Wuppertal. In Kürze treffen sich Staatschefs und Wissenschaftler zum UN-Klimagipfel im schottischen Glasgow. Ganz oben auf der Tagesordnung: Wie kann man den menschengemachten Klimawandel begrenzen? Dass das nur zusammen gelingen kann, darüber herrscht Einigkeit. Über den Weg dahin allerdings längst nicht immer.

Politiker fordern mehr Tempo beim nationalen Klimaschutz

„Die Konferenz in Glasgow muss ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Klimatransformation werden“, sagt Lukas Hermwille vom Forschungsbereich Internationale Klimapolitik am Wuppertaler Klimainstitut. „Denn wir lösen den Klimawandel nicht einfach mit einem Stopfen auf dem Auspuff.“

„Wir lösen den Klimawandel nicht einfach mit einem Stopfen auf dem Auspuff“

Nach der coronabedingten Verhandlungspause sind die Erwartungen der Öffentlichkeit an die Teilnehmer hoch: Es gilt, zähl- und prüfbare Ergebnisse zu liefern. Viele Politiker haben bereits für ehrgeizigere nationale Klimaschutzziele geworben. Auch (Noch-)Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und UN-Generalsekretär António Guterres, der die Welt bei der Erderwärmung auf einem „katastrophalen Weg“ sieht. Er mahnt daher zu höherem Tempo bei der Umsetzung der gesteckten Ziele.

Dazu geben die Staaten einfach Selbstverpflichtungen ab, die sie dann nach der Konferenz in nationales Recht umwandeln müssen. Der Haken daran: Internationale Sanktionen gibt es nicht. Und auch keine Weltpolizei, die untätige Länder etwa mit Strafen dazu zwingen könnte, weniger CO2 auszustoßen oder mehr Windräder zu bauen.

 

Mit großen Überraschungen bei den nationalen Klimaschutzbeiträgen rechnet Hermwille bei den anstehenden Verhandlungen aber ohnehin nicht. Gestritten wird vermutlich dennoch. Vor allem ums Geld: Die Industriestaaten, Hauptverursacher des Klimawandels, hatten 2009 versprochen, die Entwicklungsländer bis 2020 mit jährlich 100 Milliarden US-Dollar zusätzlich zu unterstützen. „Weil diese Zusagen von 2009 noch nicht erreicht wurden, wird jetzt nachverhandelt.“

China hat den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft bis zum Jahr 2060 angekündigt

Eine entscheidende Rolle im Klimaschutz spielt China. Das Riesenreich stößt mit Abstand die meisten schädlichen Treibhausgase aus. Während China früher bei ambitionierten Zielen zurückhaltend war, prescht Staatspräsident Xi Jinping vor dem Treffen in Schottland mit konkreten Zusagen vor: Der maximale CO2-Ausstoß soll bis 2030 erreicht sein – und das ganze Land bis 2060 klimaneutral. „In China bewegt sich gerade sehr viel“, so Hermwille. „Die chinesische Regierung ist überzeugt, dass ihre wirtschaftliche Entwicklung davon abhängt. Bisher hat sie Ziele immer so gesetzt, dass sie sie auch erreichen konnte.“

Mehr Klimaschutz! Seit Jahren fordern Demonstranten härtere Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel – wie hier im November 2015 in Berlin.

Ähnlich positive Signale kommen aus Washington, die Regierung von US-Präsident Joe Biden wirbt für eine ambitionierte Klimapolitik. Die Zeit drängt, in Glasgow geht es um enorm viel: „Am Ende entscheidet jedes Zehntelgrad über das Schicksal von Millionen von Menschen.“

Weltklimabericht: Schnellere Erwärmung, extremeres Wetter

Worum geht es? „Es ist eindeutig, dass menschliches Handeln die Atmosphäre erwärmt hat“, schreiben die Autoren des jüngsten offiziellen Klimaberichts IPCC. Daran arbeiten mehr als 230 Wissenschaftler und Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen und Ländern mit. Für den IPCC werten sie Studien aus, skizzieren den Istzustand und entwerfen mögliche Zukunftsszenarien.

Was steht im Bericht? Erst mal keine guten Nachrichten. Denn das vergangene Jahrzehnt war im Schnitt rund 1,1 Grad wärmer als die Zeit von 1850 bis 1900, über der Landfläche sogar 1,6 Grad. Der Meeresspiegel steigt immer schneller an, derzeit im Schnitt 3,7 Millimeter pro Jahr. Die Folgen: Extremwetter werden öfter auftreten – und Teile des Planeten auf Dauer wohl unbewohnbar werden.

Und jetzt? Nur laut dem optimistischsten Szenario, das allerdings sofortigen entschiedenen Klimaschutz voraussetzt, könnte der Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts noch auf etwa 1,5 Grad begrenzt werden. Ein mittleres Engagement mit einem Ausstieg aus fossilen Energieträgern erst nach 2050 bringt 2 bis 3,5 Grad höhere Temperaturen. Und ganz ohne stärkeren Klimaschutz sind laut Bericht schlimmstenfalls bis zu 5,7 Grad zu erwarten.

Wo gibt’s mehr Infos? Aus erster Hand kann man sich direkt auf der deutschen Seite des IPCC informieren: www.de-ipcc.de/270.php

Nadine Bettray
aktiv-Redakteurin

Nadine Bettray schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Sie studierte Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Anschließend zog es sie zum Arbeitgeberverband METALL NRW in Düsseldorf. Am Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen absolvierte sie ein Volontariat. Wenn Nadine nicht am Schreibtisch sitzt, jubelt sie Rot-Weiss Essen zu oder rennt mit ihrem Hund durch den Wald. 

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