Erlangen. Funken statt Verkabeln: 5G macht drahtlose Übertragung flink und flexibel. Auch im Freistaat wird intensiv an Einsatzmöglichkeiten des Mobilfunkstandards der fünften Generation geforscht. Die Technologie ist entscheidend für die Industrie, etwa für die Kommunikation zwischen Maschinen und autonomes Fahren.

Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen hat dazu ein Testzentrum eingerichtet. In der Initiative „5G Bavaria“ erprobt es in Franken und an weiteren Standorten konkrete Anwendungen. Das Vorhaben ist Teil der 5G-Initiative des Freistaats, es begleitet Unternehmen bei der praktischen Umsetzung der Technologie.

„Die Firmen kommen mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen auf uns zu“, so Marco Steglich, Business Development Manager am IIS. Nicht nur Ausrüster, Netzbetreiber und Endgerätehersteller nehmen das Angebot in Anspruch. Auch Produktionsbetriebe holen sich Rat.

Da ist etwa der Mittelständler, der überlegt, seine Fertigung mit der Funktechnik aufzurüsten. Ein anderer will sich über 5G informieren, weil seine Kunden danach fragen. Doch was braucht es dafür, wie funktioniert die Vernetzung und welche Vorteile bringt das überhaupt?

Eine Sprache, in der Millionen Maschinen miteinander sprechen

„5G wird sehr wichtig in der Industrie, um die Fertigung zu digitalisieren und stetig zu verbessern“, so Steglich. Das Testzentrum gibt Einblick in die technischen Möglichkeiten. „5G ist nicht nur ein Mobilfunkstandard, mit dem man privat schneller im Internet surfen kann“, so der Experte. Es gehe vielmehr um eine Sprache, in der Maschinen künftig miteinander sprechen und die Millionen Geräte vernetzt. Das Besondere daran: Die Industrie wird stärker in den Vordergrund gerückt. „5G legt den Fokus erstmals auf Verfügbarkeit und niedrige Latenzen, die in der Fertigung gebraucht werden.“ Dank kurzer Sende- und Empfangszeiten lassen sich Geräte wie Roboter und fahrerlose Transportsysteme in Echtzeit steuern. Sie können sich im Werk bewegen, ohne Menschen ins Gehege zu kommen.

Die Einrichtungen am Fraunhofer IIS helfen, 5G aus der Theorie in die Praxis zu bringen. Simulationen erwecken das Szenario am PC zum Leben. Datendurchsatz, Reaktionszeit, Verfügbarkeit und Abdeckung lassen sich so prüfen. Darauf folgen Tests in Echtzeit unter möglichst realistischen Bedingungen. Spezielle Soft- und Hardware bildet dabei echte Übertragungssituationen nach. So sieht man schnell, ob alles funktioniert.

Noch konkreter wird es an den Testbeds. In Nürnberg erproben die Forscher in einer Werkhalle mit Laderampen und Hochregallager 5G für Logistik und Fertigung. Das 5G-Bavaria-Testbed „Automotive“ in Rosenheim dagegen beschäftigt sich mit zuverlässigem Datenfluss rund um den Straßenverkehr. So will man unter anderem beim Remote Driving, dem Steuern von Fahrzeugen aus der Ferne, oder dem Platooning (Vernetzen von Lkws im Konvoi) weiterkommen.

Förderung: Zehn Modellprojekte für 5G im Freistaat

Drahtlose Datenübertragung mit dem Mobilfunkstandard 5G ermöglicht neue Anwendungen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert dies in einem Innovationswettbewerb. Etliche Projekte stammen aus Bayern. Sie reichen von Funktechnik für smarte Städte bis zu Industrie 4.0, Gesundheit, Landwirtschaft und Verkehr.

  • Öffentlicher Nahverkehr. Der Landkreis Regen in Niederbayern tüftelt ein Konzept aus, wie 5G dabei helfen kann, die Mobilität auf dem Land zu verbessern, etwa durch autonom fahrende Busse, die gerade älteren Einwohnern mehr Unabhängigkeit versprechen.
  • Telemedizin. Ein Projekt in Rottal-Inn kreist um die Verbesserung von Gesundheitsversorgung und Rettungsdiensten besonders in ländlichen Gebieten.
  • Industrie 4.0. Im Landkreis Rhön-Grabfeld untersucht das Projekt „5GKonzeptNES“ den praktischen Einsatz der Übertragungstechnologie unter anderem zur Robotersteuerung in Unternehmen aus der Region.
  • Logistik. Die Verflechtung von Betrieben in der Grenzregion zwischen Bayern und Baden-Württemberg betrachtet das Projekt „Grenzenlos5G_BYBW“. Darin geht es um Logistik und welche Rolle insbesondere Landstraßen und Lieferwege auf der Schiene dabei spielen.
  • Verkehrssicherheit: Vernetzen von Fahrzeugen, intelligenten Ampeln, Kameras sowie Cloud-Infrastruktur soll die Sicherheit von Verkehrsteilnehmern erhöhen. Daran arbeiten die Teilnehmer im Projekt „5GoIng“ in Ingolstadt.
  • Schulweg: Die Stadt Landshut denkt an die Kleinsten und will im Projekt „5-Safe“ die Sicherheit auf Schulwegen erhöhen. Dazu gehört intelligente Verkehrssteuerung rund um die Schulen, insbesondere zu den Stoßzeiten.
  • Forstwirtschaft: Mithilfe eines Netzwerks aus per Funk verbundenen Sensoren wird im Projekt „5G Based Forest Monitoring“ in Viechtach der Zustand der Waldflächen genauer erfasst.
  • Obstbau: In Forchheim forscht man an mobiler Datenübertragung für nachhaltige, digitale Landwirtschaft. Am Beispiel des Süßkirschenanbaus liefert das Projekt „FOR5G“ mittels Drohnen und Sensoren Informationen zu Baumschnitt und Pflanzenschutz von Obstbäumen.
  • Nationalpark: Die Gemeinden rund um Spiegelau im Bayerischen Wald werden zum „digitalen Dorf“. Sie erarbeiten im Projekt „5G_im_Nationalpark“ Konzepte für drahtlose Übertragung in Kommunen, Forstwirtschaft, Tourismus sowie Medizin. Es geht unter anderem um Schädlingsbekämpfung mit ferngesteuerten Drohnen über Waldgebieten, aber auch um Ferndiagnosen mit Tele­medizin.
  • Autonomes Fahren: Praktische Erkenntnisse für den Einsatz von vernetzten Fahrzeugen sind das Ziel von „5GKC“ im Landkreis Kronach. Die Region in Oberfranken schafft ein 5G-basiertes Testfeld im öffentlichen Verkehr. Es sind bereits Fahrzeuge zu Erprobungsfahrten sowie automatisierte Shuttlebusse unterwegs.
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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