Frankfurt. „Nachhaltige Industrie ist keine Schöpfung aus dem Nichts, sondern sie ist die radikale Erneuerung früherer Innovationen im Licht neuer Erkenntnisse und der Schüssel, um Wachstum und Klimaschutz zu vereinbaren.“ Das sagte Wolf Matthias Mang, der Vorstandsvorsitzende des Arbeitgeberverbands Hessenmetall und Geschäftsführer von Arno Arnold in Obertshausen beim diesjährigen Hessenforum, dem Spitzentreffen der Metall-, Elektro- und IT-Industrie.

Wie sehr bereits neue Erkenntnisse rund um das Thema Nachhaltigkeit Unternehmen und auch ihre Produkte verändern können, zeigen nicht zuletzt Start-ups, die aus den hessischen Hochschulen heraus entstehen.

Über Start-ups bringen Wissenschaftler ihr Know-how in die Anwendung

Sie tragen dazu bei, die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung und Entwicklungen in die Anwendung zu befördern. Das bringt die Wirtschaft und auch die Gesellschaft voran, nicht zuletzt, wenn es um den Schutz von Klima und Ressourcen geht. Und so ganz nebenbei entstehen in den jungen Unternehmen auch noch attraktive Arbeitsplätze.

aktiv stellt hier vier Start-ups mit ihren genialen Entwicklungen vor: das smarte Wälzlager von HCP Sense, die Energiemanagement-Systeme von etalytics und node.energy sowie die neu­artige Kühltechnik von MagnoTherm, die ganz ohne klimaschädliche Kühlmittel auskommt und auch noch 40 Prozent weniger Energie benötigt als herkömmliche Systeme.

etalytics: KI sorgt für weniger CO2-Emissionen und Kosten

Darmstadt. Der Software-Anbieter etalytics setzt auf künstliche Intelligenz zur Steigerung der Energieeffizienz und Flexibilität durch datengesteuerte und energietechnische Prozesse.

CO2-Emissionen und Kosten reduzieren

„Versorgungstechnische Anlagen zum Heizen, Kühlen oder Lüften von Gebäuden oder Produktionsprozessen in Unternehmen verschwenden oft gigantische Energiemengen, die durch intelligente Betriebsoptimierung eingespart werden könnten“, erklärt Dr. Niklas Panten, Mitgründer und CEO von etalytics in Darmstadt.

Das Unternehmen hat deshalb eine Software entwickelt, mit der sich der Energiebedarf von Versorgungsanlagen verringern oder auch zeitlich verschieben lässt. Mit der etaONE-Plattform können Kunden ihre Energiesysteme strukturieren, visualisieren, analysieren und im Betrieb optimieren.

Indem alle Anlagen untereinander und auf die Umgebungsbedingungen optimal abgestimmt werden, können Energiebedarf, CO2-Emissionen und Energiekosten um bis zu 50 Prozent reduziert werden. So bringt etalytics innovative Data-Analytics- und Machine-Learning-Technologien aus der Forschung in die Anwendung – unter anderem in Rechenzentren, Produktionsanlagen, Smart Quartiers/Cities, bei Energieversorgern und Gebäudekomplexen.

node.energy: Start-up zeigt neue Wege, um PV-Strom bestmöglich zu nutzen

Frankfurt. Geschäftsmodelle der klimafreundlichen Energiewelt ganz einfach und maximal rentabel umsetzen: Dabei unterstützt das Frankfurter Start-up node.energy mit der eigens entwickelten Marktführer-Software opti.node.

Grünen Strom auch an anderen Standorten nutzen

Strom vom Firmendach kann so auf die wirtschaftlich bestmögliche Weise genutzt werden, zum Beispiel durch die Belieferung von Mietern vor Ort. Zudem bietet der Träger des Hessischen Staatspreises Betrieben die Möglichkeit, ihren überschüssigen PV-Strom auch an anderen Standorten zu nutzen.

Geschäftsführer Matthias Karger: „Mit uns können Unternehmen ganz leicht unabhängig von schwankenden Börsenpreisen werden und ihren CO2-Fußabdruck reduzieren.“

MagnoTherm: Der Energieverbrauch wird um 40 Prozent gesenkt – durch Kältetechnik der nächsten Generation

Darmstadt. MagnoTherm entwickelt und baut hocheffiziente und nachhaltige Kältelösungen auf der Basis magnetischer Materialien. Anstelle von Gas-Dampf-Kältemitteln nutzt die neuartige Kühltechnologie den magnetokalorischen Effekt in Eisenbasislegierungen.

Das Herzstück der Kältemaschinen ist eine Legierung aus Lanthan, Eisen, Silizium und Mangan. Diese Legierungen erwärmen sich, wenn sie magnetisiert werden, und kühlen sich ab beim Entmagnetisieren. Mit einer zirkulierenden Wärmetauschflüssigkeit werden Wärme und Kälte aus dem Material in sogenannten Wasser-x-Wärmetauschern aufgefangen.

Kühltechnik ist nicht explosiv oder toxisch

„Im Vergleich zu kompressionsbasierten Systemen sind magnetische Kühlgeräte um 40 Prozent energieeffizienter, nicht explosiv, nicht toxisch und anpassungsfähig an Betriebstemperaturen zwischen minus 100 und plus 80 Grad Celsius“, erläutert Geschäftsführer Max Fries. MagnoTherm wurde 2019 als Spin-off der TU Darmstadt gegründet. Die Speziallegierung fertigt unter anderem die Hanauer Vacuumschmelze.

HCP Sense: Neues Sensorlager für die Maschinenüberwachung

Darmstadt. Fachwissen gepaart mit einzigartiger Messtechnik ist die Stärke von HCP Sense in Darmstadt. Die Gründer des Start-ups entwickelten ein ganz besonderes Sensorlager, das tiefere Einblicke in Maschinen und Anlagen ermöglicht – und das ohne zusätzlichen Sensor.

Das Lager misst die Kräfte, die in einer Maschine wirken, und überwacht die Schmierung. So bietet es großes Potenzial, um beispielsweise Predictive Maintenance umzusetzen, neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und Fertigungsprozesse zu verbessern.

Digitalisierung der Produktion ganz einfach

Geschäftsführer Dr. Georg Martin: „Die in einer Maschine wirkenden Kräfte liefern höchst relevante Informationen über die Belastung einer Maschine und bieten darüber hinaus die Möglichkeit zur Prozessüberwachung, sodass die oft beschriebene Digitalisierung der Produktion tatsächlich umgesetzt werden kann.“

Und das ganz ohne aufwendige Umbauten in einem bestehenden und bewährten Maschinenpark. Denn das Sensorlager von HCP Sense weist die gleichen Abmessungen auf wie ein konventionelles Lager.

Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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