Die hohen Energiekosten stellen die Metall- und Elektro-Industrie vor große Herausforderungen. aktiv hat bei zwei Unternehmen nachgefragt, wie sie damit umgehen.
Audi investiert in Effizienz und Versorgungssicherheit
Neckarsulm. Der Audi-Standort Neckarsulm ist mit seinen rund 15.500 Beschäftigten nicht nur ein riesiger Arbeitgeber – sondern auch ein Großverbraucher in Sachen Energie. Allein der Bedarf an elektrischer Energie liegt bei rund 275.000 Megawattstunden jährlich – das entspricht etwa dem Stromverbrauch von 40.000 Menschen. Für die Produktion werden außerdem pro Jahr rund 50.000 Megawattstunden Erdgas benötigt. Damit könnte man etwa 2.600 Haushalte mit je 120 Quadratmeter Wohnfläche mit Heizung und Warmwasser versorgen.
Derzeit entsteht eine neue Lackiererei, die viel weniger Strom und Wasser verbraucht
Der Automobil-Hersteller dreht laufend an vielen großen und kleinen Stellschrauben, um Energie zu sparen und die Effizienz zu verbessern. So wurden aktuell die Beleuchtung optimiert und der Druckluftverbrauch im Karosseriebau gesenkt. Und auch bei Großinvestitionen ist Energie-Effizienz ein wichtiges Ziel: zum Beispiel bei der neuen Lackiererei, die derzeit am Standort entsteht. Achim Diehlmann, Leiter Umweltschutz, erklärt: „Durch den Einsatz neuer Lackieranlagen und -verfahren können wir unseren Strom- und Wasserbedarf deutlich verringern.“ Er nennt ein Einsparziel von 20 Prozent. Audi setzt auch auf ein modernes Trocknerkonzept: Hierbei wird die Karosserie gleichmäßiger aufgeheizt. Das Fahrzeug wird von innen nach außen erwärmt, so lässt sich die Effizienz des Verfahrens steigern.
Alle Sparmaßnahmen sind Teil eines großen Vorhabens: Bis zum Jahr 2025 sollen alle Audi-Produktionsstandorte bilanziell CO2-neutral werden. Dafür wurde auch der Anteil erneuerbarer Energien verdoppelt, von 25 Prozent im Jahr 2017 auf 50 Prozent in 2021.
So effizient auch produziert werden kann – ein Stromausfall oder eine Gasmangellage wären für Unternehmen nicht nur der Auto-Industrie fatal. Deshalb trägt Audi auch selbst dazu bei, die Versorgungssicherheit zu verbessern. Und hat jüngst mit dem Energieversorger EnBW einen neuen Energiespeicher in Betrieb genommen, für den Hochvolt-Batterien ausrangierter E-Erprobungsfahrzeuge wiederverwendet wurden. Die Anlage steht auf dem Kraftwerkgelände der EnBW in Heilbronn. Sie kann Strom aus erneuerbaren Energien speichern und Schwankungen im Stromnetz ausgleichen.
Dieser Speicher ist ein Pilotprojekt: In Zukunft könnte es deutschlandweit noch viel mehr solcher Anlagen geben.
ebm-papst setzt auf Energiescouts
Hollenbach. Rund 10.000 Euro weniger stehen bei ebm-papst auf der jährlichen Stromrechnung – seitdem Azubis in der Produktion nach Druckluft-Leckagen fahnden. Das machen sie schon seit 2010. Damals begann der Ventilatorenhersteller in der Zentrale in Mulfingen und am Standort im nahen Hollenbach Azubis zu Energiescouts zu schulen. Ihre Aufgabe: sich im Betrieb nach Energiefressern umzuschauen und Lösungen zu finden. Viel Energie entweicht etwa durch undichte Schläuche oder Ventile. „Wir arbeiten mit Druckluft, das ist sehr energieintensiv“, erklärt Felix Mayer im Gespräch mit aktiv. Im Sommer 2022 hat er seine Ausbildung zum Elektroniker für Geräte und Systeme bei ebm-papst in Hollenbach abgeschlossen und ist jetzt dualer Student für Elektrotechnik. Während der Ausbildung war er über ein Jahr als Energiescout im Betrieb unterwegs und hat etliche Leckagemessungen an den Maschinen vorgenommen.
Die jahrelange Beschäftigung mit dem Thema Energie zahlt sich jetzt aus
Mit den Produktionsleitern sprach er ab, wann undichte Teile ausgetauscht werden können. „Das geht am besten bei Schichtwechsel“, sagt Mayer. Und erklärt weiter: „Mit der Zeit wird Material einfach spröde. Deshalb sind regelmäßig Azubis auf Tour, um Lecks aufzuspüren.“ Auch andere Projekte wurden von Energiescouts umgesetzt: zum Beispiel eine Ladestation für E-Bikes – als Anreiz für die Beschäftigten, per Fahrrad zur Arbeit zu kommen. Oder es wurde untersucht, ob der Standort Mulfingen für eine Kleinwindkraftanlage geeignet wäre. Daran war auch Mayer beteiligt. Die Messungen sind abgeschlossen, nun werden die Daten ausgewertet.
„Als Unternehmen profitieren wir jetzt in der Krise davon, dass wir uns schon lange mit den Themen Energie und Nachhaltigkeit beschäftigen“, sagt Katharina Loch von der Unternehmenskommunikation. Inspiriert von ebm-papst führen übrigens die Industrie- und Handelskammern Energiescout-Schulungen durch. Hier kann man sich informieren: energiescouts.ihk.de.
Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.
Alle Beiträge der AutorinAls Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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