München. Die globale Wirtschaft steht vor kolossalen Umbrüchen. Die Digitalisierung verändert die Art, wie wir leben und arbeiten. Zudem krempelt sie die Prozesse um, wie Betriebe produzieren. Gleichzeitig fordert der Klimaschutz ein Umdenken in nahezu allen Bereichen.
Auf diese Herausforderungen müssen sich auch die Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie einstellen. Nötig sind Veränderungsbereitschaft und Flexibilität bei Betrieben und Mitarbeitern – und einiges an Investitionen.
Das gilt insbesondere für die Digitalisierung und die Entwicklung hin zur Industrie 4.0. Produktionsprozesse und Abläufe in der Logistik müssen miteinander vernetzt werden. In einer intelligenten Fabrik kommunizieren Maschinen miteinander – und veranlassen etwa eigenständig ihre Reparatur. Fertigungsprozesse in der Produktion finden selbstständig statt. Zudem eröffnen digitale Geschäftsmodelle neue Chancen.
Fort- und Weiterbildung werden wichtiger denn je
Für Unternehmen steht das alles ganz oben auf ihrer Agenda. In einer Umfrage des IT-Verbands Bitkom unter Industrieunternehmen in Deutschland betrachten 93 Prozent Industrie 4.0 als Chance und nicht als Risiko. Zugleich sehen 94 Prozent sie als Voraussetzung dafür, dass die deutsche Industrie wettbewerbsfähig bleiben kann. 81 Prozent haben 2020 Anwendungen aus dem Bereich Industrie 4.0 bereits genutzt oder es geplant.
Allerdings: Hohe Investitionskosten erschweren das Rüsten fürs digitale Zeitalter. 73 Prozent der befragten Unternehmen sehen in ihnen das größte Hemmnis für den Einsatz von Industrie-4.0-Anwendungen. Jeder Euro wird also dringend gebraucht, damit in die digitale Zukunft investiert werden kann.
Doch nicht nur auf die Betriebe selbst kommt viel an Veränderung zu. Auch die Mitarbeiter müssen sich auf Arbeitsprozesse vorbereiten, die viel digitaler sein werden als bislang. Und das bedeutet: Fort- und Weiterbildung werden elementar. Das gehen die Unternehmen bereits gezielt an – und bilden ihre Mitarbeiter genau in den Fertigkeiten weiter, die in den Betrieben benötigt werden. Denn die entsprechenden Fachkräfte werden gebraucht, wenn die voll digitalisierte Fabrik Wirklichkeit werden soll.
Die Mehrheit der befragten Unternehmen geht folglich auch davon aus, dass die Entwicklung zur Industrie 4.0 neue Arbeitsplätze für gut qualifizierte Fachkräfte schaffen wird. Jobs für Geringqualifizierte dürften jedoch tendenziell verschwinden.
Doch das ist längst noch nicht alles, was derzeit von und in den Betrieben an Veränderungen abverlangt wird. Auch der notwendige und gesellschaftlich gewünschte Klimaschutz schlägt voll auf den Betriebsalltag durch.
Die EU hat das Ziel ausgegeben, bis 2050 klimaneutral zu werden. Schon im Jahr 2030 sollen nur noch 45 Prozent der Menge an schädlichem Treibhausgas ausgestoßen werden, die 1990 gemessen wurde.
Investitionen für den Klimaschutz sind teuer
Für dieses Ziel muss natürlich auch die Industrie ihren Beitrag leisten. Und das heißt: Neue energieeffizientere Produkte müssen entwickelt werden – was Geld kostet. Und natürlich muss der Einsatz fossiler Energieträger in recht kurzer Zeit dramatisch reduziert werden. Auch das kostet, weil auf diversen Ebenen in klimafreundlichere Produktionsprozesse investiert werden muss.
Besonders schwierig dürfte diese Entwicklung für Firmen werden, die mit Mitbewerbern an Standorten weltweit konkurrieren, deren Regierungen weniger harte Klimarichtlinien festlegen.
Klar ist also: Bei Digitalisierung und Klimaschutz all das umzusetzen, was nötig ist, wird die Unternehmen sehr viel Geld kosten. Geld, das wegen der Corona-Krise bei vielen derzeit besonders knapp ist. Das Dilemma dabei: Wer heute nicht investieren kann, verbaut sich möglicherweise seine Chancen für morgen.
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Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.
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