München. „Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten vertrauensvoll und zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.“ So steht es im Betriebsverfassungsgesetz, das seit den 1950er Jahren in Deutschland die Mitbestimmung in Firmen mit mehr als fünf Mitarbeitern regelt. Es sorgt dafür, dass Konflikte zwischen Unternehmensführung und Belegschaft in respektvollem Dialog beigelegt werden können.
Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiten in Westdeutschland 42 Prozent der Beschäftigten in einer Firma mit Betriebsrat, im Osten sind es 35 Prozent.
Die Betriebsräte haben großes Mitspracherecht, können auch selbst Themen auf den Tisch bringen. Das nennt man Initiativrecht. Ergebnisse, auf die sich beide Seiten einigen, werden oft in einer Betriebsvereinbarung festgehalten. So lassen sich Arbeitsbedingungen einheitlich und für alle Beschäftigten des Betriebs bindend herstellen.
Mitreden bei Pausen und Gesundheitsschutz
Typisches Beispiel ist die Betriebsordnung. Sie regelt Dinge wie Arbeitskleidung oder Alkoholverbot am Arbeitsplatz. Bei der Arbeitszeit ist der Betriebsrat ebenfalls gefragt: Er bestimmt mit, wann es Pausen gibt. Auch in Sachen Kurzarbeit, Betriebsferien sowie im Arbeits- und Gesundheitsschutz haben Arbeitnehmer ein wichtiges Wort mitzureden. Gibt es keine tarifliche Vergütungsordnung, können sie bei Gehaltsbändern, Sonderzahlungen und Provisionen mitbestimmen.
Das gilt ebenso für Personalfragen wie Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen in Entgeltgruppen oder Versetzungen – allerdings nicht bei Kündigungen. Mitwirkungsrechte hat der Betriebsrat bei Betriebsänderungen wie Umzug eines Werks oder Fusionen. Muss ein Betrieb schließen, kann der Betriebsrat über den Sozialplan mitbestimmen, wie die Folgen für die Betroffenen abgefedert werden.
Eine Ausweitung des Regelwerks wäre bedenklich
Aus Sicht der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm ist das aktuelle Niveau der betrieblichen Mitbestimmung völlig ausreichend. Die Verbände warnen davor, das historisch gewachsene Regelwerk zu ändern, etwa in Bezug auf die Ausgestaltung der mobilen Arbeit („Homeoffice“).
„Eine Ausweitung der Mitbestimmung halten wir für rechtlich bedenklich und inhaltlich fragwürdig“, sagt vbm-Verhandlungsführerin Angelique Renkhoff-Mücke. Es sei nicht einzusehen, warum Arbeitnehmervertreter auch bei kleinen und mittleren Unternehmen neben belegschaftsbezogenen Themen zusätzlich Einfluss auf strategische Entscheidungen nehmen sollten. „Die Mitbestimmung darf diese Entscheidungen nicht beeinflussen, verzögern oder Kosten in die Höhe treiben.“
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Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.
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