Frankenberg. Wenn Kunststoff in Spritzgussmaschinen in Form gebracht wird, dann ist Günther Heisskanaltechnik in Frankenberg gefragt. Das 1983 gegründete Unternehmen gilt als führender Anbieter von Heißkanaltechnik in den Bereichen Automotive, Konsumgüter, Elektronik, Medizintechnik und Verpackungen und erwirtschaftet mit 240 Mitarbeitern einen Umsatz von 32 Millionen Euro pro Jahr. aktiv sprach mit der Geschäftsführerin Siegrid Sommer über die Herausforderung, weltweiter Technologieführer zu sein und zu bleiben.
Frau Sommer, wo begegnet mir Technik von Günther Heisskanal?
Man braucht unsere Produkte, um Artikel aus Kunststoff herzustellen. Als reiner Zulieferer können wir oft nur erahnen, was alles mit unseren Systemen produziert wird. Aber wir wissen zum Beispiel von Nassrasierern, Joghurtbechern, Werkzeuggriffen, Tastern für elektronische Bauteile, Automotive-Zubehör, Spielzeug und sogar kompostierbaren Urnen. Unsere Kunden sind äußerst kreativ, wenn es um die Produktion von Kunststofferzeugnissen geht, und wir sind kreativ, wenn sie dafür das richtige Werkzeug brauchen.
Was ist das Besondere an der Technologie?
Mit unserer Heißkanal-Technologie wird der gesamte Spritzgießprozess von Thermoplasten sicherer und effizienter. Das heißt, der Kunde spart Material und Zeit, produziert weniger Ausschuss und verbraucht bis zu 50 Prozent weniger Energie. Zudem sind wir führend in der Kaltkanal-Technologie. Spritzteile aus Flüssigsilikon sind immer mehr gefragt, denn sie sind sehr elastisch, geruchs- neutral, chemikalien-, UV-, alterungs- und temperaturbeständig. Wer also das Verarbeitungsverfahren beherrscht, dem erschließen sich viele Anwendungsfelder, von der Medizintechnik bis zur Lebensmittelbranche, in der Elektrotechnik oder dem Maschinenbau.
Erst 1983 gegründet und heute Technologieführer. Wie geht das?
Nur durch stetige Forschung und Entwicklung und ein offenes Ohr für alle Kundenbelange. Unser Image ist das Ergebnis unserer Innovations- und Problemlösungsfähigkeit. Durch unseren permanenten Willen zur Optimierung und zur Entwicklung neuer Produkte unter Einbeziehung von neuen Fertigungsmöglichkeiten setzen wir so immer wieder neue Standards. Ein Paradebeispiel dafür ist unsere energieeffiziente Dickschichtheizung, die wir als einziger Hersteller selbst produzieren. Zudem investieren wir stetig in Forschung und Entwicklung, selbst in der Krise wird nichts reduziert. Denn unsere Mitarbeiter im Bereich der Entwicklung sorgen für die Produkte und somit den Umsatz von morgen.
Welche Rolle spielen Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI)?
Eine sehr große. Insbesondere im Bereich der Regel- und Steuertechnik sind KI-gestützte Assistenzsysteme auf dem Vormarsch, um dem Maschinenführer das Bedienen der Spritzgießmaschine und somit auch des Heißkanalsystems möglichst einfach zu gestalten und Fehlerbilder automatisch auszumerzen. Augmented Reality setzen wir im Service ein: Das heißt, unsere Techniker leisten mit QR-Brillen quasi den virtuellen Blick über die Schulter, ob bei Rückfragen zur Montage von Systemen oder auch komplexeren Anwendungsproblemen. Gerade haben wir ein Software-Unternehmen in Berlin gekauft, um unsere Marktposition um innovative digitale Produkte zu erweitern.
Was hat Corona verändert?
Corona hat auch bei uns die Digitalisierung beschleunigt. In wenigen Tagen haben wir die komplette Auftragsabwicklung digitalisiert. Die Mitarbeiter von Auftragsbearbeitung, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung müssen nicht mehr vor Ort sein. In fast allen Bereichen wird mobil gearbeitet, sodass nur noch ein Teil der Belegschaft anwesend ist.
Führen Frauen anders als Männer?
Führungseigenschaften sind keine Frage des Geschlechts, sondern der Persönlichkeit. Männer sowie Frauen sind gleichermaßen für eine Führungsposition geeignet, wenn sie die erforderliche Qualifikation mitbringen.
Wo sehen Sie die größte Herausforderung für die Zukunft?
Darin, dass es uns gelingt, Freiheit, Frieden und Wohlstand dauerhaft zu sichern.
Zur Person
- Geboren 1959 in Frankenberg, verheiratet, ein Sohn
- Ausbildung zur technischen Zeichnerin, später Weiterbildung zur Industriemeisterin
- 1985 Start bei Günther Heisskanal
- 1989 Leiterin Konstruktionsabteilung
- 2000 Technische Leiterin
- Ab 2004 Geschäftsführung mit Firmengründer Herbert Günther
- Seit 2017 alleinige Geschäftsführerin von Günther Heisskanal
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
Alle Beiträge der Autorin