Duisburg. Halima klickt auf ihr Tablet, „Alles Gute zum Geburtstag!“ poppt auf, Luftballons steigen auf der animierten Karte hoch, die Kerzen auf der Torte brennen. „Das machen wir mit Scratch“, erklärt die Viertklässlerin. Scratch ist eine Programmiersprache für Kinder und Jugendliche, um Spiele und Multimedia-Anwendungen erstellen zu können.
Halima geht in eine Grundschule in Duisburg-Marxloh und lernt wie ihre Klassenkameraden jede Woche Programmieren. Die ReDI School (die vier Buchstaben am Anfang stehen für Ready for Digital Integration) bringt es 565 Kindern im Alter zwischen 6 und 16 Jahren aus dem Viertel bei – in der regulären Unterrichtszeit, in AGs und Feriencamps.
Programmierschule eröffnet Wege aus der Abwärtsspirale
Im Ruhrgebiet ist Marxloh als sozialer Brennpunkt verrufen. Die Kinder stammen oft aus zugewanderten oder armen Familien. Viele können nicht gut Deutsch. Manche sehen nach dem Schulabschluss keine Berufsperspektive. Das Kinderprojekt der gemeinnützigen Programmierschule will das ändern. Hauptsponsor ist der Stahlhändler Klöckner & Co mit Stammsitz in Duisburg.
„Wir wollen in diesen sozial schwierigen Stadtteil nachhaltig Bildung bringen“, sagt Vorstandsvorsitzender Guido Kerkhoff. „Die Schulen brauchen hier eine andere Unterstützung. Das kann der Staat allein nicht leisten.“ Für das Schulprogramm gibt Klöckner & Co seit 2020 jährlich einen sechsstelligen Betrag aus. Der Konzern (7.200 Mitarbeiter weltweit) handelt mit Stahl und anderen Metallen und bietet für seine Kunden auch Metallbearbeitung als Service.
Einfach die Schulen mit Tablets ausstatten, reicht nicht: Denn den Schulen fehlen Fachkräfte. ReDI School bringt vier eigene Kursleiterinnen ein, qualifiziert aber auch Lehrkräfte und ältere Schüler fürs digitale Unterrichten. Das Netzwerk in Marxloh ist auf drei Grundschulen, eine Gesamtschule und ein Gymnasium angewachsen. „Das ist ein Programm, das von der ersten Klasse bis zur weiterführenden Schule nahtlos weitergeht“, sagt der Konzernchef: „Den Effekt wird man erst in drei oder vier Jahren so richtig sehen können.“
Kinder haben zum ersten Mal Erfolgserlebnisse
Auf dem jährlichen Demo Day sieht man schon gute Ergebnisse. Die Grundschüler zeigen ihre animierten Grußkarten, steuern per App Autos über einen Parcours. Jugendliche bauen Spielzeugkräne zusammen, lassen sich ihre Fidget-Spinner in 3-D drucken und Mandalas von einem Zeichenprogramm konstruieren.
Mit Computern und Smartphones wachsen die Kinder zwar auf. „Wir wollen aber, dass sie verstehen, was hinter der Technik steckt“, so ReDI-School-Gründerin Anna Kjaer Bathel. Das Kinderprojekt ist für das Sozialunternehmen einzigartig. Ansonsten vermittelt es bundesweit Computerwissen etwa für Geflüchtete und Arbeitslose. Auch da ist Klöckner & Co mit dabei.
In Marxloh macht ReDI schon die Jüngsten fit für das digitale Zeitalter. Einer ihrer Schüler, so Kursleiterin Evrim Yilmaz, hatte große Defizite in Deutsch und kam deshalb in mehreren Fächern nicht mit. Beim Programmieren hatte er zum ersten Mal Erfolgserlebnisse, so die angehende Lehrerin: „Der Junge will nun unbedingt Informatiker werden.
Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.
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