Wie kann sich unsere Auto-Industrie künftig behaupten? Darüber sprach aktiv mit Thomas Puls, Senior Economist für Verkehr und Infrastruktur am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

Herr Puls, Autos werden immer mehr zu rollenden Computern. Brauchen wir das wirklich?

Ob wir das brauchen, ist nicht die richtige Frage. Es ist der Weg in die Zukunft. Denn der Pkw von morgen wird in Asien gekauft, während in Europa der Markt stagniert. Und die asiatischen Kunden möchten die neuste Technik haben. Und für Nutzfahrzeuge ist wird autonomes Fahren sogar zur zwingenden Notwendigkeit, denn wer soll die ganzen Lkws fahren? Schon jetzt fehlt das Personal. 

Was heißt das für die deutschen Autobauer und Zulieferer?

Sie müssen sich den Trends anpassen. Das Auto der Zukunft ist ein ganz neues Produkt. Die Planungen der Hersteller laufen auch längst dahin, auch zur E-Mobilität. Denn der Verbrenner wird ein Nischenprodukt werden, zumindest in Europa. Unser technologischer Vorsprung beim Verbrenner ist dann kein Vorteil mehr. Und bei der Batteriezellenproduktion hinken wir hinterher. Diesen Markt haben die Chinesen erfolgreich besetzt.

Droht also langfristig der Untergang?

Die gute Nachricht: Ein Auto besteht zum Glück nicht nur aus dem Antriebsstrang. Karosserie oder Fahrwerk können wir immer noch besser. Eine weitere Stärke, vor allem der baden-württembergischen Autobauer: Sie bedienen das Premiumsegment, deshalb haben sie kaum Konkurrenz, gerade in China. Oberklassefahrzeuge werden übrigens heute noch zu 97 Prozent in Deutschland gebaut, weil sich der Export rechnet. Und: Wer einen Porsche kauft, will ihn aus Zuffenhausen haben. Deshalb sind diese Arbeitsplätze noch hier.

Wird das denn auch so bleiben? Wo werden wir in zehn Jahren stehen?

Ein Risiko ist, dass irgendwann auch Premiumautos dort gebaut werden, wo die Märkte sind. Große SUVs etwa werden heute schon in den USA gebaut, wo die meisten Käufer sind. Dieses Risiko steigt mit der E-Mobilität, weil die Batterieproduktion im Riesenmarkt China effizienter und günstiger ist. Außerdem versuchen die Chinesen, in den Premiummarkt einzudringen.

Den Produktionspeak von 2016/17 werden wir wohl nicht mehr erreichen. Wenn wir das Vor-Corona-Niveau stabil halten können, sind wir gut. Der Umstieg auf E-Mobilität und der Angriff der Chinesen aufs Premiumsegment werden uns was kosten. Beides ist aber zu bewältigen.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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