Neckarsulm. Stefanie Ulrich ist zuständig für rund 15.500 Menschen: als Personalleiterin am Audi-Standort Neckarsulm. Und sie packt auch gerne mal ganz anders mit an, zum Beispiel kürzlich beim „Audi Social Day“: Rund 200 Mitarbeiter halfen einen ganzen Samstag lang in sozialen Einrichtungen der Region. Im T-Shirt mit dem Aufdruck „Wir leben Verantwortung“ verschönerte Ulrich da mit einigen Kollegen den Außenbereich eines Kindergartens. aktiv sprach mit der Personalerin über Engagement, über Wir-Gefühl – und über die aktuellen Herausforderungen am Standort Neckarsulm im Audi-Jubiläumsjahr.

Frau Ulrich, warum sollte ein Unternehmen überhaupt soziale Verantwortung übernehmen?

Unsere Mitarbeitenden kommen großteils hier aus der Region – sie haben hier Kinder, Großeltern, sind in Vereinen. Einrichtungen wie Kindergärten, Jugendhilfe und Pflegeheime tragen mit dazu bei, dass unsere Mitarbeitenden überhaupt zur Arbeit kommen können und dass die Lebensqualität in der Region gut ist. Deshalb geben wir deren Unterstützung auch sehr gerne zurück! Das ist für alle eine Win-win-Situation. Deshalb unterstützen wir die Einrichtungen außerdem auch laufend mit Azubi-Projekten.

Sie selbst engagieren sich mit Kollegen schon seit vielen Jahren. Was erlebt man da so alles?

Oh, da könnte ich einige Geschichten erzählen. Nie vergessen werde ich zum Beispiel den ersten Einsatz: Da hatten sich Seniorenheim-Bewohner eine Kräuterschnecke gewünscht. Wir waren schon mittendrin, hatten schon zwei Stunden gearbeitet, als ein Kollege aus der Fertigung uns plötzlich zurückpfiff: Das Ergebnis würde ja viel zu unpräzise, sagte er. Dann haben wir unter seiner Anleitung alles noch mal neu gemacht und waren danach sehr happy mit dem Ergebnis. Das ist eben die Präzision, die für Kollegen im Premium-Autobau selbstverständlich ist.

Also lernt man da auch die Kollegen und ihre Fähigkeiten besser kennen?

Das ist so. Da kommen Mitarbeitende aus den verschiedensten Bereichen zusammen, die sonst vielleicht nichts miteinander zu tun hätten. Zum Beispiel ein Kollege aus der Fertigung mit einem Fachreferenten aus der technischen Entwicklung. Das ist total faszinierend, weil man dann sieht, wie breit wir aufgestellt sind, wie unterschiedlich die Menschen und ihre Aufgaben hier sind – und was die Leute alles können.

Diese Hilfsaktion ist natürlich ein ganz spezieller Tag. Wie gelingt es Ihnen denn im laufenden Alltag, dass das riesige Audi-Werk kein sozusagen anonymer Arbeitsort ist?

Neben Aktionen wie dem Social Day haben wir noch viele weitere Angebote, um das Wir-Gefühl zu fördern. Das ist auch ganz wichtig, nur gemeinsam sind wir richtig stark! Da ist etwa der Audi-Cup, ein internationales Fußballturnier. Oder ein Bewegungswettbewerb mit einer App, die Schritte zählt: Gesundheit ist ein Riesenthema bei uns. Jedes Jahr laufen etwa 400 Mitarbeitende beim Trollinger Marathon in Heilbronn mit. Und wir haben sehr viele Dialog-Formate: Wir aus dem Management gehen regelmäßig in die Abteilungen und stellen uns dort den Diskussionen.

Kann man eigentlich messen, wie groß das Wir-Gefühl ist?

Wir haben ein jährliches Stimmungsbarometer, in dem wir abfragen, wie zufrieden unsere Belegschaft mit ihrem Arbeitgeber ist. Doch man merkt auch an Rückmeldungen zum Beispiel nach Events wie jetzt dem Familientag, wie die Stimmung so ist. Oder auch an der Zahl der Anmeldungen: Zum Familientag waren alle aktuellen Mitarbeitenden, natürlich auch die in Elternzeit, und unsere Rentner eingeladen, man durfte drei Begleitpersonen mitbringen. Es kamen rund 40.000 Leute! Wir wissen letztlich einfach: Wenn wir die Menschen hier brauchen, dann sind sie da.

Was sind in Ihrem Job aktuell die größten Herausforderungen?

Die Arbeitswelt verändert sich sehr. Zum einen geht es jetzt darum, dass wir nach der langen Coronazeit wieder physisch zusammenkommen. Wir brauchen und fördern zwar die Digitalisierung der Arbeitsplätze und das Homeoffice, aber das ersetzt den persönlichen Kontakt nicht. Deshalb geht es jetzt darum, die richtige Balance zu halten zwischen beiden Arbeitsformen. Eine zweite große Herausforderung ist der Fachkräftemangel. Wir sind zwar ein sehr attraktiver Arbeitgeber, konkurrieren aber gerade im IT-Bereich, wo wir immer mehr Fachkräfte brauchen, mit Digitalunternehmen.

Wofür brauchen Sie denn so viele IT-Spezialisten?

Wir dringen gerade in ganz neue Felder vor! Digitalisierung und künstliche Intelligenz sind Mega-Themen. Unsere Kunden wollen nicht nur ein Display im Auto. Sie brauchen ein Gesamtpaket aus digitalen Services. Wir haben mit völlig neuen Geschäftsmodellen zu tun und brauchen dafür auch ganz neue Kompetenzen.

Audi feiert dieses Jahr Jubiläum: 150 Jahre. Was ist an der Geschichte besonders?

Der Standort Neckarsulm hat eine lange Geschichte und Tradition, wir haben uns immer wieder neu erfunden. Zum Beispiel Ende der 1950er Jahre: Obwohl wir damals weltgrößter Zweirad-Hersteller waren, hatten wir den Mut, mit Volldampf wieder ins Autogeschäft einzusteigen. Auch heute brauchen wir genau diesen Mut, uns neu zu erfinden. Und es gibt einem einfach ein gutes Gefühl, zu wissen: Unsere Vorgänger haben es am Ende doch immer wieder geschafft, den richtigen neuen Weg zu finden – mit Veränderungsbereitschaft, aber auch mit dem für Baden-Württemberg typischen Tüftlergeist und nicht zuletzt einer positiven Arbeitseinstellung.

Hat Ihr Standort auch deshalb eine Vorreiterrolle im VW-Konzern?

Wir entwickeln und erproben digitale Produktionstechnologien und werden Schritt für Schritt zur Smartfactory. Wir sind hier einfach gut auf mehreren Ebenen, können Serienfertigung genauso wie Manufaktur. Und ja, das liegt sicher auch an dem Geist der Transformation, der uns hier ausmacht.

Der Audi Social Day

  • Einen Samstag lang stellten sich mehr als 200 Mitarbeiter von Audi Neckarsulm während ihrer Freizeit in den Dienst sozialer Einrichtungen.
  • 20 verschiedene Projekte trieben sie damit voran: Sie verschönerten etwa den Dachgarten einer Senioreneinrichtung, verpassten der Beratungsstelle Pro Familia in Heilbronn einen neuen Anstrich oder unterstützten die Jugendhilfeeinrichtung JuLe Neckarsulm bei einer Paddel-Aktion auf dem Kocher.
  • Auch Werkleiter Fred Schulze machte mit. Er half beim internationalen Inklusionsprojekt Wheelmap: Es markiert auf einer digitalen Landkarte öffentliche Orte als rollstuhlgerecht.
  • Weltweit engagierten sich an diesem Tag insgesamt rund 1.000 Audi-Mitarbeiter, zum Beispiel auch in Ungarn und Mexiko.
Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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