Offenburg. Wer kennt es nicht, das durchsichtige Klebeband, das beim Verpacken nahezu unverzichtbar ist? Das Tesa-Werk in Offenburg ist der einzige Standort weltweit, an dem Tesafilm hergestellt wird – seit 1961. Rund 435 Mitarbeiter produzieren dort gut 250 Millionen Quadratmeter Klebefolien und -bänder pro Jahr.
Drei Viertel der Produktion geht aber nicht als „Tesafilm“ oder „Malerband“ in den Handel, sondern wird für Spezialanwendungen in Smartphones, Displays, Autos, Flugzeugen oder Photovoltaikdächern eingesetzt. Bei Hightech-Klebelösungen für die Elektronik- und Automobilbranche zählt Tesa, Teil der Beiersdorf-Gruppe, zur Weltspitze: Zu den Kunden gehören Audi, BMW, Daimler, Ford, Opel, VW, BASF, Bosch und Siemens.
Harze steuern die Haftung, Elastomere die Festigkeit
Herzstück der Produktion sind große Klebeband-Beschichtungsanlagen: Diese tragen auf einem Trägermaterial wie Gewebe oder Papier die Klebmasse gleichmäßig in genau definierter Dicke auf. „Das hört sich einfach an, ist aber überaus komplex, da wir rund 2.100 Produkte mit unterschiedlichem Anforderungsprofil herstellen“, erklärt Werkleiter Holger Rauth. Das Spektrum reicht vom wiederablösbaren Powerstrip bis zum extrem klebkräftigen Streifen für die Industrie. Harze steuern die Haftung und Elastomere die Festigkeit, die Rezeptur bleibt jedoch geheim.
Die dünnsten Folien im Sortiment sind mit fünf Mikrometern zehnmal dünner als ein Haar und benötigen viel weniger Platz als Schräubchen oder Klemmen. Raffiniert ausgestattet übernehmen sie oft zusätzliche Funktionen wie die Steuerung von Licht und Wärme oder Schutz vor einen Kurzschluss.
Als Aufgaben der Zukunft sieht Rauth die Nachhaltigkeit, den demografischen Wandel und die Digitalisierung. Er möchte „junge Menschen intensiv fördern“ sowie „Ressourcen und die Umwelt schonen“. Schon heute würden mehr als 60 Prozent der gesamten Produktion des Werks ohne Lösungsmittel hergestellt. Der Trend gehe zu Produkten, bei denen „biobasierte Materialien und Recycling-Fähigkeit eine entscheidende Rolle spielen“.
130 Tesa-Tapes stecken in einem Elektro-Auto
„Tesa entwickelt jedes Jahr bis zu 100 neue Klebelösungen“, schwärmt Tesa-Vorstand Norman Goldberg, der selbst Chemiker ist. So stecken mehr als 130 Tesa-Tapes in einem E-Auto und über 70 in einem Smartphone.
Das Unternehmen zählt selbst zur Innovationselite des deutschen Mittelstands und wurde kürzlich mit dem „Top 100-Siegel 2021“ ausgezeichnet. Darüber hätte sich „Tesa Pionier“ Hugo Kirchberg, der vor über 80 Jahren den Tesafilm erfunden hat, wohl sehr gefreut. Er glaubte fest an die unbegrenzten Möglichkeiten der Selbstklebetechnologie.
Dr. Sabine Latorre war bei aktiv 22 Jahre lang die Spezialistin für Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie – bis zu ihrem Rentenbeginn im April 2024. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Außerdem schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.
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