Grundsätzlich spricht man von einer außerordentlichen, das heißt: fristlosen Kündigung, wenn die Kündigungsfrist bei der Auflösung eines Arbeitsvertrags auf Verlangen einer der Vertragsparteien nicht eingehalten werden soll. So erklärt es Professor Franz-Josef Rose, Leiter der Rechtsabteilung der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VHU). Damit eine solche Kündigung wirksam ist, müssen allerdings erhebliche Gründe gegen die Fortführung des Arbeitsvertrags bis zum Ende der Kündigungsfrist sprechen.

Sowohl Betriebe als auch Beschäftigte können fristlose Kündigungen aussprechen

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung können sowohl das Unternehmen als auch der Beschäftigte unter bestimmten Umständen geltend machen. Wird eine solche Kündigung vonseiten des Unternehmens ausgesprochen, liegen die Gründe dafür in den meisten Fällen im Verhalten des Mitarbeitenden, zum Beispiel wenn er den Betriebsablauf massiv stört, die Arbeitsleistung verweigert oder das Vertrauen des Arbeitgebers missbraucht.

„Eine außerordentliche Kündigung ist etwa regelmäßig dann unstrittig, wenn ein Angestellter strafrechtsrelevante Delikte begeht“, erläutert Rose, „etwa Werkzeuge entwendet oder nach dem Gebrauch nicht wieder aushändigt, sie also unterschlägt.“ Auch wenn Betriebsgeheimnisse verraten werden oder ein Mitarbeiter dienstliche E-Mails an seinen privaten Account weiterleitet, um diese Informationen dann für die Tätigkeit bei einem konkurrierenden Unternehmen zu nutzen, rechtfertigt das die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dasselbe gilt, wenn ein Angestellter eine Kollegin sexuell belästigt, zum Beispiel durch eine absichtliche Berührung der Geschlechtsmerkmale, urteilte das Bundesarbeitsgericht (Aktenzeichen 2 AZR 302/16 vom 29.06.2017).

Weitere Gründe für eine außerordentliche Kündigung sind unerlaubtes Entfernen vom Arbeitsplatz, Selbstbeurlaubung, rassistische, ausländerfeindliche Bemerkungen oder die erhebliche Störung des Betriebsfriedens.

Keine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen oder wegen einer Erkrankung

Aus betriebsbedingten Gründen kann dagegen meist keine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Dies gilt sogar dann, wenn die Geschäftsausübung nicht mehr möglich ist, zum Beispiel, weil die geschäftlichen Beziehungen mit Russland aufgrund von politischen Entscheidungen nach Beginn des Ukraine-Kriegs nicht mehr aufrechterhalten werden können (Landesarbeitsgericht Köln, 4 Sa 17/23 vom 13.06.2023).

Auch wegen einer Erkrankung ist grundsätzlich keine außerordentliche Kündigung erlaubt – es sei denn, diese wird nur vorgetäuscht. Wenn die AU-Bescheinigung bei einer Krankheit nicht eingereicht wird, ist das ebenfalls kein ausreichender Grund, weil sie nachgeliefert werden kann.

Ein Beschäftigter wiederum hat das Recht zur fristlosen Kündigung, wenn er beispielsweise von seinen Vorgesetzten beleidigt wird, das Gehalt unpünktlich oder gar nicht gezahlt wird oder etwa Arbeitsschutzmaßnahmen nicht beachtet werden und er sich deshalb auf der Arbeit in Gefahr bringt. Als Leitlinie bei der Abwägung, ob eine außerordentliche Kündigung rechtens ist, gilt: „Das Abwarten bis zum Ende der Kündigungsfrist muss für eine der Parteien unzumutbar sein“, erläutert Rechtsanwalt Rose.

Damit die fristlose Kündigung glaubhaft ist, muss sie zudem zügig ausgesprochen werden, und zwar innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntwerden des Vorfalls. Das gibt der Paragraf 626 des Bürgerlichen Gesetzbuch vor. Kündigt das Unternehmen mit sofortiger Wirkung, muss wie sonst auch der Betriebsrat – sofern vorhanden – informiert werden. Dieser hat dann drei Tage Zeit zur Stellungnahme.

Auch vor der außerordentlichen Kündigung muss in der Regel abgemahnt werden

Und wichtig: Vor einer außerordentlichen Kündigung muss in vielen Fällen eine Abmahnung ausgesprochen werden, nur in Ausnahmefällen kann sie unterbleiben. „Kommt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter notorisch zu spät und soll deshalb fristlos gekündigt werden, ist zunächst abzumahnen“, so Rose. Denn die Verspätungen sind zwar ärgerlich, aber dennoch nicht so gravierend, dass auf die Abmahnung verzichtet werden könnte. „Hat ein Angestellter dagegen seine Vorgesetzte grob beleidigt oder gar einen Diebstahl begangen, kann auf die Abmahnung ausnahmsweise verzichtet werden.“ Die Pflicht, das Unternehmen zunächst abzumahnen, haben analog auch Angestellte, die das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen wollen.

Gegen eine außerordentliche Kündigung kann Klage beim Arbeitsgericht eingereicht werden, und zwar innerhalb von drei Wochen. Dieses prüft dann unter anderem, ob nicht ein weniger einschneidendes Mittel zur Sanktionierung des Fehlverhaltens ausgereicht hätte, zum Beispiel eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

Alle Beiträge der Autorin