München. Die Stimmung in deutschen und bayerischen Unternehmen ist seit Monaten im Keller. Die wirtschaftliche Lage ist angespannt. Das unterstreicht etwa der aktuelle Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts. Ende Januar lag der Index mit 85,2 Punkten noch niedriger als im Dezember.
Auch die Winterumfrage der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm unter ihren Mitgliedsunternehmen zeichnete diese Stimmung nach. Das Barometer der Verbände sank auf einen historischen Tiefstand.
Dafür, dass die Wirtschaft nicht aus diesem Tal herauskommt, gibt es vielfältige Gründe. Einer davon ist, dass sich die Standortbedingungen für Betriebe in Deutschland und Bayern seit geraumer Zeit immer weiter verschlechtern. Das bestätigen auch die bayerischen Metall- und Elektro-Betriebe (M+E).
Eine Ursache dafür sind staatliche Vorgaben. Denn Tatsache ist, dass die derzeitige Ampel-Regierung in Berlin immer mehr bürokratische Hürden errichtet. Zugleich stemmt sich die Ampel-Regierung nicht entschieden genug gegen die weiter wachsende Kostenbelastung der Unternehmen.
Hohe Kosten am Standort Deutschland benachteiligen Firmen im internationalen Wettbewerb
Das macht es ihnen schwer, mit Wettbewerbern in internationalen Märkten mitzuhalten. Dazu zählen etwa hohe Kosten bei Strom, hohe Steuerbelastungen und Sozialabgaben, aber auch eine Unzahl staatlicher Regulierungen, die hohen Zeit- und Kostenaufwand verursachen.
Viele der Kritikpunkte sind nicht neu – aber es schwindet zunehmend das Vertrauen, dass die Politik diese Probleme anpacken will. Für Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), ist daher klar: „Die Ampel-Regierung in Berlin muss umlenken!“
Wo es besonders hakt und was geschehen muss, fasst die vbw in einem aktuellen Zehn-Punkte-Papier zusammen.
10 Punkte für eine bessere Wirtschaftspolitik
- Neue Belastungen vermeiden: Schon heute klagen die Unternehmen über zu viel bürokratischen Aufwand. Da darf nicht noch mehr dazukommen. Regulierungen wie das angedachte Tariftreuegesetz, Anspruch auf Homeoffice oder das Beschäftigtendatenschutzgesetz würden unnötig belasten
- Regulierungswahn der EU stoppen: Die EU ist für die deutsche und bayerische Wirtschaft unverzichtbar. Doch es gilt zu vermeiden, dass sie Dinge regelt, die besser auf nationaler Ebene liegen sollten. Vor allem dann, wenn es um praxisferne Regeln geht - oder Mehrfach-Regulierungen. Denn viele EU-Regeln sind mit der täglichen Realität in Betrieben nicht vereinbar, etwa die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit hohem zusätzlichen Aufwand. Vieles wird doppelt und mehrfach reguliert, etwa beim Green Deal, das verunsichert und macht Regeln undurchsichtig. Hier muss Berlin auf EU-Ebene entschiedener gegenhalten.
- Steuern für Betriebe senken: Deutschland ist, auch für Unternehmen, ein Hochsteuerland. Das benachteiligt Firmen im internationalen Wettbewerb, die an ihren Standorten weniger Steuern zahlen und so Wettbewerbsvorteile genießen. Entlastungen sind dringend nötig.
- Für bezahlbare Energie sorgen: Ein Brückenstrompreis muss her, damit Betriebe nicht mehr einen der höchsten Strompreise weltweit zahlen müssen. Mehr Tempo braucht das Land sowohl beim Ausbau der Erneuerbaren als auch bei den Übertragungsnetzen. Das hilft, die Stromkosten langfristig zu senken.
- Sozialreformen endlich anpacken: Unsere Sozialsysteme wie Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sind die größte Baustelle. Sie beruhen auf dem Prinzip der Solidarität mit denen, die es nötig haben – aber im Grundsatz ist jeder eigenverantwortlich. Das muss strikt verfolgt werden. Denn die Kosten laufen aus dem Ruder, insbesondere aufgrund des demografischen Wandels, durch den immer weniger Junge für immer mehr Ältere aufkommen müssen. Wir dürfen den Sozialsystemen keine zusätzlichen Belastungen mehr aufbürden und müssen an der einen oder anderen Stelle auch Leistungen kürzen. Ansonsten werden die Systeme unbezahlbar. Zudem muss Vermittlung in Arbeit Vorrang vor Sozialleistungen haben, dafür braucht es Sanktionsmöglichkeiten. Es muss gelten: Wer arbeitet, muss mehr Geld in der Tasche haben als jemand, der nicht arbeitet. Dafür müssen etwa vorhandene Leistungen besser aufeinander abgestimmt werden: etwa bei Bürgergeld, Wohngeld, Kinderzuschlag. Das eliminiert negative Erwerbsanreize.
- Qualitätsmanagement für bessere Bildung: Deutschland fällt beim Thema Bildung zurück, das beweisen einmal mehr die jüngsten Ergebnisse der Schulleistungsstudie Pisa, in der sich Deutschland erneut verschlechtert hat. Die Bundesregierung muss daher ein bundesweites Qualitätsmanagement für bessere Bildung aufsetzen.
- Arbeitszeitrecht flexibilisieren: Das deutsche Arbeitszeitgesetz geht von einer täglichen Betrachtung der Arbeitszeit aus. Besser wäre eine wöchentliche Betrachtung, wie es die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorgibt, sowie eine andere Ruhezeitenregelung. Die EU geht von einer Arbeitszeit von durchschnittlich maximal 48 Stunden in der Woche aus – bei gleichbleibendem Stundenvolumen. Das würde zu mehr Flexibilität führen, auch zugunsten der Mitarbeitenden.
- Infrastruktur ausbauen: Verkehrsinfrastruktur wie Straßen, Schienen, Brücken wurde jahrelang vernachlässigt, hier muss dringend investiert werden. Auch die digitale Infrastruktur muss ausgeweitet werden, zudem muss die Bundesregierung sich um mehr bezahlbaren Wohnraum kümmern.
- Weiter in Verteidigung investieren: Jahrelang wurde zu wenig getan, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu erhalten. Das war der falsche Weg, wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt. Die Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit muss längerfristig politische Priorität bleiben.
- Neues Mindset etablieren: Jeder einzelne zählt! Nur wenn alle mitmachen, werden wir die zahlreichen Herausforderungen an unserem Wirtschaftsstandort meistern. Dazu gehört auch, dass wir über Werte diskutieren. Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung sind Werte, die unser Land voranbringen – nicht das Warten auf staatliche Fürsorge. Diese Werte müssen gefördert und als Mindset in der Gesellschaft verankert werden. Denn ohne Anstrengung geht es nicht. Die Wirtschaftswunderjahre der Nachkriegszeit haben uns gezeigt, dass es funktioniert.
Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.
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