Köln/Stuttgart. Die Inflation nagt kräftig an der Kaufkraft der Verbraucher. Trotz allem stehen die Beschäftigten in der Metall- und Elektro-Industrie (M+E) aber noch vergleichsweise gut da! Warum das so ist, erklärt Hagen Lesch, Experte für Tarifpolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft, im Gespräch mit aktiv.
Die Preise sind dieses Jahr spürbar gestiegen. Braucht es da nicht einen Ausgleich für die Arbeitnehmer?
Dieser extern verursachte Wohlstandsverlust ist momentan leider unvermeidlich. Und die Unternehmen können ihn nicht auffangen, sie sind ja von den Preissteigerungen genauso betroffen wie die privaten Verbraucher. Die höheren Kosten schmälern den finanziellen Spielraum der Betriebe für eigentlich unverzichtbare Investitionen in die Zukunft.
Aber eben auch die Kaufkraft der Menschen …
Natürlich. Aber wenn man sich die Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt anschaut, wird klar: Die M+E-Entgelte sind deutlich stärker gestiegen als die Preise. Das hat den Beschäftigten einen Reallohngewinn beschert, von dem sie jetzt gewissermaßen zehren können. Sie sind also besser dran als viele andere.
Seit 2018 hat es aber keine Tabellenerhöhung bei den Löhnen mehr gegeben. Sind die M+E-Beschäftigten damit nicht doch zu kurz gekommen?
Nein, sie sind sicher nicht zu kurz gekommen. Denn auch nach 2018 gab und gibt es Entgelterhöhungen, nur eben in anderer Form. 2019 wurde das tarifliche Zusatzgeld T-ZUG eingeführt – immerhin 27,5 Prozent eines Monatslohns. Dazu kam noch ein Zusatzbetrag. Und in der letzten Tarifrunde haben sich die Tarifpartner auf den sogenannten Trafo-Baustein geeinigt, eine neue jährliche Sonderzahlung. 2022 sind das 18,4 Prozent eines Monatsgehalts, ab 2023 sogar 27,6 Prozent. Nach Berechnungen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall summieren sich diese Komponenten seit Anfang 2019 und bis 2023 insgesamt auf eine Entgelt-Steigerung von rund 5 Prozent.
Sind solche Zahlungen denn gleichwertig wie eine Tabellenerhöhung?
Das sind sie durchaus, denn sie sind ja auch dauerhaft. Und mit jeder künftigen Tabellenerhöhung steigen sie mit, da sie prozentual ans Monatsgehalt gekoppelt sind. Der einzige Unterschied: Diese Zahlungen werden nicht monatlich ausgezahlt, sondern jährlich, also ähnlich wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.
Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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