Mitte April hatte das Statistische Bundesamt erneut sehr gute Nachrichten für die Verbraucher: Die Inflation, die im Februar auf 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken war, lag im März nur noch bei 2,2 Prozent. Das war der niedrigste Wert seit April 2021. Die ökonomischen Prognosen für das gesamte Jahr 2024 landen derzeit im Mittel bei 2,4 Prozent, so die Auswertung „Consensus Forecast“.
Die Inflation hat sich mehr als halbiert
Die deutsche Inflationsrate hat sich also gegenüber dem Jahreswert für 2023 schon mehr als halbiert. Die Zielmarke der Europäischen Zentralbank – 2 Prozent – rückt in Sichtweite! Nächstes Jahr könnte sie erreicht werden, für 2025 werden jetzt im Schnitt der Prognosen 2,0 Prozent Teuerung erwartet (allerdings mit einer großen Spannweite). Bundesbankpräsident Joachim Nagel ist jedenfalls überzeugt, dass das „gierige Biest“ Inflation gezähmt worden ist.
Und nicht nur das: Bestimmte Dinge sind binnen Jahresfrist sogar wieder billiger geworden! Das zeigen die aufwendig erhobenen Daten des Statistischen Bundesamts, zum Beispiel für den Februar: So kostete etwa Tanken 0,4 Prozent weniger als vor einem Jahr, Strom 7,9 Prozent weniger, die Preise für Erdgas gingen um 7,5 Prozent zurück. Und dank des Deutschlandtickets waren Bahnen und Busse sogar um 23,3 Prozent günstiger. Neue Handys gab es für rund 5 Prozent weniger Geld, und auch bei einigen Lebensmitteln ließen die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat nach: um 5 Prozent für Molkereiprodukte und um über 10 Prozent für frisches Gemüse.
Wie wird die Inflation eigentlich gemessen?
In Deutschlands Läden sind laufend Hunderte von Preisermittlern unterwegs, die akribisch Daten sammeln. Und zwar für das Statistische Bundesamt – genauer gesagt für dessen Warenkorb. Der enthält statistische Mittelwerte für alles, was wir so kaufen: von Lebensmitteln und Klamotten über Möbel und Geräte bis hin zu Autos, U-Bahn-Tickets, Fernreisen und Versicherungen. Aus all diesen Werten wird dann die aktuelle Inflation im Jahresvergleich errechnet – natürlich mit einer bestimmten Gewichtung, dem sogenannten Wägungsschema. Der größte Batzen entfällt bei den meisten auf die Wohnkosten, gefolgt vom Verkehr, von Essen und Trinken und Freizeit-Ausgaben.
Wie entsteht überhaupt hohe Inflation?
Grundsätzlich gibt es drei wichtige Arten von Preistreibern: zu hohe Nachfrage – zu wenig Angebot – zu viel Geld im Umlauf. Hier je ein Beispiel für jede Variante:
- Zu hohe Nachfrage: Sie trat beispielsweise auf, als die Industriebetriebe weltweit nach dem Ende der Corona-Lockdowns ihre Produktion wieder hochfuhren. Sie brauchten etwa große Mengen an Mikrochips, um die angestauten Aufträge abzuarbeiten. Hinter dieser plötzlich erhöhten Nachfrage kamen die Chip-Hersteller nicht mehr her.
- Zu wenig Angebot: Während der Pandemie benötigte die Industrie weniger Rohstoffe, da die Betriebe weniger produzierten. Daher drosselten die Lieferanten von Erdöl oder Metallen ihre Produktion. Als die Industrie dann wieder anlief, war zunächst nicht genug Angebot auf dem Markt, um die normale Nachfrage wieder zu bedienen. Und noch viel krasser ließ der Stopp der Gaslieferungen aus Russland 2022 die Energiepreise bei uns in die Höhe schießen. Vor allem dieser Preisschock trieb dann die Teuerung der letzten beiden Jahre nach oben.
- Zu viel Geld im Umlauf: Die dramatischste Geldentwertung aller Zeiten erlebte Deutschland anno 1923. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Reichsregierung gigantisch verschuldet und musste außerdem noch hohe Entschädigungen an die Siegermächte zahlen. Letztlich wurde dann ohne Ende Geld gedruckt. Das ging so weit, dass die Menschen die Scheine in Schubkarren zum Laden schoben!
Übrigens: Wenn alles teurer wird, möchten alle mehr Gehalt. Verständlich – aber leider kontraproduktiv. Mehr Gehalt bedeutet für die Unternehmen höhere Kosten – was wiederum zu höheren Preisen führt. Diesen Mechanismus nennt man Lohn-Preis-Spirale.
Warum möchte die EZB keine Null-Inflation?
Die Euro-Währungshüter peilen eine Zielmarke von 2 Prozent Inflation an. Warum nicht weniger? Bei einer Teuerung nahe oder gar unter null würden viele Konsumenten größere Anschaffungen herauszögern – weil sie erwarten, dass auch weiterhin alles billiger wird. Aber dann gerät die Wirtschaft insgesamt ins Stocken. Und diese sogenannte Deflation ist viel schwerer zu bekämpfen als die Inflation, wie die Geschichte zeigt. Die Europäische Zentralbank in Frankfurt baut daher mit den 2 Prozent einen Puffer ein, um dieses Szenario zu verhindern.
Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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