Eine Kündigung nach Lust und Laune des Arbeitgebers – so etwas geht in unserem Sozialstaat nicht. „Ordentliche Kündigungen sind nur aus bestimmten Gründen zulässig“, sagt die Kölner Fachanwältin für Arbeitsrecht, Nathalie Oberthür, Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht beim Deutschen Anwaltsverein. Es müssen laut Kündigungsschutzgesetz bestimmte Gründe vorliegen:

  • entweder personenbezogene Gründe, zum Beispiel falsche oder mangelnde Qualifikation,
  • oder verhaltensbezogene Gründe, zum Beispiel Fehlverhalten des Arbeitnehmers,
  • oder betriebliche Gründe, zum Beispiel Umstrukturierungen oder Betriebsschließungen.

Lebenssituationen und Personengruppen mit besonderem Kündigungsschutz

Einige Beschäftigtengruppen genießen jedoch grundsätzlich oder zumindest unter bestimmten Bedingungen einen noch weitergehenden Schutz. In welchen Fällen das zutrifft, erfahren Sie in den folgenden Ausführungen:

Schwangerschaft und Mutterschutz

Viele glauben, dass werdende oder frischgebackene Mütter überhaupt nicht gekündigt werden können, aber das stimmt nicht. „Auch in der Schwangerschaft und während des Mutterschutzes gibt es keinen absoluten Schutz, sondern sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung sind weiterhin möglich“, erklärt Oberthür. Auch die üblichen Kündigungsfristen gelten weiterhin.

Der Unterschied liegt lediglich darin, dass die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden der Kündigung vorher zustimmen müssen. In der Praxis hat das zur Folge, dass während Schwangerschaft und Mutterschutz nur sehr selten gekündigt wird. Meist handelt es sich dann um Fälle von schwerwiegendem Fehlverhalten der Arbeitnehmerin – etwa Drohungen oder körperliche Gewalt – oder den Wegfall des Arbeitsplatzes, weil der Betrieb ganz oder teilweise stillgelegt wird.

Der besondere Kündigungsschutz für werdende Mütter beginnt mit der Schwangerschaft und endet mit dem Ende der gesetzlichen Mutterschutzfristen, aber frühestens vier Monate nach der Entbindung. Manchmal wird eine Schwangere gekündigt, ohne dass der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß. „Wenn die Frau ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen nachweist, ist die Kündigung unwirksam“, sagt Oberthür. In Einzelfällen ist sogar eine noch spätere Mitteilung möglich.

Elternzeit

Ist das Kind auf der Welt, haben frisch gebackene Eltern während ihrer Elternzeit ebenfalls einen besonderen Kündigungsschutz. Dabei gelten dieselben Spielregeln wie bei werdenden Müttern. Auch während der Elternzeit kann man also weiterhin gekündigt werden, sofern die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden zustimmen. Der Kündigungsschutz greift nicht erst zu Beginn der Elternzeit, sondern bereits, wenn sie beim Arbeitgeber angemeldet wurde. Es bringt aber nichts, die Elternzeit so früh wie möglich anzukündigen. Der Kündigungsschutz besteht bei Kindern unter drei Jahren nämlich maximal acht Wochen vor dem Beginn der Elternzeit, bei Kindern über drei Jahre 14 Wochen vorher. Kündigt der Arbeitgeber vor Beginn dieser Fristen, gelten die üblichen Kündigungsregelungen.

Vorsicht, wenn Eltern ihre Elternzeit in mehrere Blöcke aufteilen: „Der besondere Kündigungsschutz greift immer nur acht beziehungsweise 14 Wochen vor dem Beginn jedes einzelnen Elternzeitblocks“, so Oberthür. In der restlichen Zeit zwischen den Elternzeitblöcken gelten die üblichen Regelungen. Mit der Rückkehr aus der Elternzeit läuft der besondere Kündigungsschutz aus. Eltern können also gleich am ersten Tag ihrer Rückkehr nach den üblichen Regelungen gekündigt werden.

Pflegezeit und Familienpflegezeit

„Beschäftigte, die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen möchten, genießen ab dem Datum der Ankündigung bis zum Ende der Pflegezeit besonderen Kündigungsschutz“, sagt Oberthür. Die Ausgestaltung ist ähnlich wie bei Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit. Es kann also in Ausnahmefällen gekündigt werden, wenn die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden zustimmen. Der Kündigungsschutz startet maximal zwölf Wochen vor Beginn der Pflegezeit beziehungsweise Familienpflegezeit. Kehrt der Beschäftigte an seinen Arbeitsplatz zurück, gelten wieder die üblichen Kündigungsregeln.

Mitarbeiter mit Behinderung

Im Gegensatz zu einer weitverbreiteten Meinung haben Beschäftigte mit einer Behinderung keineswegs absoluten Kündigungsschutz, sondern sie können grundsätzlich aus den üblichen Gründen wie jeder andere gekündigt werden. Allerdings gelten Sonderregelungen für behinderte Menschen mit einem amtlich festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 50 oder gleichgestellte Mitarbeiter.

In diesem Fall ist nämlich für die Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes vorgeschrieben. „Das Integrationsamt prüft, ob die Behinderung Grund für die Kündigung ist“, erläutert Oberthür. Ist das der Fall, ist in den allermeisten Fällen keine Kündigung möglich. Hat die Kündigung jedoch andere Gründe – beispielsweise Diebstahl oder betriebsbedingte Gründe – können auch Mitarbeiter mit Behinderung in der Regel genauso gekündigt werden wie Kollegen ohne Behinderung.

Betriebsratsmitglieder

Betriebsräte genießen einen sehr weitreichenden Kündigungsschutz. „Eine ordentliche Kündigung ist nur möglich, wenn der Betrieb oder die Abteilung stillgelegt wurde“, sagt Oberthür. Das ist aber kein Freifahrtschein für schlechtes Benehmen, denn eine außerordentliche Kündigung, beispielsweise bei Diebstahl oder Tätlichkeiten, ist selbstverständlich auch bei Betriebsräten möglich. „Dieser besondere Kündigungsschutz gilt für die gewählten Betriebsratsmitglieder ab dem Zeitpunkt der Wahl bis ein Jahr nach dem Ende der Amtszeit“, erläutert Oberthür.

Einen zusätzlichen Kündigungsschutz haben auch weitere Mitarbeiter, die sich im Zusammenhang mit dem Betriebsrat engagieren. Die Details sind allerdings kompliziert. Geschützt sind zum einen die Initiatoren, die einen Betriebsrat gründen wollen. Hier greift der Kündigungsschutz, sobald die Initiatoren ihrer Absicht zur Gründung des Betriebsrats vor einem Notar öffentlich erklären, und zwar bis zum Zeitpunkt der Einladung zur Wahlversammlung, maximal jedoch drei Monate. Außerdem haben die ersten sechs Mitarbeiter, die die Einladung zur Betriebsratswahl unterschreiben, bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses Kündigungsschutz, die Kandidaten und der Wahlvorstand sogar noch sechs Monate danach.

Datenschutzbeauftragte, Immissionsschutzbeauftragte und Abfallbeauftragte

Auch Mitarbeiter mit bestimmten betrieblichen Kontrollfunktionen genießen einen zusätzlichen Kündigungsschutz. Diese Regelungen betreffen Datenschutzbeauftragte, Immissionsschutzbeauftragte und Betriebsbeauftragte für Abfall (Abfallbeauftragte). „Bei diesen Mitarbeitern ist eine ordentliche Kündigung überhaupt nicht möglich“, sagt Oberthür.

Hintergrund ist, dass solche Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz nicht gefährden sollen, wenn sie eventuelle Missstände im Unternehmen aufdecken, was ja ihre Aufgabe ist. Lediglich eine außerordentliche fristlose Kündigung ist möglich. Der Kündigungsschutz beginnt mit dem Zeitpunkt der Bestellung des Beauftragten und endet ein Jahr nach dem Ende seiner Amtszeit.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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