Ehringshausen. Die Hedrich Group, ansässig im hessischen Ehringshausen, ist ein Spezialist im Bau von Vakuumanlagen. Gut 230 Menschen arbeiten derzeit weltweit für das Unternehmen, das nach eigenen Angaben mit seinen Maschinen global führend ist: zum Beispiel, wenn es um die Verarbeitung von Isoliermedien unter Vakuum-Bedingungen geht oder auch um Anlagen, die bei der Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen zum Einsatz kommen. aktiv sprach mit Geschäftsführer Wolfgang Weiß über die Faszination der Vakuum-Technologie und die damit verbundenen Chancen.

Vakuumtechnologie – da kann man sich ja erst mal nicht viel drunter vorstellen. Was ist für Sie das Faszinierende daran?

Manchmal ist weniger eben wirklich mehr! Keine Aussage passt besser zum Vakuum, also zum luftleeren Raum, und zur Qualität der Produkte, die unter Vakuum-Bedingungen gefertigt werden. Gerade wenn es um Elektrizität im Mittel- oder Hochspannungsbereich geht, müssen die mit Gießharz oder Öl isolierten Bauteile möglichst frei von Lufteinschlüssen, Fehlstellen oder auch Feuchtigkeit sein: um mögliche Kurzschlüsse auszuschließen. Und genau das gelingt eben unter Vakuum. Auf den Bau von Vakuumanlagen für solche Anwendungen hat sich Hedrich spezialisiert. Hier sind wir auch der Weltmarktführer.

Beachtlich. Wie kommt man in eine so starke Marktposition?

Indem man sich ganz auf die Kunden einstellt, sehr gute Leistung bringt und mit offenen Augen durch die Welt geht. Man muss stets sehen, was der Markt in Zukunft brauchen könnte oder wo sich neue Geschäftsfelder auftun. Wir sind Experte und Komplettanbieter für die Verarbeitung von Isoliermedien unter Vakuum zur Optimierung nicht leitender Eigenschaften im Bereich Gießharz-, Öl-Papier sowie Silikonanwendungen. Unsere Exportquote liegt bei 80 Prozent. Wir haben ein zweites produzierendes Werk in China sowie 30 Vertretungen weltweit, damit sind wir immer nah am Kunden. Die Zentrale in Ehringshausen ist zugleich auch das Technologiezentrum, in dem wir an neuen Anwendungen arbeiten. Die Digitalisierung ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

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Was gibt es denn so alles an neuen Anwendungen?

In der E-Mobilität sind wir schon lange mit dabei, weil wir wissen, wie wir mit Elektrizität sicher umgehen. Bauteile für Elektromotoren und den E-Antriebsstrang müssen absolute Sicherheit garantieren und extremen Belastungen standhalten, sehr hohen Temperaturen zum Beispiel. Bei der Produktion von entscheidender Bedeutung ist deshalb eine fehlerfreie Isolation beziehungsweise Imprägnierung der einzelnen Komponenten. Neben dem Vakuumverguss haben wir deshalb auch ein neues Träufelimprägnierungs-Verfahren entwickelt, womit wir gerade erst wieder einen wichtigen Auftrag von einem der Marktführer im Bereich E-Mobilität erhalten haben. Auch für die erneuerbaren Energien werden unsere Anlagen gebraucht. Für die Herstellung von Windkraft-Rotorblättern haben wir eine vollautomatisch arbeitende Vakuum-Infusionsanlage entwickelt, die für höchste Qualität des Verbundwerkstoffs sorgt. Generell gilt: Unsere Kunden fordern Lösungen, die sich konkret an ihren individuellen Anforderungen orientieren. Hedrich-Produkte sind deshalb wie ein Maßanzug, genau auf den Bedarf des einzelnen Kunden zugeschnitten.

Hedrich ist ein „Hessen-Champion 2021“. Was bedeutet das für Sie?

Auf diesen Preis ist das ganze Team unglaublich stolz. Er ist Wertschätzung für das ungeheure Engagement, das hier jeder an den Tag legt. Abgesehen davon lässt uns dieser Titel regional aufleuchten und macht uns, wie aktuelle Bewerbungszahlen zeigen, offensichtlich noch attraktiver. Die Auszeichnung hilft uns also auch ganz praktisch.

Wo gibt es denn Probleme, von der Covid-Pandemie mal abgesehen?

Die derzeit bestehenden Lieferengpässe für notwendige Materialien für die Fertigung unserer Produkte speziell im Elektrobereich, die steigenden Materialpreise und nicht zuletzt der Fachkräftemangel. Andererseits spielen uns die Energiewende und ihre ehrgeizigen Ziele auch in die Karten. Alternative Energien, E-Mobilität, selbstfahrende Fahrzeuge, Industrie 4.0: Der Energiebedarf wird unwillkürlich ansteigen, und auf diesen wachsenden Marktfeldern sind wir stark.

Hört sich nach Selbstläufer an …

Ganz so leicht ist es leider nicht, denn wir haben gute Mitspieler auf der ganzen Welt. Wo viel Nachfrage ist, ist immer auch viel Konkurrenz. Also müssen wir uns alle weiter jeden Tag sehr engagieren, um neue Trends und Technologien rechtzeitig zu erkennen und damit unsere Kunden auch in Zukunft begeistern zu können.

Zur Person

Wolfgang Weiß

  • Geboren 1964 in Plattling (Bayern).
  • Studium Wirtschaftsingenieurwesen und Maschinenbau an Hochschulen in Regensburg und München.
  • 1989 Berufsstart bei Audi in Ingolstadt.
  • Verschiedene Management-Positionen unter anderem bei Rittal in Herborn, Austria Haustechnik in Rottenmann und Brück in Saarbrücken.
  • Seit 2020 CEO der Hedrich Group
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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