Heute London, morgen Tel Aviv – wer im Außendienst arbeitet, lernt die Welt kennen. So wie der ehemalige Servicetechniker Torsten Schmidt und Roboterprogrammierer Mathias Gnirss. Für die Chiron Group, ein Maschinenbauunternehmen aus Tuttlingen, haben sie im In- und Ausland unzählige Maschinen und Anlagen in Betrieb genommen, gewartet und instandgesetzt. Wie wertvoll diese Erfahrungen sind, erzählen sie beim Besuch von aktiv.

„Man ist sehr nah an den Menschen dran“

Von Maschinen war Torsten Schmidt schon als Schüler fasziniert. Nach seiner Ausbildung zum Mechatroniker war er zunächst zwei Jahre in der Montage, hatte aber ein klares Ziel: Servicetechniker im Außendienst. „Die Welt kennenlernen und direkt an der Materie sein – das hat mich gereizt“, sagt er. „An viele Orte muss ich nicht mehr in den Urlaub reisen, denn ich habe sie gesehen – und zwar authentisch.“ Noch heute schwärmt er von einem viertägigen Einsatz in Israel: „Die Menschen dort sind unglaublich freundlich.“

Überhaupt sei man sehr nah an den Menschen dran, so seine Erfahrung. Deshalb geht es im Service nicht nur um technische Herausforderungen, um das Wissen über die Maschinen. Genauso wichtig ist: flexibel sein, sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einstellen. Denn jeder Kunde ist anders, von kumpelhaft locker bis straff durchstrukturiert. Das macht es für Schmidt besonders spannend: „Als Experte im Außendienst bin ich das Aushängeschild des Unternehmens, mit meinem Auftreten steht und fällt der Erfolg des Auftrags.“

Teamplayer und Einzelkämpfer

Einerseits ein Einzelkämpfer mit viel Verantwortung. Und andererseits auch immer ein Teamplayer, der gleichzeitig mit den Kollegen in Tuttlingen kooperiert, die ihn im Hintergrund unterstützen, und mit der Belegschaft vor Ort. Diese Kontakte vor Ort werden durchaus auch persönlich, zum Beispiel wenn man nach einer langen Schicht noch mit dem Kunden essen geht. „Dann spricht man nicht über Strände, wie Touristen es machen würden, sondern über Privates, über die Familie“, erzählt Schmidt.

Die perfekte Schule fürs Leben

So war es zum Beispiel in Mexiko, wo er oft war und einmal sogar drei Monate am Stück verbrachte. „Diese Zeit verging wie im Flug“, berichtet er. Zu Hause bleibt das Leben derweil aber auch nicht stehen: Geburtstage werden gefeiert, Freunde bekommen Kinder. Ist es denn nicht traurig, in solchen Momenten nicht dabei zu sein? Tatsächlich war es dann irgendwann genug mit dem Reisen, zumal er oft ganz kurzfristig in den Flieger steigen musste. „Plötzlich anfallende Reparaturen sind nicht vorhersehbar“, erklärt er. Nach zehn Jahren ist der heute 37-Jährige schließlich in den technischen Innendienst bei der Chiron Group gewechselt. Die Zeit im Außendienst will er trotzdem nicht missen – und kann auch jungen Leuten absolut empfehlen, es einmal auszuprobieren: „Das ist die perfekte Schule fürs Leben und im Umgang mit Menschen. Man wird viel selbstständiger, und man lernt, Probleme zu lösen und Prioritäten zu setzen.“

„In die Aufgaben wächst man rein“

Abwechslung im Beruf und viel rumkommen – das wünschte sich auch Mathias Gnirss. Als Mechatronik-Azubi wollte er daher in den Service. „Eines Tages kam dann aber mein jetziger Chef in die Lehrwerkstatt und suchte einen Roboterprogrammierer – oder jemanden, der sich das vorstellen konnte“, erzählt Gnirss. Warum nicht, dachte er sich. Schließlich versprach der Job einen abwechslungsreichen Mix aus Tätigkeiten im Haus und außerhalb. Seit seinem Ausbildungsabschluss 2013 ist er nun in der Applikation – und rundum zufrieden. Erste Berührungen mit Robotern hatte er bereits als Azubi in der Lehrwerkstatt und bei einer Programmierschulung. Den Rest lernte er in einem einwöchigen Kurs – und by Doing. „Man fängt mit einfachen Anlagen an und wächst mit der Zeit in größere Aufgaben rein“, erklärt Gnirss.

Immer wieder neue Sichtweisen

Mit seinen Kollegen bereitet er die Programme im Haus vor, spielt sie an der Anlage ein, testet alle Funktionen. Auf die Kundenabnahme im Werk folgen die Inbetriebnahme, Abnahme und Schulungen beim Kunden vor Ort. Meistens geschieht das in Europa, einmal war er auch in Südkorea, zweimal in Schanghai. Die Verständigung funktioniert auf Englisch oder auch mal mit Händen und Füßen – zum Beispiel, als in Tschechien der Dolmetscher krank wurde. So behilft man sich spontan, lernt immer wieder andere Sichtweisen kennen und entwickelt sich dadurch auch persönlich weiter.

Privates Glück im Außendienst gefunden

Ganz nebenbei gewinnt man auch interessante Einblicke in andere Kulturen, etwa in Südkorea: „Dort legen sich die Beschäftigten in der Pause einfach irgendwo auf den Boden oder den Kopf auf den Tisch und machen ein Schläfchen“, erzählt Gnirss. Definitiv unvergesslich bleiben wird ihm ein Aufenthalt in Kiel: In dem Hotel, wo er untergebracht war, lernte er seine Frau kennen. Gnirss erinnert sich mit strahlendem Lächeln: „Sie hat am Empfang gearbeitet, als ich dort eingecheckt habe.“

Das Unterwegssein gefällt ihm immer noch sehr gut, und er kann sich vorstellen, noch lange so zu arbeiten. Die Einsätze machen rund 20 Prozent seiner Arbeitszeit aus und dauern in der Regel ein bis zwei, höchstens mal vier Wochen. „An den Wochenenden bin ich aber meistens daheim. Die Entfernungen sind dafür nicht zu groß. Die Einsätze in Asien waren eine Ausnahme“, berichtet er. Das ist ihm wichtig, vor allem seitdem er Vater geworden ist. Bei der Einsatzplanung nimmt sein Arbeitgeber darauf Rücksicht.

Das Unternehmen

Die Chiron Group hat ihren Hauptsitz in Tuttlingen und Niederlassungen in Europa, Amerika und Asien. Weltweit beschäftigt sie rund 1.900 Mitarbeitende.

Die vor über 100 Jahren gegründete Fabrik für feinmechanische Geräte und chirurgische Instrumente ist heute ein Unternehmen in führender Marktposition für Maschinen und Anlagen zum Bearbeiten von zum Beispiel Metall. Es bedient unter anderem die Branchen Automotive, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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