Köln. Das Schloss der Haustür lässt sich per Handy überwachen. Kameras zeigen, was die beiden fidelen Möpse treiben. Ein paar Klicks auf dem Smartphone und zu Hause erwartet einen nach der Schicht ein frisch gebrühter Kaffee. Smarthome-Technologien machen das Heim intelligent.

Die Digitalisierung revolutioniert nicht nur die Industrie, sondern auch das Wohnen. „Ob Sicherheit, Effizienz oder Komfort: Für viele Bedürfnisse bietet das vernetzte Wohnen Lösungen“, sagt Christopher Strobel, Smarthome-Experte und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens CS-Consulting.

Zum Beispiel Thermostate, die das Heizen effizienter machen. In Zeiten von knappem und teurem Erdgas ist es eine begehrte Technik. Oder smarte Steckdosen, die via App den Stromverbrauch von Geräten anzeigen und so Stromfresser identifizieren. Oder Anwendungen, die in Abwesenheit – oft gekoppelt mit Bewegungsmeldern – den Fernseher einschalten, um Diebe abzuschrecken. „Während die einen sich vor allem den Alltag bequemer machen, legen andere den Fokus auf Sicherheit oder bauen auf einen Mix aus mehr Sicherheit, Effizienz und Komfort“, weiß Strobel.

Über sieben Millionen Haushalte nutzen mindestens eine Smarthome-Anwendung

Über sieben Millionen Haushalte in Deutschland nutzen mindestens ein Smarthome-System, steuern etwa Lampen per Handy oder hören via Sprachassistent Musik. Laut Statista-Prognose wird 2026 ein Marktvolumen von 9,2 Milliarden Euro erreicht (2022: knapp 6 Milliarden Euro), das entspricht einem jährlichen Umsatzwachstum von über 11 Prozent.

Für Schub sorgt dabei, dass die Technik immer preiswerter wird. Ein Starterset für die smarte Beleuchtung – etwa von Hornbach, Telekom Magenta, Osram oder Obi – kann der Anfänger schon für 40 bis 150 Euro erwerben. Für Heizungszubehör legt der Verbraucher bei fünf Thermostaten im Hornbach-Baumarkt ab 140 Euro auf den Tisch. „Das ist erschwinglich“, weiß Experte Strobel, reiche aber in der Regel nur für einen Teil der Wohnung, doch man könne schließlich Zug um Zug zukaufen.

Schrittweiser Ausbau ist durchaus möglich

Anreiz für mehr smarte Technik daheim schaffen auch Sprachassistenten. Sie machen die Bedienung der Hightech-Komponenten ganz einfach: „Alexa, dimme das Licht!“, „Siri, dreh die Heizung auf 22 Grad!“ In einem Fünftel der Haushalte gibt es Smartspeaker wie Alexa, Google Home oder Siri bereits. Und ein Viertel der Bevölkerung kann sich vorstellen, so einen Lautsprecher anzuschaffen.

Strobel rät, vor einem Kauf genau zu überlegen: Was will man mit Smarthome machen? Nur Licht und Heizung steuern oder mehr? „Wer sein Smarthome sukzessive ausbauen will, sollte darauf achten, dass es mit möglichst vielen Geräten kompatibel ist.“ Heißt konkret: Die Steuerzentrale, die sogenannte Bridge, über die alle Befehle zu den einzelnen Geräten laufen, sollte für diese Kommunikation einen möglichst weitverbreiteten Funkstandard nutzen. Dazu gehören beispielsweise Z-Wave, Zigbee und Enocean. Und neuerdings auch „Matter“.

Wenn das Smartphone die Heimfahrt von der Arbeit an die Heizung meldet

Besonders Letzterer ist ein neuer, offener und lizenzfreier Verbindungsstandard für Smarthome-Technik, erklärt der Experte. „Matter wird der neue Standard für das Smarthome der Zukunft werden“, ist Strobel überzeugt. Warum? „Es ist eine Lösung, mit der es relativ einfach ist, alle Geräte – egal welchen Standards – innerhalb eines Gebäudes zu verbinden.“ Anfang Oktober wurde die Version 1.0 präsentiert; mehr als 280 Unternehmen unterstützen den neuen Standard bereits.

Am besten ist es, wenn die Bridge mehrere oder alle Standards kennt. Und eventuell die Steuerung via Sprachassistent unterstützt. Dann kann man verschiedene Smarthome-Funktionen miteinander verbinden: Das Smartphone meldet die Heimfahrt vom Büro an die Bridge – und die fährt, neben der Kaffeemaschine, auch schon mal die Heizung wieder hoch. Ein Fest für Technik-Freaks…

Heizung

So peppt man die Heizung auf: Einfach die alten Regler durch vernetzte Thermostate ersetzen. Ob Vaillant, Viessmann, Bosch-Buderus oder Newcomer Tado: Mittlerweile produzieren alle Hersteller intelligente Temperaturregler. Deren Steuerung lernt, wie warm es die Bewohner zu welcher Uhrzeit gerne haben. Oder erkennt, ob der Nutzer gerade im Urlaub ist oder nur mal kurz einkaufen.

Damit lässt sich kräftig sparen: Der Energieverbrauch einer intelligent gefahrenen Heizung kann laut dem Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) um bis zu 14 Prozent sinken. In absehbarer Zeit sollen sogar Einsparungen um bis zu 40 Prozent möglich sein.

Sparen geht auch durch Verknüpfen der Heizkörper mit den (eigentlich für die Wohnungssicherheit gedachten) Öffnungssensoren an Fenstern: Wird gelüftet, fährt die Heizung automatisch runter. Um 20 bis 30 Prozent können Haushalte so ihren Gasverbrauch absenken, ergab eine Studie der Technischen Hochschule Köln.

Sicherheit

Alles okay im verwaisten Eigenheim? Der Wunsch nach Sicherheit steht für viele Verbraucher weit vorne, wenn sie ihr Heim smart machen wollen. Ein Bewegungsmelder lässt sich heute dank moderner Technik mit Radio oder Fernseher koppeln. Nähert sich jemand dem Haus, springt der TV-Apparat an und täuscht vor, dass jemand daheim ist. Oder die Überwachungskamera, die die Person erfasst, fährt die Jalousien runter. Sensoren an Fenstern und Türen registrieren, wenn sie geöffnet werden, und senden eine Nachricht ans Handy. Dann kann man die Polizei informieren.

Zum Vorbeugen gegen Einbrüche kann man vorgeben, dass abends nach dem Zufallsprinzip Lampen im leeren Haus an- und ausgehen. Für die Bewohner selbst bringen per WLAN vernetzte Rauchmelder mehr Schutz: Springt einer an, geben auch die anderen sofort Alarm.

Haushalt

Im Haushalt 4.0 hören Backofen, Herd und Spülmaschine auf Smartphone oder Sprachassistent. Eine App teilt mit, dass der Braten aus dem Backofen genommen werden kann oder der Geschirrspüler fertig ist. Wer beim Einkauf nicht mehr weiß, wie viel Milch noch da ist, schaut via App im Kühlschrank nach. Geräte von Siemens, Bosch oder Miele machen bei jedem Schließen der Tür ein Foto vom Inhalt und senden es ans Handy.

Bei modernen Waschmaschinen gibt man per App nur ein, aus welchen Fasern und wie schmutzig die Wäsche ist, die Software der Maschine wählt dann die sparsamste Betriebsart. Dabei nimmt sie nur so viel Waschmittel (aus einem Tank) wie unbedingt nötig. Das spart auch Wasser, weil wenig Waschmittel schneller ausgespült ist.

Mit intelligenten Helfern lässt sich auch daheim gegen explodierende Energiepreise vorgehen. Ein Mittel der Wahl sind sogenannte smarte Steckdosen. Einige Modelle, zum Beispiel von Philips Hue, Gigaset oder Tapa, haben zusätzlich eine Energiemessfunktion. Ausgerüstet mit einem Zwischenstecker lässt sich über Apps der Energieverbrauch des Geräts auslesen. Auf diese Weise finden sich rasch alle Stromfresser, die man austauschen oder umsichtiger nutzen kann.

Licht

Grelles Licht am frühen Morgen ist nicht sehr angenehm. Da hilft smarte Lichttechnik, mit der man die Lichtfarbe dem Tagesverlauf anpassen kann. Morgens begrüßt einen sanftes Licht im Bad, tagsüber fördert blaues Licht die Konzentration der Kinder bei den Hausaufgaben und abends hilft warmes Licht entspannen. Solche Systeme gibt es von Ikea, Osram oder Philips. Mit smarten LED-Birnen kann man jede alte Lampe nachrüsten und viel Strom sparen.

Man kann das Licht sogar mit der Musik aus der Stereoanlage synchronisieren! Zur Musik gibt es dann passende Licht- und Farbimpulse.

Wer es nüchterner mag und noch mehr Strom sparen möchte, koppelt das Licht im Flur an einen Bewegungsmelder. Damit es automatisch an- und wieder ausgeht. Und fürs Zu-Bett-Gehen gibt es einen Funkwandschalter, mit dem man alle Lampen auf einmal ausknipst.

Garten

Im Sommer abends immer Blumen gießen? Wem das zu lästig ist, der kann seine Beete mit Hightech ausstatten. Bewässerungssensoren im Boden messen die Feuchtigkeit und funken die Messwerte an eine Steuerzentrale. Die regelt anhand dieser Werte über einen elektronischen Adapter zwischen Wasserhahn und Schlauch, ob und wie lange die Sprinkleranlage sprüht. Auch per App kann der Hobbygärtner das steuern. Solche Systeme gibt es zum Beispiel von Herstellern wie Gardena und Miyo.

Der Gartenliebhaber kann einen Schlauch auch über ein funkfähiges Ventil an den Wasserhahn anschließen. Dann kann er die Sprinkleranlage per Smartphone oder Sprachbefehl dirigieren. Über einen Zwischenstecker holt man selbst den alten Gartenbrunnen in die smarte Moderne.

Hans Joachim Wolter
aktiv-Redakteur

Hans Joachim Wolter schreibt bei aktiv vor allem über Klimaschutz, Energiewende, Umwelt, Produktinnovationen sowie die Pharma- und Chemie-Industrie. Der studierte Apotheker und Journalist begann bei der Tageszeitung „Rheinpfalz“ in Ludwigshafen und wechselte dann zu einem Chemie-Fachmagazin in Frankfurt. Wenn er nicht im Internet nach Fakten gräbt, entspannt er bei Jazz-Musik, Fußballübertragungen oder in Kunstausstellungen.

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