München. Daddeln erlaubt! Steht „Virtual Work Experience“ auf dem Stundenplan, wird Schule plötzlich cool. Jugendliche ab Klasse sieben machen dabei einen Ausflug in die virtuelle Realität. Ein Controller für jede Hand, Software und VR-Brille. Mit dem Equipment lassen sich interaktiv und spielerisch Ausbildungsberufe entdecken, etwa in der Metall- und Elektro-Industrie (M+E).
Die nötige Technik können sich Schulen in Bayern kostenlos bei „sprungbrett bayern“ ausleihen. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) ist Hauptförderer dieser Online-Börse, die Jugendlichen aller Schularten im Freistaat reale Praktika in Betrieben vermittelt.
Fräsen, Schweißen, Löten geht ganz unkompliziert in der virtuellen Welt
Die VR-Experience soll die herkömmlichen Praktika nicht ersetzen, sondern ergänzen. Sie ermöglicht auf leicht zugängliche Weise erste spannende Einblicke in die Welt der Berufe – direkt im Klassenzimmer.
In der virtuellen Welt ist zum Beispiel eine Fräsmaschine „aufgebaut“, sprich programmiert. Zudem wird geschweißt und gelötet. Natürlich nicht in echt, sondern digital, aber doch täuschend nah an der Realität. Die Jugendlichen probieren so aus, welche Tätigkeit ihnen liegt. Entdecken sie einen Beruf, der sie interessiert, können sie später bei einem realen Betriebspraktikum an die virtuell gesammelten Erfahrungen anknüpfen.
Die VR-Praktika folgen alle einem erprobten didaktischen Konzept. Zudem ist es möglich, die Aufgaben in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zu absolvieren. Im Bereich Metall finden sich drei Stationen: An der „Hydraulikpresse“ wird ein Metallrohling bearbeitet, an der „CNC-Fräse“ muss nach einer Vorlage gefräst werden. Mit dem virtuellen „Schweißgerät“ sollen die Schülerinnen und Schüler schließlich den Weg durch ein Labyrinth auf einer Metallplatte finden.
Insgesamt stehen virtuelle Praktika in sieben Bereichen zur Wahl: Metall, Glas, Elektro, Kunststoff und kaufmännische Logistik sowie VR-Praktika für Bau und Informatik, sie sind seit Herbst in der Pilotphase.
Vorteil der VR-Welt: Die Klasse hat Spaß, die Lehrkraft verfolgt am Tablet, wie sich die einzelnen Schülerinnen und Schüler im virtuellen Raum „bewegen“, und gibt ihnen Tipps und Feedback.
Es geht um Verständnis für Technik und logisches Denken
Neben praktischen Erfahrungen bietet das Tool eine Auswertung der individuellen Leistungen. Logisches und räumliches Denken, Rechen- und Konzentrationsfähigkeit, IT-Kenntnisse, Organisationsgeschick sowie Technikverständnis, all das wird ermittelt. Lehrerinnen und Lehrer können daraus im Idealfall konkrete Empfehlungen für Beruf oder Praktikum ableiten.
Bayerische Schulen und Firmen haben gute Erfahrungen mit der Virtual Work Experience gemacht. Seit der Einführung vor vier Jahren haben Schülerinnen und Schüler in rund 250 Klassen im Freistaat das VR-System genutzt.
Das Angebot unterstützt gezielt bei der Berufswahl
„Es war ein sehr spannendes Gefühl“, sagt etwa Siebtklässler Bryan. „Zu Beginn war ich etwas aufgeregt, aber es hat so viel Spaß gemacht. Und ich habe dabei entdeckt, dass ich mir Dinge gut merken kann.“
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die Virtual Work Experience jüngst mit dem Digitalen Berufsorientierungspreis ausgezeichnet – weil sie jungen Menschen den Zugang zur Berufsorientierung auf besondere Art und Weise eröffnet.
Mehr Informationen gibt es unter diesem Link: sprungbrett-bayern.de/virtual-work-experience
Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.
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