Frankfurt. Digitale Wareneingangskontrolle, Internetsicherheit, künstliche Intelligenz fürs Büro, um 40 Prozent effizientere Kühlsysteme dank magnetischer Materialien, schlaue Sensoren und Wälzlager, Hilfe bei der Digitalisierung der Lagerbestände, virtuelle Teambuilding-Maßnahmen und vieles mehr.
Die Liste der Themen, welche die 23 Start-ups beim Netzwerk-Event des Arbeitgeberverbands Hessenmetall vor Kurzem beim Traditionsunternehmen Samson in Frankfurt präsentierten, spiegelte eine extreme Bandbreite wider.
In kurzen Pitches von je zwei Minuten stellten sie ihre innovativen Lösungen vor. An Meeting-Points gab es in den anschließenden Pausen zudem Gelegenheit zum näheren Kennenlernen von Start-ups und traditionellen Mitgliedsunternehmen der Metall- und Elektro-Industrie. Einige von ihnen, darunter Gastgeber Samson, konnten sich ebenfalls auf der Bühne präsentieren.
Zusammenarbeit fördert in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Synergien
Spätestens beim Auftritt von Isabelle Himbert, Geschäftsführerin von Arno Arnold in Obertshausen, war dann klar: Hier spielt die Musik. Sie zeigte ein Bandoneon. Um solche Musikinstrumente mit dem auffälligen Faltenbalg zu fertigen, wurde das Unternehmen vor über 150 Jahren gegründet. Heute ist es dank konsequenter Investition in die Optimierung und Veränderung von Produkten und Prozessen ein führender Innovationspartner für Maschinenschutz, der gemeinsam mit geeigneten Start-ups die Prozesse weiter verändern will.
Was der deutsche Mittelstand von den jungen Unternehmen lernen kann – und umgekehrt, erklärte der Gastgeber Dr. Andreas Widl, CEO und Vorstandsvorsitzender von Samson, in einem Impulsvortrag. „Start-ups sind voller Agilität, Kreativität und unternehmerischer Kraft. Aber sie brauchen neben einer Idee und Startkapital ein verkaufsfähiges Produkt und vor allem einen ersten Kunden“, so Widl.
Der Kunde wiederum kenne die Anforderungen im Markt besser als jeder andere und könne damit die Energie und Dynamik eines Start-ups lenken. Widl: „Wenn Start-up-Unternehmen mit aufgeschlossenen, neugierigen Traditionsfirmen zusammenarbeiten, ergeben sich in jeder Beziehung ganz bemerkenswerte Synergien.“
Wie das bei einem mittelständischen Unternehmen aussehen kann, erläuterte Florian Kern von Johannes Hübner in Gießen bei seiner Kurzpräsentation. 2017 wurde dort das Innovationsprojekt „ab Idee ok!“ ins Leben gerufen. Sieben Start-up-Beteiligungen gibt es schon. Neben Kapital bietet Hübner den jungen Unternehmen auch Raum zum Arbeiten auf dem Firmengelände. „Durch die räumliche Nähe wird ein beidseitiger Austausch von Netzwerk, Know-how und Firmenkultur gewährleistet“, so der Projektleiter.
Innovationen und neue Geschäftsmodelle fördern
„Solche Partnerschaften werden zum festen Bestandteil der strategischen Agenda von klassischen Unternehmen der hessischen Metall- und Elektro-Industrie, um Innovationen und neue Geschäftsmodelle zu fördern“, betonte Sebastian Kühnel, Geschäftsführer für Bildung, Digitales und Technologietransfer bei Hessenmetall in Frankfurt.
Bei dem Verband ist, wie die Veranstaltung zeigte, der Wandel zu einer digitalen Win-win-Gemeinschaft von produzierenden Unternehmen, IT-Anbietern und Anwendern in vollem Gange. Und das kommt an: „Ich habe hier tolle Start-ups kennengelernt, deren Angebot gut zu uns passen könnte“, erklärte beispielsweise René Leroux, Geschäftsführer von Satisloh in Wetzlar. Und Maurice Teltscher, CEO und Gründer des Start-ups pre/risq, Darmstadt, betonte: „Das war eine sehr wertige Veranstaltung, die allen hier viel gebracht hat.“
Die präsentierenden M+E-Firmen
Arno Arnold, Obertshausen: Spezialist für flexible Schutzabdeckungen. Möchte mit Start-ups Produkte optimieren und Prozesse neu denken.
Continental, Frankfurt: Der Konzern (192.000 Mitarbeiter weltweit) entwickelt wegweisende Technologien für die Mobilität und unterhält etliche Partnerschaften mit Start-ups.
Johannes Hübner, Gießen: Spezialist für robuste Drehgebersysteme und Antriebstechnik. Das Unternehmen bietet Start-ups über ein eigenes Innovationsprojekt neben Kapital auch Raum zum Arbeiten auf dem Firmengelände.
Procter & Gamble, Schwalbach: Weltweit tätiger Konsumgüter-Hersteller. 10.000 Mitarbeiter in Deutschland. Der Bereich Open Innovation arbeitet mit Erfindern und Patentinhabern zusammen.
Samson, Frankfurt: Führender Prozessautomatisierer für die Steuerung von Flüssigkeiten und Gasen, 4.500 Beschäftigte. Samson-Ventile werden dank der Kooperation mit Start-ups intelligent.
Schunk Group, Heuchelheim: Weltweit tätiger Technologiekonzern mit 9.000 Beschäftigten. Durch die Investition in Start-ups will man neue Technologien ins Unternehmen holen.
Die präsentierenden IT-Start-ups
F-ONE Future of Work, Frankfurt: Software-Roboter zur Entlastung im Büro.
Optalio, Eschborn: KI- und datenbasierte Optimierung von Prozessen.
pre/risq, Darmstadt: Macht IT-Sicherheit verständlich, bewertbar und bezahlbar.
MagnoTherm Solutions, Darmstadt: Entwickelt nachhaltige und energieeffiziente Kühlung für eine grüne Zukunft.
Compredict, Darmstadt: KI für besseren Einblick in den Zustand von Fahrzeugen.
dreamteam, Frankfurt: Individuelle Teambuilding-Maßnahmen.
HCP Sense, Darmstadt: Kraftmessendes Wälzlager für die In-Line-Überwachung.
WeAreGroup, Gießen: Individuelle Software- und digitale Produkt-Entwicklung.
LocateRisk, Darmstadt: IT-Risikoanalyse für Unternehmen und Geschäftspartner.
Heavy Data, Oberursel: Digitalisierung von Waagen- und Lagerprozessen.
SFM Systems, Darmstadt: KI und Digital Teamboard für mehr Transparenz.
ivicos, Frankfurt: Virtuelles Büro für die hybride Arbeit in Unternehmen.
statpile, Wiesbaden: Macht Informationen entlang des Warenflusses durch Digitalisierung transparent.
Fisego, Butzbach: Intelligenter Brandschutz für elektrische Geräte.
Lithium Designers, Frankfurt: Konstruktionslösungen für die Bau-Industrie.
Etalytics, Darmstadt: IT-Lösungen zur Steigerung der Energieeffizienz und Reduktion von CO2-Emissionen.
HoloMetrix, Erzhausen: Schallmessung mittels Augmented Reality.
assistING, Darmstadt: Digitale Assistenzsysteme für papierlose Produktion.
doks.Innovation, Kassel: Autonome Lösung für die Intralogistik.
Persival, Ober-Ramstadt: Spezialisierte Simulations-Software für Sensoren.
Threedy, Darmstadt: Service-Plattform revolutioniert den industriellen Einsatz von 3-D-Daten.
DaXem, Eschborn: Antimikrobielle und antivirale Beschichtung (Spray).
envoria, München: Unterstützung bei EU-Nachhaltigkeitsrichtlinien.
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Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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