Die Regel ist es natürlich nicht, dennoch gibt es Gründe, warum ein Beschäftigter unbezahlten Urlaub nehmen möchte. Das können unvorhergesehene Veränderungen im Privatleben sein, der Wunsch nach einer längeren Fortbildung oder ein lang gehegter außergewöhnlicher Urlaubsplan. Wer dieses Vorhaben umsetzen will, sollte früh das Gespräch mit seinem Chef suchen. Hülya Senol, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln, erklärt im Gespräch mit aktiv, welche Fragen man dabei klären sollte.

Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf unbezahlten Urlaub?

Einen generellen Anspruch auf unbezahlten Urlaub gibt es nicht. Der Arbeitgeber kann ihn gewähren, muss es aber nicht. Auch die Dauer des Extra-Urlaubs ist Verhandlungssache. In der Corona-Pandemie haben wir jedoch eine besondere Situation: Weil viele Eltern mit Homeoffice, Homeschooling und möglicherweise auch noch Kleinkinderbetreuung überlastet sind, hat der Gesetzgeber die Regeln zum Kinderkrankengeld großzügig erweitert. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nehmen quasi unbezahlten Urlaub gegenüber dem Arbeitgeber.

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Der Arbeitgeber kann also frei entscheiden, ob er diesen Urlaub zulässt?

Ja, es steht in seinem Ermessen, ob er den Urlaub zulässt und wie lange er dauern darf. Zum Beispiel im öffentlichen Dienst gibt es allerdings das Recht auf ein sogenanntes Sabbatjahr. Der Arbeitnehmer erhält während dieser befristeten Auszeit monatlich ein Arbeitsentgelt, das er durch Vor- beziehungsweise Nacharbeit erwirtschaftet hat. Er spart somit über einen gewissen Zeitraum auf ein Langzeitkonto Arbeitszeit an, vergleichbar mit der Altersteilzeit. Das angesparte Arbeitszeitguthaben kann er schließlich für eine längere Freistellung von der Arbeitspflicht aufwenden. Ein Sabbatjahr bedarf in der Regel einer langen Vorausplanung, da der Urlaub ja angespart werden muss.

Welche Folgen hat ein unbezahlter Urlaub, wenn es keine Sabbatjahr-Vereinbarung gibt?

Zum einen gibt es in dieser Zeit natürlich keinen Lohn. Über die gesetzliche Krankenversicherung besteht zwar ab dem ersten Tag des unbezahlten Urlaubs noch ein Monat lang Versicherungsschutz. Danach allerdings nicht mehr. Für Verheiratete kommt dann eine beitragsfreie Familienversicherung infrage, in anderen Fällen eine freiwillige Krankenversicherung. Auch bei der Rentenversicherung kann über freiwillige Beiträge nachgedacht werden, andernfalls müsste eine Rentenlücke in Kauf genommen werden. Während des unbezahlten Sonderurlaubs entsteht natürlich auch kein Urlaubsanspruch.

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Was ist, wenn man während eines unbezahlten Urlaubs erkrankt? Gibt es dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Im Rahmen des unbezahlten Urlaubs ruht das Arbeitsverhältnis, es gibt also auch keine Entgeltfortzahlungspflicht. Der Arbeitnehmer hätte ja ohnehin nicht gearbeitet. Er hat im Grunde überhaupt keinen Anspruch auf Vergütung, auch nicht auf Sonn- und Feiertagszuschläge.

Gibt es also gar keine Verpflichtungen mehr für den Chef?

Doch. Der Kündigungsschutz bleibt selbstverständlich erhalten. Und der Arbeitgeber hat in einem ruhenden Arbeitsverhältnis gewisse Schutz- und Fürsorgepflichten. Er muss zum Beispiel das Persönlichkeitsrecht wahren, also etwa Personalakten nach den Datenschutzvorschriften behandeln.

Darf der Betrieb einen Beschäftigten gegen dessen Willen in den unbezahlten Urlaub schicken?

Nein, das darf er nicht. In einem laufenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitgeber das Gehalt weiterzahlen, sofern der oder die Beschäftigte seine oder ihre Arbeitsleistung anbietet. Eine bezahlte Freistellung lässt ein Mitarbeiter eventuell mit sich machen, aber auf eine unbezahlte Freistellung muss er sich nicht einlassen.

Darf der Arbeitnehmer seinen unbezahlten Urlaub vorzeitig beenden?

Nur, wenn er oder sie sich mit dem Arbeitgeber darüber geeinigt hat. Am besten sollten über einen unbezahlten Urlaub schriftliche Vereinbarungen getroffen werden. Hier kann beispielsweise festgelegt werden, ob es die Möglichkeit für den Beschäftigten geben soll, vorzeitig zur Arbeit zurückkehren zu dürfen. Wird eine solche Vereinbarung nicht getroffen, gibt es auch keinen Anspruch für den Beschäftigten.

Möglicherweise hat das Unternehmen infolge der voraussehbaren vorübergehenden Vakanz den Arbeitsplatz mit einem befristeten Beschäftigten besetzt und deshalb vorerst keine Verwendung für den spontanen Urlaubsrückkehrer. Die Planungssicherheit des Arbeitgebers muss gewahrt bleiben. Auch der Chef kann den Urlaub des oder der Beschäftigten ohne entsprechende Vereinbarung nicht einseitig beenden.

Es gab kürzlich eine Entscheidung zu zwei Kölner Lehrern, die kurz vor der Pandemie auf eine Weltreise gegangen sind und sie dann wegen Corona abgebrochen haben. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in dem Fall entschieden, dass sie nicht vorzeitig zum Dienst zurückkehren durften (Az. 6 B 925/20 und 6 B 957/20).

Darf man eigentlich auch den unbezahlten Urlaub nutzen, um woanders Geld zu verdienen?

Hier sollte aufgepasst werden. Das Arbeitsverhältnis ruht zwar, aber das heißt nicht, dass keine Nebenleistungspflichten weiterbestehen. Der Arbeitnehmer hat weiterhin gewisse Rücksichtnahme- und Treuepflichten gegenüber seinem Betrieb einzuhalten, es gilt auch das Konkurrenzverbot. Das heißt konkret: Ohne schriftlich vom Arbeitgeber eine Genehmigung eingeholt zu haben, ist den Beschäftigten dringend davon abzuraten, während des unbezahlten Urlaubs etwa bei der Konkurrenz zu arbeiten.

Sollte man gegenüber dem Unternehmen angeben, wofür man den Sonderurlaub nutzt?

Das kommt drauf an. Da es keinen generellen Anspruch auf unbezahlten Urlaub gibt, kann der Sinn und Zweck des Sonderurlaubs die Entscheidungsfindung des Arbeitgebers sicherlich positiv beeinflussen. Je nachdem, was der oder die Beschäftigte vorhat. Eine Fortbildung, die möglicherweise auch dem Betrieb dienlich ist, braucht man sicher nicht zu verschweigen.

Tobias Christ
Autor

Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.

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