Köln. Wenn die Jahresabrechnung des Stromanbieters ins Haus flattert, erleben viele eine böse Überraschung: Plötzlich wird klar, was all die Schlagzeilen über hohe Strompreise für einen persönlich in Euro und Cent bedeuten. Wie kann man da künftig sparen? Und wäre es nicht praktisch zu wissen, wie teuer der Strom jeweils ist, den man gerade nutzt – etwa fürs Wäschewaschen?

Moderne dynamische Tarife versprechen genau das: Stundengenau lässt sich per App sehen, wie viel der Strom gerade kostet. Lohnt sich das?

Technisch muss man auf eigene Kosten nachrüsten

„Grundsätzlich ist die Idee, den Stromverbrauch in günstige Zeiten verlagern zu können, nicht schlecht“, sagt Christina Wallraf, Energiemarkt-Expertin bei der Verbraucherzentrale NRW. Es gibt bei einem dynamischen Tarif keinen Fixbetrag für jede verbrauchte Kilowattstunde mehr, stattdessen gibt der Anbieter die vielen Strompreisschwankungen an der Börse an den Endverbraucher weiter. Wenn die Stromanbieter Energie für nachts um 2 Uhr sehr günstig einkaufen, ist dann auch das nächtliche Laden des E-Autos sehr günstig. So die Theorie.

„Vor allem Haushalte mit Wärmepumpe oder E-Auto profitieren.“

Christina Wallraf, Verbraucherzentrale NRW

Bevor man nun aber voreilig seinen alten Stromvertrag kündigt und zu einem flexiblen Tarif wechselt: Ohne technische Nachrüstung geht es nicht. „Man muss seinen bisherigen Stromzähler aufrüsten“, erklärt Wallraf, „entweder durch ein intelligentes Messsystem oder einen Leseaufsatz, wenn man schon eine moderne Messeinrichtung hat.“ Dann können die Verbrauchsdaten auch aus der Ferne abgerufen werden. Den Einbau dieser als Smartmeter bekannten Messeinheit muss man selbst bezahlen – und der Netzbetreiber darf zusätzlich eine Nutzungsgebühr verlangen. Diese legt der Anbieter selbst fest. Bald soll das aber gedeckelt werden. Übrigens: Die alten schwarzen Ferraris-Zähler schlagen durchschnittlich mit einem jährlichen Entgelt von 8 bis 17 Euro zu Buche.

Technisch ist man dann startklar. Fehlt nur noch der passende Stromtarif, und da gibt es einige Alternativen. Neben flexiblen Tarifen von Lieferanten wie EnBW, EON oder einigen Stadtwerken gibt es auch Start-ups, die dynamische Ökostrom-Tarife anbieten. Die bekanntesten: Tibber und Awattar. Beide werben damit, dass sie die Börsenstrompreise direkt an ihre Kunden weitergeben (natürlich plus Steuern und Abgaben). Tibber nimmt noch eine Grundgebühr von 3,99 Euro im Monat, Awattar nimmt 3 Prozent zusätzlich. Abgerechnet wird bei diesen Tarifen einmal im Monat. Praktisch: Die Kündigungsfrist beträgt bei beiden vier Wochen.

Der Tarif lohnt sich noch nicht für jeden

Ein Vorteil solcher Tarife ist, dass man seinen Verbrauch im Blick hat und optimieren kann. Aber es gibt auch Nachteile. Expertin Wallraf empfiehlt einen dynamischen Tarif daher längst nicht für jeden: „Wer seinen Stromverbrauch nicht flexibel steuern kann, muss ja im Zweifel auch die zeitweise sehr hohen Preise zahlen.“

Vor allem Wärmepumpen- und E-Auto-Besitzer sollten sich aber mal um das Thema kümmern: Diese Geräte ziehen so große Mengen Strom, dass bereits bei einer Ersparnis von wenigen Cent pro Kilowattstunde langfristig eine größere Summe zusammenkommt. Das E-Auto, das nachts sowieso nur rumsteht, lässt sich genau dann besonders günstig laden.

Intelligente Messsysteme: Der Fahrplan für Smartmeter

Mit einer Gesetzesänderung will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Markteinführung intelligenter Stromzähler deutlich beschleunigen. Und die Nachfrage ist da: Laut einer Bitkom-Umfrage wünschen sich 78 Prozent der Deutschen einen Smartmeter in ihrem Haus oder in ihrer Wohnung. So geht es jetzt weiter:

Erster Schritt: Ab sofort können Verbraucher freiwillig und in Absprache mit ihrem Versorger auf Smartmeter umsteigen. Diese Umrüstung soll günstiger werden.

Zweiter Schritt: Ab 2025 werden Haushalte mit einem Stromverbrauch von über 6.000 Kilowattstunden im Jahr zum Einbau verpflichtet. Das gilt auch, wenn man eine stromerzeugende Anlage – etwa eine Photovoltaikanlage – mit mindestens sieben Kilowatt betreibt.

Dritter Schritt: Bis spätestens 2033 soll jeder Haushalt mit einem Smartmeter ausgestattet sein.

Nadine Bettray
aktiv-Redakteurin

Nadine Bettray schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Sie studierte Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Anschließend zog es sie zum Arbeitgeberverband METALL NRW in Düsseldorf. Am Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen absolvierte sie ein Volontariat. Wenn Nadine nicht am Schreibtisch sitzt, jubelt sie Rot-Weiss Essen zu oder rennt mit ihrem Hund durch den Wald. 

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