Köln. Wenn Arbeitnehmer von Kunden mit Aufmerksamkeiten verwöhnt werden, steht schnell der Verdacht der Bestechlichkeit und der Bestechung im Raum – nicht selten mit gravierenden Folgen. Michael W. Felser, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt im Interview, wann Mitarbeiter eine Geld- oder Sachzuwendung besser ablehnen sollten.

Bei welchen Geschenken sollten die Alarmglocken läuten?

Generell gilt, dass Angestellte oder Beamte auf keinen Fall Bargeld, aber auch keine Geschenke annehmen sollten, die wertvoller als 25 Euro sind. Die Wertgrenze unterliegt aber einem stetigen Wandel und kann daher nur aktuell als Richtschnur dienen. Aber selbst bei solchen Präsenten sollte man sehr kritisch sein, denn es kommt auch auf die Art des Geschenks an. Eine Einladung zum Essen oder Karten für ein Fußballspiel sind mit Vorsicht zu genießen, denn dann will der Schenkende meistens eine persönliche Bindung zum Empfänger herstellen und erwartet irgendwann eine Gegenleistung. Die betreffenden Geschäftsleute wollen durch gezieltes „Anfüttern“ herausfinden, ob der Beschenkte empfänglich für solche Annehmlichkeiten ist. Kritisch wird es, wenn gerade die Anbahnung eines Geschäfts im Raume steht.

Auch wenn die „Aufmerksamkeit“ an die Privatadresse des Angestellten geschickt wird und nicht in sein Büro, sollte dies ein Alarmsignal sein. Viele Beschenkte glauben, ihnen könne nichts passieren, so lange sie sich nicht korrumpieren lassen. Das ist aber nicht der Fall. Von der Rechtsprechung wird oft unterstellt, dass es einen Zusammenhang zwischen Geschenk und einer Gegenleistung gibt. Besonders an Weihnachten gilt es, sensibel zu sein. Beide Seiten denken, dass Geschenke nun mal dazu gehören. Grenzen werden dann oft ohne böse Absicht überschritten.

Welche Geschenke sind denn zum Beispiel erlaubt?

Mitarbeiter, die sichergehen wollen, nehmen höchstens Werbegeschenke wie Kugelschreiber, Feuerzeuge oder einen USB-Stick an. Dabei geht es meistens nur darum, dass die schenkende Firma in Erinnerung bleibt, ein Bereicherungseffekt ist damit nicht verbunden.

Wie sollten sich Mitarbeiter verhalten, wenn sie sich unsicher sind?

Am besten, sie fragen einfach ihren Vorgesetzten, ob sie ein Geschenk annehmen dürfen oder nicht. Im öffentlichen Dienst regelt auch der Arbeitsvertrag, dass Geschenke angezeigt werden müssen. In größeren Unternehmen werden in den sogenannten Compliance-Regeln Vorschriften veröffentlicht, aber in kleineren Firmen ist das nicht üblich.

Da sollte man sich erkundigen, was zulässig ist. Denn Regeln gibt es auch dann, wenn sie nicht veröffentlicht wurden. Für Mitarbeiter börsennotierter Aktiengesellschaften gilt der sogenannte Corporate-Governance-Kodex. Danach ist es beispielsweise verboten, im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit von Dritten Zuwendungen anzunehmen.

Sollten Mitarbeiter in sensiblen Bereichen wie etwa Einkaufsabteilungen besonders vorsichtig mit Geschenken umgehen?

Ja, in Bereichen, die eine bestimmte Leistung erbringen können, droht auch ein höherer Schaden. Aber oft wird nicht nur ein einzelner Mitarbeiter oder eine bestimmte Abteilung beschenkt, sondern die Firma wird großflächiger angefüttert, um ein gutes Klima zu erzeugen.

Welche Strafen drohen bei Vorteilsnahme beziehungsweise Bestechlichkeit und Bestechung?

Wenn sich der Schaden in Grenzen hält, gibt es oft nur eine Abmahnung oder eine Kündigung. Bei einer Strafanzeige drohen in einfachen Fällen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren, in schweren Fällen kann es auch mehr sein. Etwa dann, wenn sich jemand regelmäßig bestechen lässt und sich für eine Gegenleistung ein regelrechtes Zusatzeinkommen verschafft.

Es reicht auch der bloße Schein der Vorteilsnahme aus, um verurteilt zu werden. Natürlich kann nicht nur das Annehmen von Geschenken strafbar sein, sondern auch das Anbieten. Die Gerichte sehen meistens keinen Unterschied zwischen dem „armen Verführten“ und dem „bösen Anbieter“.

Wie kommt Bestechung ans Licht?

Die meisten Fälle werden aktenkundig durch Unternehmen, die aufgrund von Korruption bei einem Auftrag nicht berücksichtigt wurden, oder von Mitarbeitern, die von der Bestechlichkeit eines Kollegen erfahren haben. Auch bei Scheidungen werden Korruptionsfälle gerne ausgeplaudert.

Gibt es einen Unterschied zwischen Angestellten von privaten Unternehmen und Beamten beziehungsweise Mitarbeitern im öffentlichen Dienst?

Beamte und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst werden in der Regel strenger bestraft. Hier geht es schließlich im wahrsten Sinne um Korruption, also die Verletzung des allgemeinen Interesses zugunsten eines persönlichen Vorteils. Die Sensibilität für das Thema steigt und die Urteile fallen tendenziell strenger aus.

Früher gab es zum Beispiel den Brauch des „Neujährchen“, bei dem etwa die Müllmänner zum Jahresende Geschenke und Geld an den Haustüren bekamen. Selbst dieser Brauch ist wegen des „Geschmäckles“ weiträumig abgeschafft worden. Dahinter steckt die Befürchtung, dass die Bürger mit der Erwartung schenken und zahlen würden, dass beim Müllabholen nicht so genau hingeschaut wird, ob etwa die Tonne richtig befüllt wurde und Ähnliches.

Wie können sich Geschäftskunden auf korrekte Weise für eine gute Leistung eines Angestellten bedanken?

So lange es sich um kleine Werbegeschenke handelt, sollte die Aufmerksamkeit unbedingt an die Dienstadresse und nicht an die Privatadresse geschickt werden. Am besten gleich an den Vorgesetzten, bei dem man sich dann für die gute Leistung des Angestellten bedankt. So wird Heimlichtuerei vermieden. Man kann sich aber auch für die Leistung des Angestellten bedanken und gleichzeitig bekannt geben, dass man dafür Geld etwa an den örtlichen Kindergarten spendet. Das hätte dann kein Geschmäckle.

Wie sieht es mit Geschenken vom Arbeitgeber für den Angestellten aus?

Das ist ein rein steuerliches Problem, weil dadurch das Gehalt erhöht wird. Geschenke oder Bargeld von mehr als 44 Euro (ab 2022 mehr als 50 Euro) pro Monat muss der Arbeitgeber versteuern. Bei persönlichen Ereignissen wie Hochzeiten oder Geburtstagen liegt die Grenze bei 60 Euro, bis zu diesem Wert ist ein Geschenk steuerfrei. Das gilt sowohl bei eigenen Angestellten als auch bei Geschenken an Geschäftsfreunde.

Tobias Christ
Autor

Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.

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