Haben Sie es erkannt? Welchen berühmten Zebrastreifen die vier „Star Wars“-ähnlichen Roboter auf dem großen Foto links überqueren? Es ist die Abbey Road in London. Das von uns generierte Bild stellt das bekannte Plattencover der gleichnamigen Beatles-LP aus dem Jahr 1969 nach. Es stammt aus der Feder, Pardon, dem Pinsel des Bild-Generators Midjourney, der mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet.

Spätestens seit dem Hype um das KI-Sprachprogramm ChatGPT, das seit Jahresbeginn um die Welt wirbelt, hat inzwischen fast jede und jeder von den schlauen Algorithmen gehört – und teils auch schon selbst ausprobiert. Sei es für ernsthafte Aufgaben in Schule, Ausbildung oder im Job oder einfach nur so zum Spaß. KI lernt dabei täglich dazu, optimiert sich selbst und wuppt die unterschiedlichsten Aufgaben, oft unerkannt. KI treibt Sprachassistenten, die uns morgens fröhlich das Wetter ansagen, das ist bekannt. Doch auch hinter immer passenderen Kaufempfehlungen in Online-Shops oder gar dem Dialog mit so manchem Kundenservice steckt vielfach ein Sprach-Bot.

Denn die haben einiges drauf, mehrere Programme sind da am Start. Pionier ChatGPT vom Unternehmen OpenAI hat schon im Frühjahr nachgelegt mit Version 4, sie ist schon seit Längerem integriert in Microsofts Suchmaschine „Bing“. Der Internet-Konzern Google zog bei Sprach-KI nach mit seinem Programm „Bard“, testet daneben „Gemini“ mit noch höherer Rechenleistung. Der Bot „Perplexity“, den ehemalige Mitarbeitende von OpenAI schufen, nennt und verlinkt sogar Quellen.

<<Klara, schreib mal schnell ein Buch für mich>>

KI hat demnach Schaffenskraft, macht vieles kinderleicht. Ein ganzes Buch an einem einzigen Wochenende schreiben? „Niemals“, hätte Professor Christian Rieck da früher gesagt. ChatGPT (Version 3) erledigte das im Handumdrehen. „Sonntagabend um 23:45 Uhr war das Manuskript fertig“, so der Wirtschaftswissenschaftler. „Ich habe dazwischen sogar noch Yoga gemacht.“ „Schummeln mit ChatGPT“ heißt sein Ratgeber, der dabei entstanden ist, ein Gemeinschaftswerk von Mensch und Maschine.

Der Bot, den Rieck einspannte, spuckt Sachtexte und Aufsätze aus, dichtet und generiert Computercodes. Vorausgesetzt, man gibt ihm die richtigen Befehle. Das demonstriert der Autor in seinem Buch und zeigt zugleich die Grenzen. <<Es ist wichtig zu beachten, dass ich manchmal Fehler mache, wenn die Informationen unvollständig oder unklar sind>>, bemerkt seine maschinelle Co-Autorin, die sich selbst – was könnte passender sein – den Namen „KIara“ gab. 

KI kann helfen. Texte aus der Maschine abzulehnen, wäre aus Riecks Sicht, wie Matheaufgaben im Kopf zu lösen, obwohl man einen Taschenrechner hat. 
Alles darf man den Bots aber nicht glauben. Der Wissensstand von ChatGPT reicht nur bis 2021, die KI hat noch Defizite in der Logik, tat sich zum Beispiel im Frühjahr schwer beim bayerischen Abitur. Deutsch: Note  5, ergab der Praxistest eines Lehrers, zu viel Gelaber.

KI braucht eine klare Ansage, sprich: gute Prompts. Man mus ihr genau sagen, was sie erledigen soll. Das erfordert etwas Übung. Wer die Bots nicht richtig füttert, erhält nur Quatsch. „Ein häufiger Fehler“, so Rieck. Inzwischen gibt es dafür aber Kurse. 

<<Sag mir, welchen Flug ich heute streichen soll>>

KI spielt bei vielem mit. Nicht nur in der Schule, womöglich auch beim nächsten Urlaub. Sie entscheidet mit, wer wo pünktlich ankommt und wer halt nicht. Die Fluggesellschaft Lufthansa etwa setzt auf datengetriebene Steuerung im Flugbetrieb. Wetterkapriolen, erkrankte Crew oder technische Probleme können den Flugplan durcheinanderbringen. Mit dem Google-Konzern hat die Gesellschaft daher eine Plattform geschaffen, auf der verschiedenste Daten vom Wetter am Abflugort bis zur Wartung der Maschinen zusammenfließen. 

Ziel: weniger Verspätungen und Annullierungen. Die sind ärgerlich für Passagiere und teuer für die Fluglinie. KI rechnet alles durch, teilt die Flüge nach einem Ampelsystem ein. Rot bedeutet: Diesen Flug besser nicht streichen, auf der Maschine ist eine große Gruppe gebucht, die ein Kreuzfahrtschiff erreichen muss. Das könnte teuer werden …

<<Binde bitte den linken Schnürsenkel zu>>

In der Medizin hilft künstliche Intelligenz ebenso. Etwa bei Bild­analysen, die Grundlage für präzise Diagnosen sind. Auch Menschen mit Amputation dient die Technologie. Beispiel Handprothese: Woher weiß sie, wann sie einen Finger ausstrecken soll? Sie lernt es selbst, mithilfe der Algorithmen. Der Hersteller Otto Bock hat solche Prothesen entwickelt. Sie helfen Menschen mit Behinderung, „Handgriffe“ wieder leicht auszuführen, so wie mit einer gesunden Hand. 

24.000 
Wörter, viermal so viel wie sein Vorgänger, schreibt und analysiert der Bot ChatGPT-4

Elektroden am Unterarm messen dazu die Nervensignale. KI ordnet sie bestimmten Handbewegungen zu. Die automatische Steuerung gibt der Prothese dann den Befehl, den Griff auszuführen. So lernt die Prothese vom Menschen und nicht umgekehrt. Per App lässt sich jedes Bewegungsmuster speichern und stetig verbessern. Einen Schuh zu binden, ein Glas Wasser einzuschenken oder ein Ei zu halten, ist so kein Problem.

<<Berechne, welche Schlaglöcher repariert werden müssen>>

Im Straßenverkehr ist künstliche Intelligenz schon lange kein Fremdwort mehr. Google nutzt sie etwa für den Kartendienst Maps schon seit Jahren, um Straßen zügig zu kartografieren. Und in der nordrhein-westfälischen Stadt Monheim bringen Busse ohne Fahrer am Steuer auf speziellen Strecken Passagiere von A nach B. 

Eine andere Idee hatte die Firma Vialytics. Die Stuttgarter entwickelten ein Programm, das mithilfe von KI Schlaglöcher erkennen kann. Dafür werden Autos der örtlichen Wirtschaftsbetriebe mit einem Smartphone an der Frontscheibe ausgerüstet. Eine spezielle Software nimmt alle vier Meter ein Bild samt GPS-Spur und Zeitmarke auf. Anschließend werden die Bilder von einem Algorithmus auf Straßenschäden gescannt und in 15 Schadensklassen eingeordnet. So ist schnell klar, wo umgehend tiefe Schlaglöcher repariert werden müssen. 

Laut Anbieter Vialytics nutzen das Programm bereits zahlreiche Kommunen. Wäre doch gut, wenn damit die Buckelpisten in den Städten nach und nach verschwinden würden, oder nicht?

<<Spiele die aktuellsten Rock-Hits>>

Wie es dazu kam? Im Frühjahr 2017 ging „The Rock Radio Helgoland“ auf Sendung. Die Macher um Initiator Thore Laufenberg wollten Deutschlands einziger Hochseeinsel ein eigenes Lokalradio bieten. Leider wurde der Sendebetrieb drei Jahre später eingestellt, da sich nicht genügend Mitstreiter fanden. Nun wagt Laufenberg den Neustart und ein bislang einmaliges Experiment.

Der Sender kommt ohne Manpower aus. Moderatoren gibt es nur virtuell, auch Ansagen oder Beiträge werden – nach bestimmten Vorgaben – automatisch erstellt und gesendet. Natürlich erkenne man den Unterschied, so der Gründer. Aber er sei erstaunt über die gute Qualität, die KI bereits jetzt ermöglicht. 

Wer selbst mal reinhören möchte: Der Sender ist unter folgender Adresse erreichbar: radiohelgoland.de

<<Beweis mir, dass der Mandant unschuldig ist>>

Es ist ein schräger Gedanke: eine Gerichtsverhandlung, in der man statt von einem Anwalt mit Jurastudium von einer KI vertreten wird. Das war zumindest in den USA geplant. Dort sollte der „Robot Lawyer“ seinen ersten Fall übernehmen und einen Strafzettel vor Gericht anfechten– nicht vor Ort, sondern mittels Bluetooth-Kopfhörer im Ohr seines Mandanten. Allerdings hat sich das Unternehmen hinter der Idee, DoNotPay, inzwischen zurückgezogen.

Es gibt jedoch auch bei uns bereits sogenannte Legal-Tech-Angebote für automatisierte Rechtsberatungen wie bei Bußgeldbescheiden, die zigfach vorkommen. Ein „echter“ KI-Anwalt im Gericht ist aber unwahrscheinlich: Die Anwaltschaft gilt als freier Beruf, der laut Gesetz von „natürlichen Personen“ ausgeführt werden muss.

KI-Programme: So kann man sie mal testen

  1. Das kostet es: Häufig kann man das Programm kostenfrei ausprobieren. Möchte man intensiver damit arbeiten, wird es oft kostenpflichtig: ein einmaliger Betrag oder im Abo.
  2. Rasante Entwicklung: Neue KI-Bots sind in diesem Jahr aus dem Boden geschossen. Und sie werden immer besser. Texte oder Bilder sind häufig kaum noch von nativ-erstellten Projekten zu unterscheiden.
  3. Ausgewählte KI-Bots: ChatGPT, Writesonic, DALL-E, midjourney, Adobe Firefly oder soundraw sind nur einige Beispiele. Am besten gibt man den Namen des Programms in eine Suchmaschine ein.

Was ist eigentlich ein Prompt?

  • Prompts“ sind klare Anweisungen für KI. Nur so weiß das Programm, was es erschaffen soll.
  • Seeds“ bringen den Stein ins Rollen. Sie sind der Ausgangspunkt, mit dem KI ihre Arbeit beginnt.
  • Maschinelles Lernen“ ist die Grundlage für KI. Die Software wird trainiert, indem sie große Datenmengen sichtet und verknüpft. Sie leitet daraus Erkenntnisse ab und wird so immer ein Stückchen schlauer.
  • Neuronale Netze“ helfen beim Erkennen von Mustern. Sie ahmen dabei Verknüpfung von Nervenzellen im menschlichen Gehirn nach.
  • Halluzinieren“ nennt man es, wenn KI fehlende Angaben einfach dazu erfindet und ergänzt, was aus ihrer Sicht wahrscheinlich ist.
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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Nadine Bettray
aktiv-Redakteurin

Nadine Bettray schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Sie studierte Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Anschließend zog es sie zum Arbeitgeberverband METALL NRW in Düsseldorf. Am Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen absolvierte sie ein Volontariat. Wenn Nadine nicht am Schreibtisch sitzt, jubelt sie Rot-Weiss Essen zu oder rennt mit ihrem Hund durch den Wald. 

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