Henstedt-Ulzburg. Das Hochwasser in West- und Mitteleuropa im Hochsommer 2021 hat uns erneut auf schreckliche Art und Weise vor Augen geführt, was Experten schon lange prognostizieren: Die Unwetter und Naturkatastrophen nehmen zu – und richten auch in Deutschland erhebliche Schäden in Häusern beziehungsweise Wohnungen an. „Die klassische Wohngebäudeversicherung zahlt bei solchen sogenannten Elementarschäden leider nicht“, sagt Versicherungsexperte Thorsten Rudnik, Berater für die Verbraucherzentralen.

Nach Starkregen, Hochwasser, Erdrutschen und anderen Naturereignissen bleibt der Eigentümer also auf den Kosten sitzen. Und das können ganz leicht fünfstellige oder sechsstellige Summen werden, beispielsweise wenn in einem vollgelaufenen Keller teure Werkzeuge lagern oder Wände, Decken und die Elektrik durchfeuchtet werden. In schweren Fällen, wenn das Gebäude sogar abgerissen werden muss, ist nicht nur das Vermögen futsch: Der Eigentümer muss unter Umständen auch noch die Abrisskosten zahlen.

Am Ende stehen Immobilienbesitzer dann vor dem Nichts – so wie derzeit viele Opfer der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Viele von ihnen waren nämlich nicht gegen ein solches Ausnahmeereignis versichert und haben alles verloren. Experten wundert das nicht, denn in Deutschland ist nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weniger als die Hälfte der Gebäude gegen Elementarschäden versichert.

Preiswerter Zusatzschutz zur Hausrat- und zur Wohngebäudeversicherung

Gegen diese Risiken durch das Wirken der Natur schützt eine Elementarschadenversicherung, die Thorsten Rudnik jedem Hauseigentümer dringend empfiehlt. „In der Regel sind diese Policen an die bestehenden Immobilienversicherungen gekoppelt, können also nicht separat abgeschlossen werden“, erklärt der Versicherungsexperte.

Sinnvoll sind zwei Zusatzverträge: Zum einen benötigen Eigentümer eine Ergänzung der Wohngebäudeversicherung, die zahlt, wenn es Schäden am Gebäude gibt. Zum anderen sollten Eigentümer und auch Mieter eine Erweiterung der Hausratversicherung abschließen, damit ebenfalls Unwetterschäden an Möbeln, Haushaltsgeräten und Co. abgedeckt sind. Dieser wichtige Zusatzschutz kostet zusammen selten mehr als 200 Euro pro Jahr.

Wer in gefährdeten Gebieten wohnt, hat oft das Nachsehen

„Das Hauptproblem ist allerdings, überhaupt einen Vertrag zu bekommen“, so die Erfahrung des Experten. Die Versicherer prüfen die Risiken inzwischen nämlich sehr detailliert. Gerade in besonders gefährdeten Gebieten versichert nicht jeder Anbieter jedes Gebäude.

Auch wenn es in den letzten zehn Jahren schon ein Schadensereignis gab, ist eine Versicherung oft nur schwer zu bekommen. „Man sollte es aber auf jeden Fall versuchen und gegebenenfalls den Versicherer der Hauptversicherung wechseln“, empfiehlt Rudnik. Angesichts der gigantischen Schäden der aktuellen Hochwasserkatastrophe wird derzeit auch über eine Versicherungspflicht für alle Immobilien diskutiert. Ob diese wirklich kommt, wird sich allerdings erst noch zeigen. Bis dahin muss sich jeder selbst um ausreichenden Schutz für sein Heim kümmern.

Paketpreise der Versicherer unterscheiden sich nicht stark

Bei den Verträgen selbst gibt es nach Einschätzung des Versicherungsexperten meist keine großen Unterschiede. In der Regel handelt es sich um Pakete, in denen alle möglichen Risiken abgedeckt sind, auch wenn sie im Einzelfall gar nicht bestehen. Man ist also beispielsweise auch dann gegen Lawinen versichert, wenn kein einziger Berg in der Nähe ist. Bestimmte Schäden, etwa durch Sturmfluten oder steigendes Grundwasser sind überhaupt nicht versicherbar.

Selbstverständlich sollte man alle Fragen im Antrag peinlich genau und wahrheitsgemäß beantworten. Ansonsten muss man damit rechnen, dass der Versicherer im Ernstfall nicht zahlt. „Eine Selbstbeteiligung ist in Ordnung, sollte aber nicht mehr als 1.000 Euro betragen“, rät der Versicherungsexperte.

Üblicherweise handelt es sich um Jahresverträge, die sich jedes Jahr automatisch verlängern. „Ein gewisses Restrisiko bleibt allerdings, dass der Vertrag bei einer Neubewertung der Lage oder nach einem Schaden nicht verlängert wird“, so Rudnik.

Extremwetter: Karte zeigt Risiko

Starkregen, Hagelschlag, Wintersturm und so fort: Welche Regionen sind in Deutschland wie stark von extremem Wetter betroffen – und wie wird sich das bis etwa 2050 verändern? Mit einer interaktiven Karte führt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (www.gisimmorisknaturgefahren.de) die aktuellen Extremwetter-Risiken ebenso vor Augen wie die voraussichtlichen Folgen des Klimawandels. Die Nutzung des Tools ist gratis möglich.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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