Rietheim-Weilheim. Als Vertriebler kennt er viele ferne Länder schon ziemlich gut. Er besucht etwa Heizungshersteller in China, die sich für mechatronische Komponenten interessieren. Oder zeigt Hausgeräte-Herstellern in Amerika, was es alles so an technischen Innovationen gibt. Aber neuerdings bringt Markus Croner auch ein ganz anderes, gar nicht mechatronisches Produkt an den Mann: nämlich Schutzmasken!

„Zu unseren Kunden zählen jetzt auch Krankenhäuser, Pflegeheime, Kliniken und Behörden“, erzählt Croner (49), Vertriebsleiter des Unternehmens Marquardt in Rietheim-Weilheim. aktiv sprach mit ihm, um zu erfahren: Warum ist Marquardt ins Maskengeschäft eingestiegen – haben Masken am Ende doch etwas mit Mechatronik zu tun?

Viele Fähigkeiten, die ein Autozulieferer haben muss, helfen auch bei anderen Produkten

Alles begann, als Schutzausrüstung zu Beginn der Pandemie noch Mangelware war. Harald Marquardt, der Chef des Familienunternehmens, wollte helfen – und nutzte sein globales Lieferantennetzwerk, um Behörden und Kliniken mit Masken zu versorgen. Bald aber stieg das Unternehmen, das zu etwa 80 Prozent für die Auto-Industrie arbeitet, selbst in die Masken-Produktion ein.

Warum sich das anbot, kann Croner gut erklären: Im Geschäft mit den schützenden Masken zähle vor allem ein hoher Qualitätsstandard bei dennoch wettbewerbsfähigen Preisen, man müsse flexibel, aber zuverlässig liefern. „Und das alles beherrschen wir als Automobil-Zulieferer perfekt – fast egal, um welches Produkt es letztlich geht.“ So habe man etwa eine umfassende Qualitätskontrolle leicht auf die Beine stellen können, weil man auch damit eben schon Erfahrung hat.

Kunden legen Wert auf Regionalität

Die Nachfrage ist groß, auch, weil viele Kunden Wert auf Regionalität legen, wie der Vertriebsleiter weiß. Kein Wunder: Der Zoll hat seit Beginn der Pandemie schon Hunderte Millionen mangelhafte Exemplare aus dem Verkehr gezogen – Masken etwa aus Fernost, die nicht den Normen entsprechen oder sogar als unsicher entlarvt wurden. So kommen immer wieder neue Kunden auf Croner und sein Team zu: „Viele sind allein schon durch Mundpropaganda auf uns aufmerksam geworden.“

Weil die Nachfrage aus dem In- und Ausland so stark steigt, hat Marquardt jüngst seine Produktionskapazitäten am Hauptsitz aufgestockt und in zusätzliche Fertigungslinien investiert. Das Unternehmen kann nun mehrere Millionen Stück pro Monat liefern, medizinische Masken und FFP2-Modelle. „Die ganze Belegschaft ist stolz darauf“, so Croner.

Rund 40 Mitarbeiter sind in der Maskenproduktion beschäftigt

Zumal die Maskenproduktion auch helfe, Beschäftigung zu sichern. Die Krise habe das Geschäft einbrechen lassen: „Obwohl wir von Zukunftsthemen wie der Elektromobilität profitieren, haben wir den Rückgang im globalen Pkw-Geschäft deutlich gespürt.“

In Rietheim-Weilheim hat Marquardt rund 2.500 Beschäftigte. Neben der Auto- und Hausgeräte-Industrie zählen beispielsweise auch Hersteller von Haustechnik und Medizintechnik zu den Kunden. Rund 40 Mitarbeiter arbeiten inzwischen in der Maskenproduktion. Und Croner hat nun eben auch mit Klinikchefs oder Apothekern zu tun, einer neuen Klientel. Kein Problem: „Als Vertriebsleiter lernt man sowieso die verschiedensten Menschen kennen – und genau das ist eines der Dinge, die ich an meinem Beruf so mag.“

Ob es um Mechatronik oder Masken geht: Lächeln hilft im Vertrieb

Der Mann war für die Firma schon in den entlegensten Ecken der Erde, hat bei Kundenbesuchen mit Stäbchen gegessen oder traditionelle örtliche Kleidung angezogen, um sich Sehenswürdigkeiten zeigen zu lassen. „Fremde Kulturen faszinieren mich einfach, an viele Erlebnisse erinnere ich mich noch wie heute“, erzählt er. „Dabei ist mir immer wichtig, mich auf andere Kulturen wirklich einzulassen und den Menschen Wertschätzung zu zeigen.“ Besonders schön sei, wenn aus solchen Begegnungen langfristige Kontakte entstehen.

Zum Vertrieb ist Croner übrigens durch ein Aha-Erlebnis gekommen. Als Absolvent der Feinwerk- und Mikrotechnik arbeitete er zunächst in Entwicklung und Projektleitung. Irgendwann störte es ihn in einem Betrieb auf dem Lebensweg dann doch, dass er meist vom Vertrieb gesagt bekam, was dem Kunden tatsächlich wichtig sei. „Da merkte ich, dass ich selbst gestalten und direkt mit den Kunden in Kontakt sein will.“ Ob es nun um Mechatronik oder um Masken geht, das aus seiner Sicht Wichtigste am Vertrieb beherrscht er aus dem Effeff: „Jeden Tag Freude an der Arbeit und ein Lächeln im Gesicht haben.“ Das hilft auch in Zeiten wie diesen, wo ein Lächeln oft nur hinter einer Maske hervorblitzen kann.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf als Vertriebsleiter?

Ich habe Feinwerk- und Mikrotechnik studiert und dann in Entwicklung und Projektleitung gearbeitet. Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich lieber ganz nah am Kunden sein will.

Was reizt Sie daran am meisten?

Dass man global arbeitet, dass man mit vielen ganz verschiedenen Menschen und Kulturen zu tun hat.

Worauf kommt es an?

Im technischen Vertrieb braucht man ein Grund-Know-how an Technik, klar. Aber auch soziale Kompetenz – und jeden Tag ein Lächeln im Gesicht!

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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