürfnisse aus.

Haben die Unternehmen in Krisenzeiten überhaupt die Mittel für solche Investitionen?

Den digitalen Wandel mitzugehen, ist für die Unternehmen überlebenswichtig. Wobei nicht jede Investition sich direkt auszahlt: Unternehmen müssen vieles ausprobieren. In der digitalen Transformation brauchen sie sogar noch mehr Risikobereitschaft als sonst. Denn es ist nicht sicher, ob der Kunde ein neues Angebot überhaupt annimmt.

Ist diese Herausforderung in Baden-Württemberg besonders groß?

Ja, denn hier sind besonders oft Stahl und Eisen im Spiel, es wird handfest produziert, während in anderen Regionen häufig mehr Software-Hersteller und Start-ups angesiedelt sind, die ohnehin von vornherein digital arbeiten. In der Industrie dagegen geht es um komplexe Produktionsprozesse, was Digitalisierung viel schwieriger macht.

Wo gibt es außerdem Hürden?

Das ist sehr unterschiedlich. Mancherorts mangelt es schon an einem leistungsfähigen Internetanschluss. Man muss die Transformation als ein zielgerichtetes Ganzes sehen, sollte sich nicht mit Einzelprojekten verzetteln. Man muss priorisieren, weil man nicht alles auf einmal angehen kann – und um die Budgets sinnvoll zu nutzen. Und Unternehmen müssen auch genau beobachten, was um sie herum passiert: Es gibt Konkurrenten, die man heute vielleicht noch gar nicht kennt, die aber früher oder später innovative Lösungen herausbringen.

Was kommt auf die Mitarbeiter zu, werden sie auch künftig gebraucht?

Auf der einen Seite wird immer mehr automatisiert, wo es möglich ist. Andererseits werden mehr Mitarbeiter gebraucht, die die Transformation mitgestalten. Beschäftigte sollten sich darauf einstellen und bereit sein zur Qualifizierung oder Veränderung. So werden vermehrt Leute gebraucht, die in der Lage sind, mit steigenden Datenaufkommen umzugehen und dem entstehenden Bedarf an Datenanalysen. Und Leute, die Transformationsvorhaben und die damit verbundenen Projekte managen.

Ihr Fazit, bitte: Sind die hiesigen Unternehmen für den Wandel gerüstet?

Die M+E-Industrie ist auf einem guten Weg. Und es tun sich jetzt mehr Unternehmen zusammen, denken im Verbund. Das ist wichtig, denn oft sind die am Markt geforderten Lösungen und digitalen Services nur durch die Kombination von Technologie und firmenspezifischem Wissen realisierbar.

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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