Stuttgart. Mehr Klimaschutz, Millionen-Investitionen, Jobs – alles das bringen Wärmepumpen. Gerade auch heimische Hersteller setzen auf die zukunftsweisenden Heizgeräte: Sie bauen ihre Fertigungskapazitäten rasant aus. Zudem treten internationale Konkurrenten verstärkt auf den Plan. Ein heißer Wettbewerb um Marktanteile ist entfacht.

Europaweit sollen schon bis 2030 drei Millionen neue Arbeitsplätze rund um die Herstellung von Wärmepumpen, deren Installation und Service entstehen. Das erwartet die Europäische Klimastiftung ECF in einer gemeinsamen Studie mit dem Europäischen Branchenverband EHPA. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Internationale Energieagentur IEA. Gerade auch Deutschland, so die Experten, steht auf der Gewinnerseite.

53 Prozent Verkaufsplus gab es bei den Wärmepumpen im Jahr 2022

Der Trend unterstreicht die hochfliegenden Hoffnungen: Hierzulande stieg der Absatz von Heizungs-­Wärmepumpen im Jahr 2022 um über 50  Prozent gegenüber 2021, insgesamt 236.000 Geräte wurden laut Branchenverband BDH verkauft. In den ersten Monaten 2023 ging es weiter sprunghaft aufwärts. Danach führte der politische Wirbel um das Heizungsgesetz erstmal für Unsicherheit bei den potenziellen Käufern.

„Das gelang in einem schwierigen Umfeld – trotz Personal- und Lieferengpässen“, freut sich Paul Waning, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Wärmepumpe. Er ist optimistisch: „Die von der Bundesregierung ausgegebene Zielmarke von 500.000 Geräten im Jahr 2024 ist ehrgeizig, aber erreichbar.“

Der Markt wächst – auch wegen politischer Vorgaben

Für die Zuversicht des Verbandschefs gibt es mehrere gute Gründe. Ralph Henger, Experte im Institut der deutschen Wirtschaft, erläutert: „Für die Energiewende im Heizungskeller sind die umweltschonenden Wärmepumpen weitgehend alternativlos.“ Nur mit ihnen seien die ehrgeizigen staatlichen Klimaziele erreichbar.

Daher sollen hierzulande laut Bundesregierung bis zum Jahr 2030 insgesamt 6 Millionen Geräte installiert sein, mindestens. Derzeit sind es insgesamt gerade einmal rund 1,4 Millionen, gegenüber 14 Millionen Gas- und 5 Millionen Ölbrennern.

Auch um den politisch gesetzten Zielen nachzukommen, legen sich die Hersteller mächtig ins Zeug: Bei allen läuft die Produktion auf Hochtouren. Und alle bauen ihre Fertigungskapazitäten weiter aus, mit Millionen-Investitionen. Einige Beispiele:

Bosch Home Comfort produziert an den deutschen Standorten Eibelshausen und Wernau sowie in Schweden und Portugal. Bis 2030 will das Unternehmen mehr als 1 Milliarde Euro in den Ausbau seines europäischen Entwicklungs- und Fertigungsnetzwerks stecken. Ein Viertel der Summe soll in den Bau eines neuen Werks nahe Wroclaw in Polen fließen. 500 Arbeitsplätze sind geplant, die Produktion soll zum Jahreswechsel 2025/26 starten. Auch die Entwicklungskapazitäten für Wärmepumpen hat Bosch in den letzten Jahren deutlich ausgebaut, in Deutschland.

Wolf in Mainburg hat seine Fertigung mit viel Aufwand umgekrempelt, weg von Anlagen mit fossiler Heiztechnik hin zu klimafreundlicheren Anlagen, die mit erneuerbarer Energie laufen. So konnten die Niederbayern ihre Wärmepumpen-Produktion in der letzten Zeit bereits deutlich steigern. Bis zum Jahr 2025 ist das Ziel, fast zehnmal so viele Wärmepumpen wie 2021 zu bauen.

Neue Jobs in Produktion und Entwicklung

Viessmann aus Allendorf hatte bereits im Mai 2022 bekannt gegeben, binnen drei Jahren europaweit 1 Milliarde Euro in den Ausbau grüner Klimalösungen zu investieren – vor allem in die Weiterentwicklung und Produktion von Wärmepumpen. Die Entwicklungskapazitäten dafür haben die Nordhessen ausgebaut, die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich nahezu verdoppelt. Hinzu kam der Bau einer neuen Wärmepumpen-Fertigung im polnischen Legnica, eine Investition von rund 200 Millionen Euro. Kürzlich übernahm der US-Konzern Carrier Global Viessmanns Klimatechniksparte: Durch den Milliarden-Deal soll ein „zukunftssicherer globaler Klima-Champion“ entstehen.

Ihr Wärmepumpen-Geschäft hat auch die Vaillant Group massiv ausgebaut. Allein seit 2016 wurden dafür rund 1 Milliarde Euro investiert. Noch mal so viel könnte in den kommenden Jahren hinzukommen, abhängig vom zukünftigen Marktwachstum. Produziert werden Wärmepumpen am Stammsitz in Remscheid, in Frankreich und England. Hinzu kommt das neueste Werk im slowakischen Senica: Die dortige Megafabrik verdoppelt die derzeitige Fertigungskapazität auf einen Schlag.

Die Stiebel Eltron Gruppe will am Hauptsitz in Holzminden bis 2027 die Kapazitäten mehr als verdreifachen. Die Beschäftigtenzahl soll entsprechend stark auf 1.200 wachsen. Auch die weiteren europäischen Produktionsstandorte in Schweden und der Slowakei sollen gestärkt werden.

Bewerbern gefällt die Ausrichtung auf Green Tech

Doch wie sollen überhaupt die benötigten neuen Mitarbeiter gefunden werden, gerade hierzulande, angesichts des Fachkräftemangels? Rebecca Knauer, Leiterin Personalbetreuung Deutschland bei Stiebel Eltron, spricht wohl für alle Wärmepumpen-Hersteller, wenn sie sagt: „Bei den Einstellungsgesprächen bekommen wir immer wieder gespiegelt, dass die Bewerberinnen und Bewerber einen Sinn in ihrer Arbeit finden wollen und unsere Green-Tech-Ausrichtung deshalb zu ihnen passt.“ Das gelte für die Fertigung und Verwaltung ebenso wie für die Forschung und Entwicklung.

„Nicht nur die deutschen Anbieter weiten ihre Produktion in Europa deutlich aus“, berichtet Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim Wärmepumpenverband BWP. Auch internationale Wettbewerber wollen mitmischen. So investieren die japanischen Konzerne Panasonic und Daikin Millionen in neue Werke in Polen und Tschechien. Daikin unterhält darüber hinaus bereits Werke in Güglingen in Baden-Württemberg und im belgischen Ostende. Weitere große Konkurrenten kommen aus den USA, aus Südkorea und China. „Für sie alle wird der europäische Markt aufgrund der angestoßenen Heizungswende immer interessanter“, sagt Schreinermacher.

Derzeit profitieren sämtliche Hersteller von der hohen Nachfrage, beobachtet Peter Schossig vom Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE. „In ein paar Jahren wird der Markt dann anders aussehen: Der Wettbewerbsdruck dürfte spürbar steigen. Und durch die Produktion in großen Stückzahlen werden die Kosten sinken.“ Und das ist letztlich eine frohe Botschaft für private Verbraucher: „Für sie dürften die Verkaufspreise sinken.“

Wärmepumpen helfen, die Klimaziele zu erreichen

  • Deutschland will im Jahr 2030 fast zwei Drittel weniger Treibhausgas CO2 ausstoßen als 1990. Bei Gebäudeheizungen haben Wärmepumpen dabei die Schlüsselrolle – da sind sich die allermeisten Experten einig. Größere Bedeutung kommt auch der Fernwärme zu. Bioenergie oder Solarthermie sind eher für individuelle Heizlösungen wichtig.
  • Die Klimaziele erreichen – was will die Politik konkret dafür tun? Ein möglicher Baustein wäre das sogenannte Heizungsgesetz. Die Abstimmung darüber im Bundestag hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt aber vorerst gestoppt: Die Abgeordneten sollen mehr Zeit haben, den Gesetzentwurf zu studieren. Anfang September geht es weiter.
  • Weitere Ideen: Der CO2-Preis könnte schneller und stärker steigen als bislang geplant. Strom für den Betrieb von Wärmepumpen könnte verbilligt werden.
Stephan Hochrebe
aktiv-Redakteur

Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.

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