Karlsruhe. Berufe mit gutem Image gibt es ja viele. Arzt, Lehrer oder Polizist zum Beispiel. Warum sollten junge Leute ausgerechnet Industriemechaniker oder Maschinenbau-Ingenieur werden? aktiv fragte das Michael Kristeller, Geschäftsführer bei Rosenbauer in Karlsruhe. Dort werden Feuerwehrfahrzeuge produziert, im Fachjargon: „Hubrettungsgeräte“.
Herr Kristeller, Unternehmen suchen laufend Nachwuchs und gute Leute. Aber warum sollten die ausgerechnet in die M+E-Industrie gehen?
Weil sie hier die Zukunft mitgestalten können! Nicht nur als Ingenieure, sondern auch als Facharbeiter. Viele haben von unserer Branche nur eine vage Vorstellung und denken vielleicht am ehesten an dunkle Werkhallen. Aber hier geht es um Hightech und die Zukunft. Zum Beispiel um Umweltprojekte, neue Mobilität und viele andere wichtige Themen. Für deren Umsetzung brauchen wir interessierte und gute Leute, die sich einbringen wollen.
Wie ist eigentlich das Miteinander in den Betrieben, zum Beispiel in Ihrem?
Für viele ist die Arbeit in der Branche nicht einfach nur ein Job, sondern sie sehen hier einen großen Teil ihres Lebens. Teilweise sind ja auch mehrere Generationen einer Familie im gleichen Unternehmen. Es geht eben um weit mehr als nur den täglichen Broterwerb. Wenn ich durch die Produktion laufe, werde ich zum Beispiel oft angesprochen: „Herr Kristeller, wie läuft’s mit diesem oder mit jenem Thema?“ Ich glaube, das Miteinander ist hierzulande in der Branche zum Teil auch besser und weniger anonym als in anderen Ländern, weil wir eine besondere Industriestruktur haben, die stark vom Mittelstand geprägt ist. Da begegnet man den Chefs, tauscht sich mit ihnen aus.
Trotzdem ist bestimmt nicht immer alles eitel Sonnenschein, zum Beispiel in Krisen …
In Krisenzeiten kommt es darauf an, dass wir Geschäftsführer mit den Arbeitnehmervertretern gemeinsam auch Probleme lösen können, und das funktioniert bei uns gut – gerade weil sich viele in der Belegschaft so mit ihrem Betrieb identifizieren können. Gemeinsam schaffen wir zum Beispiel die Flexibilität, die wir zurzeit besonders brauchen: Unter anderem, indem wir Flexi- und Gleitzeitkonten nutzen.
Welche Herausforderungen gibt es derzeit noch zu lösen?
Es sind bewegte Zeiten, weil wir die Nachwirkungen der Pandemie noch spüren und weitere Krisen dazugekommen sind. Belastend sind vor allem die hohen Energie- und Rohstoffpreise und die steigenden Zinsen. Außerdem herrscht noch immer Materialmangel.
Welche Strategien haben Sie bei Rosenbauer zum Beispiel entwickelt, um mit dem Materialmangel zurechtzukommen?
Wir haben möglichst viel auf Lager. Wenn die Vorprodukte mal verfügbar sind, bestellen wir deutlich mehr als gerade nötig. Deshalb nutzen wir derzeit sogar Parkplätze als Lagerfläche.
Ist die Metall- und Elektro- Industrie denn international noch wettbewerbsfähig?
Ja, denn sie hat bei uns in Deutschland und in Baden-Württemberg grundsätzlich sehr viele Stärken. Wir sind gut im Ingenieurwesen, wir sind gute Problemlöser. Wir sind die Tüftler, die Erfinder, die Perfektionisten – deshalb sind unsere Produkte auch überall in der Welt führend. Viele junge Leute sind aus diesem Grund Feuer und Flamme, wenn sie erst einmal die Arbeit in einem Industrieunternehmen kennenlernen. Wie zum Beispiel der Sohn einer meiner Mitarbeiterinnen: Er wollte ursprünglich in den öffentlichen Dienst. Nachdem er aber einen Tag lang in unser Unternehmen reingeschnuppert hat, ist er jetzt Azubi bei uns – und voll in seinem Element.
Ein Unternehmen mit langer Tradition
- Der Rosenbauer-Konzern hat seinen Hauptsitz in Österreich.
- Im Werk Karlsruhe laufen pro Jahr rund 200 Hubrettungsgeräte vom Band, für Feuerwehren in aller Welt. Damit können Menschen aus einer Höhe von bis zu 64 Metern gerettet werden.
- Etwa 450 Beschäftigte arbeiten in diesem Werk.
- Der Standort hat eine lange Tradition, hier wurde bereits im Jahr 1913 die erste Automobil-Drehleiter hergestellt – damals mit einer Steighöhe von 25 Metern.
Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.
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