Berlin. Zutritt nur für „2G“ – also für Geimpfte und Genesene. Wer lediglich getestet ist, muss draußen bleiben! Hamburgs Kneipen, Kinos und Theater, die ihre Gäste nach diesen Kriterien auswählen, dürfen die Corona-Regeln lockern. Abstandsgebote entfallen dann, mehr Menschen können eingelassen werden.
Doch während Kneipiers und Kinobetreiber jeden nach dem Impfpass fragen dürfen, ist das Auskunftsrecht der Arbeitgeber noch umstritten. Die Regierung hat es jetzt zwar per Gesetz für die Zeit der epidemischen Lage ausgeweitet: Nach Krankenhäusern, Arztpraxen und Rettungsdiensten sollen nun auch Schulen, Kindergärten oder Pflegeheime ihre Mitarbeiter nach dem Impfstatus fragen dürfen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) aber fordert das sinnvolle Recht für alle Chefs: „Wir brauchen schnell eine Klarstellung, dass dieses Auskunftsrecht den Betrieben aller Branchen zusteht“, sagt Kristina Harrer-Kouliev, Fachanwältin für Arbeitsrecht beim Verband.
Ist die Kollegin am Fließband, der Kollege im Büro geimpft oder nicht?
Nur mit dem Wissen über den Impfstatus ihrer Mitarbeitenden könnten die Firmen die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der gesamten Belegschaft festlegen, argumentiert die Juristin. Die jüngst reformierte Arbeitsschutzverordnung schreibe ja unterschiedliche Hygienekonzepte für Geimpfte plus Genesene sowie für Nicht-Geimpfte vor: „Damit ein Arbeitgeber da sinnvolle Konzepte entwickeln kann, muss er doch wissen, welche und wie viele Beschäftigte geimpft sind.“
Nicht wenige Beschäftigte dürfte zudem die Frage umtreiben: Ist die Kollegin neben mir am Fließband, ist der Kollege im gleichen Büro nun geimpft – oder noch nicht? „Hygienepläne bei der Raumbelegung oder der Zusammensetzung von Teams kann ein Arbeitgeber nur aufstellen, wenn er weiß, wer geimpft oder genesen ist und wer nicht“, so Harrer-Kouliev. „Auch eine Zugangsregelung für die Kantine, die zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften unterscheidet, steht und fällt mit dem Fragerecht.“
Betriebsärzte haben schon fast fünf Millionen Impfungen gemacht
Und wie ist das mit der Impfung selbst? Unternehmen wie Google und Facebook in den USA erwarten von ihren Mitarbeitern schon längst, gegen Corona geimpft zu sein. „Hierzulande kann der Arbeitgeber das in den allermeisten Fällen nicht anordnen“, erklärt die Fachanwältin. Der Betrieb kann aber Anreize zum Impfen geben: eine kleine Prämie zahlen, Kinokarten verschenken oder Bundesligatickets verlosen, wie das der deutsche Software-Riese SAP gemacht hat. Der Arbeitgeber muss dabei ein etwaiges Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten.
Die neue Arbeitsschutzverordnung schreibt vor, die Beschäftigten über die Risiken von Corona sowie Impfmöglichkeiten zu informieren. Zudem muss der Betrieb nun Mitarbeitende für das Impfen während der Arbeitszeit freistellen. Die Impfbilanz der Betriebsärzte ist übrigens durchaus ansehnlich: Fast fünf Millionen Impfungen haben sie schon vorgenommen.
Im Übrigen gelten für den Infektionsschutz im Betrieb trotz vieler geimpfter Kolleginnen und Kollegen erst mal weiterhin die bekannten Regeln: Hände desinfizieren, Maske tragen, Abstand halten, regelmäßig testen. Die Schnelltests muss ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten zweimal in der Woche kostenlos zur Verfügung stellen.
Für Nicht-Geimpfte könnte es im Job Einschränkungen geben
Eigentlich ist dieses 3G-Modell für die Wirtschaft die bessere Lösung, sagt Harrer-Kouliev. „Denn das bietet mehr Teilhabemöglichkeiten für alle. Aber bei einer dauerhaften Verschlechterung des Infektionsgeschehens kann man für bestimmte Branchen auch eine 2G-Regel in Erwägung ziehen.“
Nordrhein-Westfalens Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff hält das für wünschenswert: „Wer sich nicht impfen lassen will, wird auf die Dauer Einschränkungen in Kauf nehmen müssen, auch am Arbeitsplatz.“
Hans Joachim Wolter schreibt bei aktiv vor allem über Klimaschutz, Energiewende, Umwelt, Produktinnovationen sowie die Pharma- und Chemie-Industrie. Der studierte Apotheker und Journalist begann bei der Tageszeitung „Rheinpfalz“ in Ludwigshafen und wechselte dann zu einem Chemie-Fachmagazin in Frankfurt. Wenn er nicht im Internet nach Fakten gräbt, entspannt er bei Jazz-Musik, Fußballübertragungen oder in Kunstausstellungen.
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