Während Corona sind viele Konzerte ausgefallen. Jetzt ist zwar alles wieder erlaubt – aber gestiegene Produktionskosten trüben die Freude. Eine Bestandsaufnahme

Hamburg. Mal so, mal so: Einerseits sind Konzerttickets so teuer wie nie zuvor. Mindestens 150 Euro kosten Karten für die diesjährige Metallica-Tour, trotzdem darf sich die Band wohl über ausverkaufte Hallen freuen. Andererseits werden Konzerte wegen des schleppenden Vorverkaufs wieder abgesagt. Etwa das von Patricia Kelly, Ex-Mitglied der gleichnamigen berühmten Familie.

Viele Menschen haben wieder Lust auf Konzerte

Um diese ganz unterschiedlichen Eindrücke aus der Kultur-Branche weiß Johannes Everke, Geschäftsführer beim Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV). „Klar, es gibt die ausverkauften Großevents mit den Top-Stars. Aber wir haben eben auch viele kleinere und mittlere Veranstalter, die durch das in drei Jahren Dauerkrise ausgebliebene Publikum ums Überleben kämpfen.“

Immerhin: Die während der Pandemie aufgekommene Sorge, dass Menschen die vielfältigen Kulturerlebnisse sozusagen verlernen würden – die hätte sich nicht bewahrheitet, betont der Kulturmanager. „Viele Fans kommen wieder, die Menschen haben wieder Lust auf Konzerte.“

„In drei Jahren Dauerkrise haben wir beachtliche Resilienz bewiesen“ 

Johannes Everke, Geschäftsführer BDKV

Trotzdem kämpfen manche Veranstalter ums Überleben. Laut aktuellem Ifo-Geschäftsklimaindex bekommt die positive Richtung, die die Branche nach dem Ende der Coronabeschränkungen eingeschlagen hatte, einen deutlichen Dämpfer. Zwar wird die Geschäftslage von der Mehrheit der befragten Akteure besser beurteilt als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Aber: Aufträge und Umsätze werden negativ bewertet. Das Wirtschaftsministerium schätzt sogar, dass es noch Jahre dauern wird, bis das Vorkrisenniveau von 2019 wieder erreicht ist. 

Hohe Energiepreise belasten die Veranstalter

Fehlende Fachkräfte wie Bühnen- oder Tontechniker erschweren vielen Künstlern die Tourplanung. Hohe Energiepreise und gestiegene Künstlergagen belasten das eng kalkulierte Budget der Veranstalter. Die Folge: Tickets müssten eigentlich noch deutlich teurer werden. „Das können wir uns aber im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten“, so Everke, „wenn das Haushaltskonto angespannt ist, überlegen sich viele genau, ob sie ihr Geld für Konzerte oder andere Live-Events ausgeben.“ Umso wichtiger seien jetzt die gezielten staatlichen Hilfen.

Da gibt es neuerdings etwa den „Kulturfonds Energie“ der Bundesregierung. Für die Branche stehen bis zu 1 Milliarde Euro speziell zur Bewältigung der Energiekrise bereit. Gut gemeint – aber schlecht umgesetzt, kritisiert Everke. Ein Beispiel: Festivals und Open-Air-Events sind nicht antragsberechtigt, da sie ihre Veranstaltungsorte nicht heizen müssen. „Dass die Stromkosten da gar nicht beachtet werden, ist absurd.“ Hilfreicher war da die Ende 2022 ausgelaufene Wirtschaftlichkeitshilfe. Diese gewährt einen Zuschuss auf die Einnahmen aus Ticketverkäufen.

Everkes Sorge: Im ländlichen Raum, bei Newcomern und kleinen Acts drohe die Vielfalt des Kulturangebots zu sinken. Nun fährt Metallica da sowieso nicht hin. Aber man könnte sich ja mal wieder eine lokale Rock-Band anhören – Headbanging macht auch mit ein paar Hundert Gleichgesinnten Spaß.

Der Kulturpass: 200 Euro geschenkt!

Konzert oder Theater, Kabarett oder Kino: Solcherlei Kulturgenuss haben viele junge Leute noch gar nicht recht kennengelernt, wegen der Corona-Beschränkungen. Um hier gegenzuhalten und die Kulturbranche zu fördern, gibt der Staat jetzt einen kräftigen Anreiz. Etwa 750.000 junge Bürger können je 200 Euro für kulturelle Zwecke geschenkt bekommen, 100 Millionen Euro Steuergeld stehen für dieses Pilotprojekt bereit.

Die ganze Aktion läuft unter dem Namen „Kulturpass“. Wer in Deutschland lebt und dieses Jahr 18 Jahre alt wird, erhält das persönliche Budget ab etwa Mitte Juni 2023 über die Plattform kulturpass.de – die natürlich auch per App angeboten wird. Dort kann man das Geld dann auch einlösen, zum Beispiel für Eintrittskarten aller Art, aber auch für Bücher, CDs oder Noten. Nur „lokale Kulturanbieter“ sollen laut Bundesregierung von diesem Sponsoring profitieren: „Große Verkaufsplattformen und Online-Versandhändler sind ausgeschlossen.“ Zwei Jahre lang hat man Zeit, das geschenkte Geld auszugeben.

Nadine Bettray
aktiv-Redakteurin

Nadine Bettray schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Sie studierte Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Anschließend zog es sie zum Arbeitgeberverband METALL NRW in Düsseldorf. Am Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen absolvierte sie ein Volontariat. Wenn Nadine nicht am Schreibtisch sitzt, jubelt sie Rot-Weiss Essen zu oder rennt mit ihrem Hund durch den Wald. 

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