Da staunten die Gäste beim 34. Hessenforum: US-Präsident Joe Biden richtete von der Leinwand aus ein Grußwort an die Teilnehmer der Veranstaltung und beglückwünschte sie zur Auswahl seines „guten Freundes Peter Buxmann“ als Referent. Die äußerst charmante Lobrede machte schnell klar: „Das kann doch nur eine Fälschung sein!“ Wie Buxmann dann erklärte, hatte er selbst eine künstliche Intelligenz (KI) beauftragt, Biden besonders wohlwollende Worte sagen zu lassen.

Der Wissenschaftler, Universitätsprofessor an der TU Darmstadt, forscht seit über zehn Jahren mit seinem Team auf dem Gebiet der KI. In seinem Vortrag gab er einen anschaulichen Einblick in den Stand der Technologie und beleuchtete die Risiken und Chancen für eine wirtschaftliche Nutzung von generativer KI. Die kann selbst Inhalte generieren, formuliert selbstständig Texte und spricht mit einem menschlichen Gegenüber, gestaltet Bilder, Musik oder auch Filme anhand von ein paar Stichworten.

Neue Technologien entstehen meistens nicht durch Zufall

„Seit es Menschen gibt, treiben wir den Fortschritt voran, indem wir Technologien entwickeln, die unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftsleben tiefgreifend umgestalten, weil wir den Herausforderungen von morgen besser gewachsen sein wollen“, erläuterte Wolf Matthias Mang bei der Eröffnung der Veranstaltung. Zu den Klängen der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ nahm der Vorstandsvorsitzende des Arbeitgeberverbands HESSENMETALL die Gäste mit auf eine Zeitreise durch die Digitalisierung. Vieles, was damals unvorstellbar erschien, etwa ein sprechender Computer, ist längst Realität.

„Neue Technologien entstehen meistens nicht durch Zufall, sondern sind das Ergebnis zielgerichteter Forschung und Entwicklung durch visionäre Unternehmer und Wissenschaftler“, betonte Mang. Und es seien zahlreiche neue Technologien, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden und einen beachtlichen Fortschritt mit sich gebracht hätten. Mang: „Sie revolutionieren unsere Prozesse, Dienstleistungen und Produkte, steigern die Effizienz und verbessern die Qualität oder ermöglichen gar neue Geschäftsmodelle.“

Professor Sascha Stowasser hob die Bedeutung einer klaren Strategie hervor, will man KI erfolgreich in Unternehmen einführen und signifikante Verbesserungen in Effizienz und Innovationskraft erleben. Der Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa): „Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Engagement der Mitarbeiter, die die transformative Kraft der KI voll ausschöpfen können.“

Durch praxisnahe Beiträge weiterer Experten konnten die Gäste noch mehr wertvolle Impulse für ihre eigenen KI-Strategien mit nach Hause nehmen.

Übrigens: Eine KI verkündete zum Abschluss den Termin des 35. Hessenforums: 15. Mai 2025 im Haus der Wirtschaft in Frankfurt.

genow: Darmstädter Start-up nutzt künstliche Intelligenz, um den Umgang mit Wissen zu optimieren

Ein Pilotprojekt zum Wissensmanagement mit generativer KI hat Hessenmetall mit genow gestartet. Dr. Timo Koppe und Adrian Glauben, Gründer des Start-ups, präsentierten beim Hessenforum live, wie einfach man über ihren gut programmierten Chatbot Zugriff auf fundiertes Wissen bekommt. 54 Leitfäden von Hessenmetall mit 2.102 Seiten Informationen rund um das Thema Arbeitsrecht wurden dafür in einer KI eingestellt. „Um alle Leitfäden zu lesen, hätte ein Mensch 52 Stunden gebraucht – und die KI findet sofort die richtigen Passagen, um eine fundierte Auskunft zu geben inklusive Textstelle im Leitfaden“, erklärte Glauben.

Laut Koppe bietet genow so einen klaren und intuitiven Zugang zu entscheidendem Wissen, damit sich jeder in einem Unternehmen – von der Geschäftsführung bis zum Teammitglied oder Kunden – auf die genow-Systeme verlassen und in vielfältiger Weise davon profitieren kann. Koppe: „Wir alle wünschen uns, dass Systeme wie ChatGPT keine Fehler machen, doch bei faszinierenden Sprachmodellen bleibt absolute Fehlerfreiheit eine Herausforderung.“ Deshalb arbeite man daran, dass jede Information und jede Quelle transparent und nachvollziehbar ist.

Adastra: Fest in Unternehmen eingebunden

Auf Daten und die dazugehörige Infrastruktur konzentriert sich seit über 20 Jahren das international tätige kanadische IT-Beratungsunternehmen Adastra, das auch in Deutschland Niederlassungen unterhält.Simona Ciceri, leitende Datenwissenschaftlerin bei Adastra Germany in München, betonte die Vielseitigkeit von generativer künstlicher Intelligenz: „GenAI ist inzwischen fester Bestandteil im Tagesgeschäft von Unternehmen verschiedenster Branchen, ist enorm vielseitig und kann individuell zugeschnitten werden.“

So habe Adastra unter anderem für ein Saatgutunternehmen eine Software entwickelt, die alle für Saatgut relevanten internen Dokumente inklusive Patenten auf bestimmte Fragen hin durchsuchen kann. Über die Verbindung mit der Kommunikationsplattform Teams können die Mitarbeiter nun mit ihrem virtuellen Kollegen sprechen, ihm unkompliziert Fragen stellen und schnell die richtigen Antworten bekommen. Ciceri: „Der spürbare Mehrwert von GenAI zeigt sich dann, wenn sie wie bei diesem Beispiel fest im Unternehmen eingebunden und optimal konfiguriert ist, und bei Adastra sind wir genau darauf spezialisiert, passgenaue GenAI-Lösungen praxisnah für das Tagesgeschäft zu entwickeln.“

Nach ihrer Erfahrung brauche es aber auch viel Aufklärung, damit Mitarbeiter Vorbehalte ablegen. Ciceri: „Eine KI sollte man wie ein gutes Werkzeug sehen, das einem die Arbeit einfach erleichtert.“

Eckelmann: Systempartner für Automatisierung und Digitalisierung

„Die Box open AI ist seit Ende 2022 geöffnet – und die kriegt keiner mehr zu!“, davon ist Philipp Eckelmann überzeugt. Er ist Vorstandsvorsitzender der Eckelmann AG in Wiesbaden, einem Systempartner für Automatisierung und Digitalisierung mit 500 Beschäftigten.

In vielen Abteilungen seines Unternehmens sei das Chatten mit virtuellen Kollegen längst Realität. Der Wirtschaftsingenieur: „Der Einsatz von generativer KI bietet die Gelegenheit, mit deutlich niedrigerer Hürde erste Erfolge zu erzielen. Denn etwa beim Erstellen von Texten und Bildern bis hin zu einem anspruchsvollen Software-Code lasse sich die Effizienz deutlich steigern. Effizienzsprünge von mehr als 30 Prozent bezogen auf die konkreten Anwendungsfälle seien realistisch, und damit sei die Amortisation der anfallenden Lizenzgebühren von ChatGPT oder auch Microsoft Co-Pilot greifbar. „Auch das Erstellen von Reden oder Präsentationen ist viel einfacher geworden, weil man auf Text- oder Bildvorschlägen einer KI schnell aufbauen kann, ohne sich das Material mühsam aus anderen Quellen suchen zu müssen“, so Eckelmann, der generative KI selbst bei seiner Arbeit nutzt.

Er warnte jedoch davor, allzu sorglos damit umzugehen. „Ich kann die KI nicht Sachen machen lassen, von denen ich selbst keine Ahnung habe, da Antworten auf Fragen immer plausibel klingen und Fehler deshalb nur der feststellen kann, der sich mit dem Thema auch auskennt.“

eoda: Potenziale erschließen für den Wettbewerbsvorteil

Eine starke Datenkultur eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, schafft Mehrwert und Wettbewerbsvorteile. Davon sind die Gründer von eoda überzeugt. Das Kasseler Start-up sieht sich als Partner von Firmen im Umfeld von Big Data, maschinellem Lernen und KI. Datenspezialist Martin Schneider berichtete beispielhaft von einem Unternehmen, das Verpackungsmaterial aus Schaumstoff herstellt.

Konnte früher die Festigkeit des Materials nur durch einen erfahrenen Mitarbeiter festgestellt werden, der den Schaumstoff mit der Hand abtastete, übernehmen diese Qualitätsprüfung heute Sensoren und eine KI. Schneider: „Die größten Mehrwerte entstehen dann, wenn es gelingt, zwischen Mensch und KI Symbiosen zu schaffen und die einzigartigen Fähigkeiten von beiden zusammenzubringen.“ Eine starke Datenkultur sei aber auch wichtig, um gut mit den Risiken und Herausforderungen durch die Einführung von KI-Systemen umzugehen.

Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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